Eine zweite Chance auf Leben…

Kay

 

Ich saß an meinem Schreibtisch und sah diverse Firmenunterlagen durch. Die Sonne war schon untergegangen und die Uhr auf meinem Schreibtisch zeigte mittlerweile zweiundzwanzig Uhr an.

Ich war so vertieft in die Unterlagen, dass das Telefonläuten mich so erschreckte das ich das Glas, das auf dem Schreibtisch rechts von mir stand, vom Tisch fegte. Es zersprang am Boden in tausend Stücke. Ich hob den Hörer ab.

 

„Melbourgh sie wünschen?“

 

„Hallo Kay, ich bin es Mathilda!“

 

Mathilda ist unsere Haushälterin und lebt mit uns zusammen. Mit uns, meine ich mich und meinen Sohn Robin. Robins Mutter war kurz nach der Geburt von Rob verstorben. Sie hatte Brustkrebs im letzten Stadium.

Der Krebs wurde bei ihr festgestellt, als sie im dritten Monat mit Rob schwanger war. Es gab damals nur zwei Möglichkeiten entweder abtreiben oder mit der Hoffnung Leben, das der Krebs noch nach der Geburt von Rob zu behandeln war.

Inge entschied sich für das ungeborene Leben und nahm das Risiko in Kauf. Die Brust hatte man ihr dann entfernt, aber leider hatte der Krebs schon sein tödliches Werk im Körper begonnen.

Der Krebs hatte gestreut. Ich musste dann sehr schnell lernen Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen. Da ich durch meine Familie, ein Unternehmen leitete, holte ich Mathilda zu uns.

Sie kümmerte sich um den Haushalt und auch um Rob. Mathilda wurde für Rob die wichtigste Person. Ich selbst versuchte so oft wie möglich zu Hause zu sein, nur leider gelang dies mir nur selten.

Rob entwickelte sich zu einem unternehmungslustigen Jungen und war bei seinen Schulkameraden hoch angesehen. Er war ein hübscher Junge, mit seinen fast schwarzen Haaren und seinen smaragdgrünen Augen, war er seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.

Jedes Mal wenn ich Rob ansah, sah ich in das geliebte Gesicht von Inge. Es schmerzte so sehr das ich versuchte Rob aus dem Weg zu gehen, um nicht an Inge erinnert zu werden. Mathilda half mir darüber weg, in dem sie mit mir darüber sprach.

Danach konnte ich etwas besser mit Rob umgehen.

 

„Was gibt es Mathilda? Ich habe hier noch etwas zu tun, das kann noch dauern!“

 

„Rob hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus! Ich bin jetzt gerade am Krankenhaus angekommen, aber weiß noch nicht was passiert ist.“

 

„Mathilda in welchem Krankenhaus ist Rob?“

 

„Im Stadtkrankenhaus!“

 

„Ich komme hin. Versuch schon mal herauszufinden was mit Rob ist.“

 

„Mach ich…“

 

Ich legte den Hörer auf und stand vom Schreibtisch auf. Ich rannte um den Schreibtisch herum und griff dabei mein Jackett von der Lehne meines Schreibtischstuhls. Kurz darauf stand ich auch schon vor dem Aufzug und drückte den Schalter.

Der Aufzug ließ sich Zeit, so dass ich anfing mit meinen Fingern nervös an der Tür zu klopfen. Endlich ging die Tür auf und ich stürzte in den Aufzug und drückte die Untergeschosstaste.

Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung und meine Gedanken fingen wieder an um Rob zu kreisen. Rob entwickelte sich prächtig. Damit er nicht zu isoliert aufwachsen musste, ging er ab dem dritten Lebensjahr in den Kindergarten.

Mathilda kümmerte sich um alles. Sie war in meinem Alter, also vierundvierzig Jahre und war eine attraktive Frau. Warum sie nicht verheiratet war, blieb mir ein Geheimnis. Mathilda darauf anzusprechen, hatte ich mir nie gewagt.

Als Rob zehn Jahre alt wurde, fragte er Mathilda beim Abendessen, warum sie keinen Mann habe. Mathilda reagierte etwas seltsam, denn sie sah Rob streng an und meinte dass dies ihre Angelegenheit sei.

Seitdem wurde dieses Thema tunlichst in Gesprächen gemieden. Rob war jetzt achtzehn Jahre alt und stand kurz vor dem Abitur. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, da der Lift anhielt und die Tür aufging.

Ich trat in die Tiefgarage hinaus und ging zu meinem schwarzen Bentley. Kurz darauf steuerte ich diesen aus der Garage und fuhr die Hauptstrasse Richtung Stadtkrankenhaus entlang.

 

*-*-*

 

Mathilda stand schon an der Eingangstür des Krankenhauses und winkte mir zu als ich den Weg vom Parkplatz entlang ging.

Ich beschleunigte meine Schritte und stand kurz darauf vor ihr.

 

„Und hast du etwas heraus bekommen?“

 

Beinahe ängstlich sah ich Mathilda dabei an.

 

„Er ist schwer verletzt und die Ärzte operieren gerade Rob. Er hat einen offenen Bruch am rechten Bein und etliche Quetschungen und Rippenbrüche. Aber der Arzt meinte das keine Lebensgefahr besteht.“

 

Ich atmete auf.

 

„Was ist eigentlich passiert?“

 

„Das kannst du den Polizisten fragen, der im Eingangsbereich auf dich wartet. Er will mit dir sprechen, da ich nicht Robs Mutter bin sonder nur die Haushälterin.“

 

„Mach dir nichts draus. Komm wir gehen zu ihm.“

 

Ich nahm Mathildas Hand und zog sie hinter mir her in den Eingangsbereich des Krankenhauses, wo der Polizist auch tatsächlich auf einer Bank saß. Zielstrebig ging ich, Mathilda immer noch an der Hand hinter mir herziehend zu diesem.

Dann standen wir endlich vor ihm und ich sprach ihn an.

 

„Hallo mein Name ist Melbourgh, sie wollten mich sprechen!“

 

Der Polizist stand auf, reichte mir die Hand und sah mich an. Er musste um die zwanzig sein, zwei blaue Augen blitzten mich an und unter seiner Mütze lugten blonde Locken hervor. Von der Statur war er ziemlich sportlich ausgeprägt.

„Mein Name ist Roy Garnet, Herr Melbourgh.“

 

Ich drückte kurz seine Hand und nickte zu einer Sitzgruppe die frei war.

 

„Kommen sie, wir setzen uns dorthin und dann erzählen sie mir was passiert ist.“

 

Ich ging daraufhin zu der Sitzgruppe und setzte mich auf einen der drei Sitze und sah diesen Polizisten an, der mir mit Mathilda gefolgt war. Mathilda setzte sich zu mir und der Polizist uns gegenüber.

 

„Was ist passiert Roy?“ fragend sah ich ihn an.

 

Ich sprach ihn beim Vornamen an, denn den Nachnamen hatte ich schon längst vergessen. Roy nahm seine Mütze vom Kopf ab und drehte sie etwas nervös in seinen Händen.

 

„Es ist so ich hatte Streifendienst und kam gerade dazu wie ihr Sohn auf dieser Brücke stand…“ stammelte er rum.

 

„Wie auf der Brücke stand?“

 

„Es war so, er stand auf dem Geländer der Brücke. Jedenfalls rief ich ihn an, er soll da runterkommen. Er musste geweint haben, denn seine Stimme hörte sich ziemlich verweint an, als er mir antwortete. Dabei musste er wohl das Gleichgewicht verloren haben und ist fünf Meter runtergefallen auf die Gleise. Ich bin…“

 

Roy liefen mittlerweile die Tränen und er suchte in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch. Mathilda war schneller und reichte ihm eine Packung Tempotaschentücher, die er dankbar annahm.

 

„Danke!“

 

Er schnäuzte sich und trocknete etwas unbeholfen sein Gesicht.

 

„Ich bin dann sofort auf der anderen Seite der Brücke runter und zu…  ähm… dem Jungen. Er blutete stark am Bein und da er auf den Schienen lag, habe ich ihn erstmal da vorsichtig aufgehoben und ihn von den Gleisen getragen. Tja und dann habe ich den Rettungswagen gerufen.“

 

„Was hat Rob ihnen denn auf der Brücke geantwortet?“

 

Mathilda sah erst Roy an und dann mich. Roy wurde rot im Gesicht und ich selbst spürte, dass irgendetwas an der Geschichte nicht ganz stimmte.

 

„Roy was ist wirklich passiert?“

 

Roy rutschte nervös auf seinem Sitz hin und her. Mathilda stand auf und setzte sich zu ihm.

 

„Roy?“

 

Sie nahm Roys Hand und strich mit der anderen über Roys Haare. Dieser fing wieder an zu weinen.

 

„Roy kann es sein, das dein Spitzname Ronny lautet?“

 

Mathildas Stimme war sehr leise, aber ich verstand den Satz. Fragend sah ich Mathilda an.

 

„Kay kannst Du uns einen Kaffee holen? Bitte ich muss mit Roy kurz alleine reden!“

 

Roy weinte immer noch und zitterte am ganzen Körper. Ich stand zögerlich auf und machte mich auf dem Weg, den besagten Kaffee zu besorgen.

 

*-*-*

 

Mathilda

 

Roy saß neben mir und ich ahnte jetzt mehr denn je, was mit Rob seit einem Jahr los war. Greifen konnte ich es noch nicht und ganz verstehen schon gar nicht, aber ich kam der Wahrheit näher.

Ich nahm Roy in meine Arme und er fing noch stärker an zu weinen. Meine Gedanken wanderten dabei zurück zu dem Tag als ich bei Kay als Haushälterin anfing. Ich war eine von fünf Frauen die sich auf diese Stelle beworben hatten.

Ich konnte mich noch gut erinnern wie Kay, damals noch Herr Melbourgh, mich in seinem Haus erwartete und mit mir über die Bewerbung redete. Ich war gerade sechsundzwanzig Jahre alt und hatte bis vor kurzem meine Mutter gepflegt.

Sie war Demenzkrank und brauchte eine rund um die Uhr Betreuung. Da meine Geschwister alle Familien hatten und ich als einziges noch Solo war, war klar wer die Pflege übernehmen musste.

Fünf Jahre lang pflegte ich sie dann, keiner meiner Geschwister ließ sich in dieser Zeit sehen. Erst nachdem Mutter verstorben war, standen sie vor der Tür. Nachdem das Erbe aufgeteilt war, musste ich feststellen, wenn ich keinen Job bekam, ich auf der Strasse stehen würde mit nichts weiter als das was ich anhatte.

Daher war dieser Job, wenn ich ihn denn bekam, wie ein Geschenk Gottes. Herr Melbourgh und ich unterhielten uns gerade, als eine der Bewerberinnen in das Zimmer stürmte, ohne anzuklopfen.

 

„Also das ich so ein kleines Kind betreuen soll, dass haben sie aber nicht gesagt. Ich verzichte auf diesen Job!“

 

„Sie verlassen auf der Stelle mein Haus und das sofort…“, sagte betont ruhig Herr Melbourgh und stand dabei sehr langsam auf.

 

Die Frau drehte sich um und verließ den Raum. Kurz darauf war die Haustür zu hören und irgendwo schrie ein Baby. Herr Melbourgh war zu seinem Schreibtisch gegangen und stand mit dem Rücken zu mir.

Ich hatte das Gefühl das ihm die Situation zuviel war. Da ich das Baby immer noch hörte stand ich entschlossen auf und folgte dem Geschrei. Ich öffnete die Tür zum Flur und folgte dem Geschrei das von oben zu hören war.

Nachdem ich die Treppe nach oben gefolgt war, hörte ich das Geschrei ziemlich deutlich aus einem Raum, denn die Tür zu diesem stand weit offen. Ich ging hinein und dann sah ich Rob und als er mich aus seinen himmelblauen Babyaugen ansah war es um mich geschehen.

Als ob Rob das merkte, hörte er sofort auf zu weinen und ich nahm ihn vorsichtig in meine Arme.

 

„Tja den Job haben sie dann. Können sie noch heute hier einziehen?“

 

Ich nickte nur, denn ich war mit diesem kleinen Jungen zu sehr beschäftigt. So kam ich zu diesem Job und zu dieser wunderbaren Familie. Für Rob wurde ich Mutter, Freundin und Spielgefährtin und Rob wuchs zu einem wunderbaren jungen Mann heran.

Und Kay? Das war eine andere Geschichte. Ich liebte ihn vom ersten Moment und verbarg dies all die Jahre tief in mir drin. Nur einmal hatte Rob dieses Geheimnis beinahe gelüftet, aber ich konnte es gut überspielen so weh es auch tat.

Vor einem Jahr war Rob dann plötzlich von einem Tag auf den anderen immer stiller geworden. Wo sonst seine Freunde die Türklinke in die Hände gaben, wurde es still im Haus. Ich versuchte an ihn heran zu kommen.

Aber außer einen tief traurigen Blick und schweigen kam nichts von Rob. Kay sprach ich darauf an, aber dieser war zu sehr mit der Expansion seines Unternehmens beschäftigt, so dass er das Thema schob und schob und schob.

Und dann vor circa acht Wochen änderte sich Robs Verhalten. Wie verwandelt, als ob nie etwas war, lebte er auf. Er lachte wieder und sah glücklicher aus als jäh zuvor. Ich vermutete, dass er wie alle Teenies seine erste große Liebe gefunden hatte.

Ich konnte mich noch an das eine Gespräch mit ihm erinnern. Rob kam gerade von der Schule und riss die Küchentür auf.

 

„Hallo Mathi.”

 

So nannte er mich.

 

„Na, Großer und wie war die Schule?”

 

„Wie immer öde. Ich habe einen Mordshunger. Was gibt es denn?”

 

„Pizza  gibt es und was machst Du heute noch?”

 

Ich drehte mich zum Herd um und holte die Pizza aus der Backröhre.

 

„Ich treffe mich heute Abend mit Freunden. Da muss ich mir noch überlegen was ich anziehe.”

 

„Ach du musst noch überlegen was du anziehst? Das hört sich für mich eher an als ob ein Date ansteht!”

 

Ich musste grinsen, als ich mich zu Rob umdrehte, der am Küchentisch saß und auf seine Pizza wartete. Robs Gesicht hatte die Farbe einer überreifen Tomate angenommen und sah mich mit offenem Mund an.

 

„Na, habe ich ins Schwarze getroffen?”

 

Ich stellte dabei die Pizza auf den Tisch und fing an die Pizza zu schneiden.

 

„Dir… dir kann man auch nichts verbergen. Ja, ich treffe mich heute Abend mit ihr.”

 

Dabei sah er auf die Pizza und wich meinem Blick aus. Irgendetwas verbarg er vor mir. Warum? Wenn er ein Mädchen kennen gelernt hatte, was war daran so geheimnisvoll?

 

„Stellst du sie uns irgendwann vor?”

 

Ich sah zu Rob hin, dieser wich immer noch meinem Blick aus.

 

„Ja das werde ich, aber es ist für mich noch alles so neu.”

 

„Na dann lasst euch Zeit. Ich kann es ja auch verstehen, wenn man frisch verliebt ist.”

 

Ich selber sah im gleichen Augenblick Kays Gesicht vor mir. Wie ich mir wünschte dieses geliebte Gesicht zu Küssen.

 

„Das werde ich, wenn ich denke dass es Zeit ist.”

 

Mit diesen Worten nahm er mir den Teller mit der Pizza aus der Hand und begann zu essen. Seltsam und nun hatte ich das Gefühl, das ich kurz davor war zu erfahren, wer die Person war, in die Rob verliebt war.

 

Roy lag immer noch in meinen Armen und weinte.

 

„Roy du warst doch nicht zufällig dort? Stimmt das?”

 

Er konnte nur nicken und schluchzte.

 

„Was wolltest du dort?”

 

„Ich wollte Rob dort treffen. Ich wusste dass er dort immer saß auf dieser Brücke und den Zügen zusah, wie diese unter dieser durchfuhren.”

 

„Woher kennst du Rob?”

 

„Wir haben uns zufällig auf dieser Brücke getroffen. Er saß dort ganz alleine auf dem Brückengeländer…“

 

*-*-*

 

ROY`s Erinnerung 1 Teil

 

Es war verdammt spät geworden auf Arbeit und nun lief ich die Strasse entlang um so schnell wie möglich in mein Bett zu kommen. Ich war so müde und abgekämpft, dass ich die Abkürzung über die Brücke nahm, die ich sonst um diese Uhrzeit gemieden hätte, da dort keine Straßenbeleuchtung vorhanden war.

Da aber in dieser Nacht Vollmond war und keine Wolke den Mond bedeckte, war es einigermaßen hell um den Weg zu erkennen. Ich war gerade an der Brücke angekommen, als ich die Gestalt sah.

Die Person saß auf der Brüstung der Brücke und sah zum Mond hinauf. Ich wollte eigentlich weitergehen, aber ein unterdrücktes Schluchzen ließ mich aufhorchen und ich blieb stehen.

 

„Hallo kann ich dir helfen?“ kam es zaghaft von mir.

 

Die Gestalt zuckte kurz zusammen und drehte sich zu mir um. Langsam ging ich auf die Gestalt zu die mir entgegensah. Als ich nah genug war, konnte ich erkennen dass es sich um einen Jungen handelte.

 

„Kann ich mich zu Dir setzen?“

 

Was machte ich da? Ich war müde und ausgelaugt vom Tag und nun setzte ich mich zu einer wildfremden Person. Ich setzte mich auf das Brückengeländer und sah den Jungen an. Er sah im Mondlicht wunderschön aus und in seinen Augen spiegelte sich der Mond. Tränenspuren waren in seinem Gesicht zu erkennen.

 

„He, warum sitzt du hier und weinst?“

 

„Weil ich nicht weiter weiß. Weil ich… ach ich weiß auch nicht.“

 

„So geht es mir auch manchmal. Manchmal geht es mir gut und manchmal da geht’s mir schlecht. Vor allen Dingen geht’s mir echt mies wenn ich nach Hause komme und keiner da ist der auf mich wartet. Mit dem ich sprechen kann und der mich in den Armen hält.“

 

Was erzählte ich da? Ich kannte den Jungen nicht einmal und erzählte so etwas Persönliches von mir.

 

„So geht es mir auch manchmal. Mein Vater ist fast nie zu Hause und wenn er mal da ist vergräbt er sich in seinem Arbeitszimmer. Nie hat er Zeit und gerade jetzt brauche ich ihn.“

 

Ich verstand ihn nur zu gut. Meine Eltern hatten auch nie Zeit für mich gehabt und als herauskam das ihr ach so wunderbarer Sohn schwul ist, war das erste was sie taten, diesen Makel zu entfernen, in dem mich diese sofort vor die Tür setzten. Zum Glück hatte ich Freunde, bei denen ich erst einmal unterkam.

 

„Wird schon glaub mir.“

 

Ich nahm aus meiner Tasche eine Packung Taschentücher und reichte sie ihm hin. Ein dankbares Lächeln erhellte dieses Gesicht und seine Augen glitzerten noch mehr.

 

„Danke!“

 

„Kein Problem… Bist du oft hier?“

 

Dabei sah ich zum Mond.

 

„Ja ziemlich oft. Hier sitze ich oft wenn ich über etwas nachdenke, oder mich beschäftigt.“

 

„Und was beschäftigt dich so sehr, das du sogar weinst?“

 

„Ach ist doch egal… Ich kenne dich doch gar nicht und wenn ich es dir sagen würde, weiß ich nicht was du dann machst…“

 

Ich musste lächeln.

 

„Man du machst es mir aber auch nicht einfach. Also ich sag dir was über mich, etwas was ich noch keinem erzählt habe. Ich bin schwul!“

 

Ich erwartete eigentlich das der Junge entweder aufstand und sofort verschwand, oder mir eine verpasste. Ich wartete und wartete eine gedachte Ewigkeit. Aber nichts passierte. Langsam wanderte mein Blick vom Mond zu dem Jungen und sah direkt in seine Augen.

In den Augen las ich erstaunen.

 

„Echt..?“

 

Ich nickte.

 

„Echt!“

 

Wir sahen uns beide an und wie magisch angezogen kamen unsere Gesichter einander immer näher. Ganz vorsichtig berührten sich unsere Lippen und ich genoss es. Der Junge schien es auch zu genießen. Der kurze Augenblick verflog so schnell wie er gekommen war und unsere Lippen trennten sich.

 

„Ich weiß auch seit einem Jahr, das ich definitiv schwul bin“, kam es leise von ihm.

 

„Wie heißt Du eigentlich?“

 

„Robin! Aber alle nennen mich nur Rob. Und Du?“

 

„Roy..“

 

„Ein schöner Name.“

 

„Danke aber deiner ist auch nicht schlecht und der Kuss war der Hammer..“

 

„Es war mein erster wirklicher Kuss in meinem Leben.“

 

„Glaub ich nicht so wie Du aussiehst. Äh ich meine was ich so sehen kann…“

 

Ich merkte wie mir dabei das Blut ins Gesicht schoss.

 

„Danke aber was ich von Dir erkenne, sieht auch nicht schlecht aus.“

 

Ich musste grinsen und sah Rob von der Seite an.

 

„Rob es war auch mein erster Kuss…“

 

„Echt nein… das glaub ich dir nicht.“

 

„Doch es ist die Wahrheit. Ich habe mein Neigung immer verheimlicht. Meine Arbeitskollegen wissen davon nichts!“

 

„Ich verstehe. Dieser Kuss war für mich auch das erste Mal. Und es war schöner als ich dachte.“

 

„Hast Du denn niemand mit dem Du darüber sprechen kannst?“

 

„Mein Vater hat nie Zeit und zum andern weiß ich nicht wie er reagieren würde auf mein anders sein. Mathilda traue ich zwar, aber ich finde nicht die richtigen Worte um ihr es zu sagen.“

 

„Das kenn ich und wenn man dann den Mut gefunden hat, kann es so passieren wie bei mir, das dass ganze nach hinten los geht.“

 

Wir schwiegen eine ganze Weile und ich sah Rob immer wieder von der Seite an.

 

„So ich muss dann mal los.“

 

Rob stand auf und sah zu mir runter und half mir aufzustehen, in dem er mir seine Hand hinhielt.

 

„Sehen wir uns wieder?“

 

Fragend sah Rob mich an, als ich neben ihm stand.

 

„Gerne… Ich würde mich freuen…“

 

Ich stammelte da einen Mist zusammen, was sollte nur Rob denken. In diesem Augenblick berührten mich wieder die weichen Lippen von Rob. Wie lange wir uns küssten wusste ich nicht mehr. Nur eines war mir bewusst, das ich diesen wunderbaren Jungen wiedersehen musste.

So fing alles an…

 

Mathilda

 

Als Roy kurz innehielt in seiner Erzählung, sah er zu mir auf und dann wanderte sein Blick zu Kay, der neben mir saß. Ich selber hatte gar nicht mitbekommen, dass Kay mit dem Kaffee schon zurück gekommen war.

Kay sah nachdenklich aus und in seinen Augen schimmerten Tränen. Ich nahm seine Hand und drückte sie kurz.

 

„Wirst du damit klar kommen das Rob schwul ist?“

 

Abwartend sah ich Kay an. Ich wusste im innersten das Kay zu seinem Sohn stehen würde, aber ich konnte nicht abschätzen wie er jetzt in Gegenwart von Roy reagierte.

 

„Er ist alles was ich habe. Oh Gott Mathi, ich liebe ihn doch so und ich Idiot habe vor zwei Tagen noch ein Gespräch mit ihm abgewürgt. Ich hatte keine Zeit…. WIE SO OFT.“

 

„Kay lass es gut sein, die Vergangenheit können wir alle nicht ändern! Aber die Zukunft, die können wir ändern und dort werden wir ändern was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben.“

 

„Was hätten wir ohne dich, nur all die Jahre gemacht?“

 

Kay lächelte mich an.

 

„Pah dann hättet ihr eine andere!“ erwiderte ich.

 

„Nein, sag so etwas nicht.“

 

Dabei nahm er mich in seine Arme und drückte mich an sich. Nachdem Kay mich wieder los gelassen hatte, wandte er sich an Roy.

 

„Roy erzählst du uns was weiter passierte?“

 

Roy nickte kurz. Zwar rollten noch ein paar Tränen über seine Wangen, aber es sah so aus, als ob auch ihm es gut tat über Rob zu sprechen.

 

„Bevor Roy weiter erzählt, solltest Du mal nach Rob fragen.“

 

Kay lächelte.

 

„Das habe ich doch schon. Sie sind zwar noch mit Rob im OP, aber es sieht ganz gut aus.“

 

„Echt er kommt durch?“ Hoffnungsvoll schaute uns Roy an.

 

„Ja der Chefarzt hat eine der OP Schwestern herausgeschickt um uns die frohe Botschaft mitzuteilen.“

 

„Ich werde alles wieder gut machen…“

 

Erleichtert sah Roy uns an.

 

„Das werden wir noch sehen junger Mann! Erst einmal wollen wir hören, wie die Geschichte weitergeht.“

 

Kay sah dabei Roy scharf an.

 

„Nimm ihn nicht ernst. So spricht er mit uns auch immer“, wandte ich mich an Roy.

 

Ich musste leicht schmunzeln, da Kay mich wie ein verletzter Löwe ansah, als ich das sagte.

 

„Roy erzähl einfach weiter.“

 

„Also nachdem Rob mich gefragt hatte ob wir uns wiedersehen…..“

 

*-*-*

 

ROY`s Erinnerung 2 Teil

 

„Na klar, sehen wir uns wieder. Morgen hier um achtzehn Uhr einverstanden?”

 

Erwartungsvoll sah ich Rob an. Dieser sah mich auch an, ich sah wie glücklich er war.

 

„Na dann bis Morgen und wenn etwas dazwischen kommt, kannst du mich ja anrufen.”

 

Rob drückte mir dabei eine Karte in die Hand. Da ich im Dunkeln nicht erkannte was es war, dachte ich mir dass es sich um eine Visitenkarte handeln musste.

 

„Na dann bis morgen.”

 

Wir trennten uns und Rob lief den Weg entlang und verschwand dann in der Dunkelheit. Als Rob in der Dunkelheit verschwunden war, drehte ich mich um und lief den Weg weiter um nach Hause zu kommen.

Was war nur in dem kurzen Augenblick vom Kennenlernen bis zum ersten Kuss passiert, dachte ich. Ich konnte mir es nicht erklären, all das was ich mir so sehr gewünscht hatte war heute in kürzester Zeit passiert.

Nachdem ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, zog ich meine Jacke aus und hängte sie an die Garderobe. Meine Wohnung bestand nur aus einem Wohnzimmer, einer Küche und einem kleinen Badezimmer.

Aber ich fühlte mich in dieser kleinen Wohnung wohl. Beim aufhängen meiner Jacke fiel die Karte, die mir Rob an der Brücke gegeben hatte,  aus der Jackentasche. Ich bückte mich und hob die Karte auf. Seltsamerweise war auf der Karte nur Rob sein Vorname gedruckt und seine Handynummer.

Was auf der Karte fehlte war sein Nachname und seine Adresse. Warum war nicht wenigstens seine Adresse auf der Karte? Ich ging mit der Karte in mein kleines Wohnzimmer und setzte mich auf das Sofa. Ich nahm die Fernbedienung meines Fernsehers und schaltete diesen an.

Wie immer war das Fernsehprogramm eher einschläfernd als interessant, so dass ich schnell müde wurde.  Ich zog mein Sofa aus und legte mich hin. Die ganze Zeit kreisten meine Gedanken um Rob und mit dem Gesicht von Rob in Gedanken, schlief ich irgendwann dann auch ein.

Der nächste Tag war anstrengend. Auf Arbeit war wieder der Teufel los und unser Chef hatte wieder eine seiner glorreichen Tage, die man besser streichen sollte im Kalender. Abgekämpft kam ich zu Hause an und wollte eigentlich nur meine Ruhe haben, aber ich hatte ja jemanden versprochen, an der Brücke zu sein. Bei diesen Gedanken sah ich Rob sein Gesicht und wie er mir zulächelte.

Sofort begann ich mich auszuziehen und unter die Dusche zu springen. Rob verlieh mir wohl Flügel, wie in der Werbung. Kaum fertig raste ich aus dem Badezimmer und suchte mir frische Sachen zum anziehen aus dem Kleiderschrank.

Puhh  so schnell war ich noch nie angezogen und ausgehbereit. Ich nahm meine Wohnungsschlüssel, meine Brieftasche und meine Jacke an mich und verließ hastig meine Wohnung. Ich konnte es kaum erwarten Rob wiederzusehen.

Eine viertel Stunde später stand ich auch schon auf der Brücke und von weitem erkannte ich Rob der am Gelände der Brücke stand und mir entgegensah.

Kurz darauf stand ich vor ihm. Als ich ihn ansah klopfte mein Herz so stark, das ich Angst hatte das Rob es hören konnte. Der aber lächelte mich an.

 

„Hi, Roy im Tageslicht siehst du noch besser aus!“

 

„Und Du erst…“

 

Ich musste dabei schmunzeln und Robs Gesicht kam meinem Gesicht sehr nahe um mir zaghaft einen Kuss zu geben. Kaum lösten sich unsere Lippen sah mich Rob mit seinen  grünen Augen an.

In denen spiegelte sich mein Gesicht wieder und das Licht der untergehenden Sonne ließ dieses grün seiner Augen magisch aufblitzen.


„Was wollen wir machen?“

 

Rob sah mich immer noch an.

 

„MMMHHH lass mich überlegen. Was hältst Du davon, einen Eisbecher zu essen und ich lade Dich ein?“

 

„Echt Roy, eine tolle Idee und dann kannst Du mir ja mehr von Dir erzählen!“

 

Ich nahm Robs Hand und wir gingen die Strasse entlang.

 

„Ich kenne da ein gutes Eiscafe. Ist nicht mal weit.“

 

„Lass mich raten… Der Italiener Romano?“

 

„Kennst Du den?“

 

„Na klar, wer nicht. Hat ja das beste Eis weit und breit!“, dabei lachte Rob mich an und ich konnte mir ein Grinsen auch nicht verkneifen.

 

Das Eiscafe war dann auch nicht weit und kurz darauf saßen wir dort an einem Tisch und bestellten uns jeder ein Eisbecher. Rob hatte sich für den klassischen Schokobecher entschieden und ich für einen Krokanteisbecher. Krokant liebte ich über alles, daher war die Wahl mir auch nicht schwer gefallen.

Beim Warten auf die Bestellung, sahen wir uns wieder an und ich musste wieder lächeln.

 

„Ähm Roy was Du mir gestern gesagt hast, stimmt das alles?“

 

„Was von dem was ich Dir gestern sagte, meinst Du?“

 

„Na, das deine Eltern dich rausgeworfen haben und das du niemanden hast!“

 

„Ja das mit meinen Eltern stimmt..“

 

Es war eine meiner schlimmsten Erfahrungen, von meinen eigenen Eltern verstoßen zu werden. Ich hörte immer noch die kreischende Stimme meiner Mutter, die mich verfluchte und sagte sie hätte keinen Sohn mehr.

Mein Blick verschwamm bei diesen Gedanken und mir rollte eine Träne die Wange entlang.

 

„He, sorry ich wollte nicht das du daran erinnert wirst.“

 

Ich wischte mit meiner rechten Hand die Tränen weg und versuchte Rob anzulächeln. Was ziemlich kläglich scheiterte.

„Du musst dich nicht entschuldigen. Es sind nur keine schönen Erinnerungen, wenn du verstehst.“

 

Rob nickte.

 

„Es tut mir echt Leid, was du da durchmachen musstest.“

 

Ich versuchte diese unangenehme Unterhaltung um meine Eltern abzubrechen.

 

„Sag mal warum steht auf deiner Visitenkarte kein Nachnahme?“

 

„Ähm das wollte mein Vater so! Es muss nicht jeder deiner Freunde wissen wie dein Nachname lautet…“, äffte dabei Rob seinen Vater nach.

 

Ich musste lachen wie er da so saß und seine Augen verdrehte. In diesem Augenblick stand ein junger Mann, mit den bestellten Eisbechern, vor unserem Tisch.

 

„Na, ihr amüsiert euch wohl so richtig?“, dabei musste der Mann grinsen und stellte unsere Becher ab.

 

„Lass es dir schmecken Rob und wie ist der Name von deinem Freund?“

 

Erstaunt sah ich erst Rob und dann den Mann an.

 

„Wie du kennst Rob?“, fragte ich dann etwas verblüfft den Mann.

 

„Na klar kenn ich Rob, er ist doch einer meiner besten Gäste… nein einer meiner besten Freunde!“

 

„Ah ja und mein Name ist Roy. Echt Rob das hättest du mir sagen können.“

 

„Na ja Christoph, kenn ich schon so lange. Mathi ist mit mir immer hier Eis essen gegangen.“

 

„Wer ist Mathi ?“

 

„Das ist Robs Ersatzmama“, antwortete Christoph.

 

Rob nickte dabei bejahend.

 

„Hab ich dir doch gestern erzählt.“

 

„Entschuldige aber alles konnte ich mir dann doch nicht merken. Bin ja nicht mehr der jüngste“, kam es dann noch etwas frotzelnd von mir.

 

„Sagt mal Leute ist mir irgendwas entgangen?“

 

Christoph sah Rob nachdenklich an. Der wurde auch prompt knallrot im Gesicht. Ich sah kurz zu Rob und dann zu Christoph. Christoph sah mich in dem Augenblick intensiv an und dann setzte er sich zu uns an den Tisch.

 

„Jetzt denke ich mal kurz nach. Zwei nette Jungs und dazu noch suppi aussehend kommen in ein Cafe. Dann bestellen sie sich zwei Eisbecher und während sie darauf warten turteln die beiden wie ein verliebtes Paar miteinander. MMMHHH wenn ich so nachdenke…. Rob das hättest mir aber erzählen können, wo ich Dich die letzten Jahre nur angeschmachtet habe!“

 

Rob der bei den Worten von Christopher immer kleiner geworden war, zuckte beim letzten Satz zusammen und starrte mit offenem Mund Christoph an.

 

„Du bist… ähm… sorry, aber das ist jetzt zuviel für mich.“

 

Rob saß einfach nur weiter da und sah Christoph an. Dieser rückte mit dem Stuhl etwas näher an Rob und nahm ihn in den Arm.

 

„Ja, ich bin schwul und keine Angst ich habe seit zwei Jahren einen festen Freund. Das war jetzt nur ein kleiner Scherz, dass mit den anschmachten. Klar siehst du einfach umwerfend aus. Aber ich kenne dich schon so lange und ich bin nun mal neununddreißig Jahre alt. Was soll so ein alter Kerl mit so einem jungen Schnösel?“

 

Rob konnte sich ein grinsen dann doch nicht verkneifen. Ich selber konnte mich auch nicht zurückhalten und grinste auch in die Runde. Der Augenblick verflog aber sehr schnell und Rob nahm die Initiative an sich und fing an, von sich aus zu erzählen.

Den Rob den ich gestern kennen gelernt hatte, so unendlich traurig, den gab es nicht mehr. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Rob merkte, dass er nicht alleine mit seinen Problemen da stand, anders zu sein.

Christoph hörte ihm zu und ich auch.

 

„Seit einem Jahr weiß ich definitiv das ich schwul bin. Wenn ihr mich fragt woher ich das so genau weiß, ganz einfach ich habe mich in meinen Sportlehrer verliebt. Ich habe beim na ja…“, seine Stimme wurde sehr leise, „onanieren immer an ihn gedacht und wie er mich küsst und so.  Und damit fing mein Dilemma an. Ich fühle mich damit überfordert und in der Schule machen ja alle so dreckige Witze über Schwule. Wem hätte ich da sagen können, ich fühle so?“

 

„Tja nicht einfach das alles. Ich kenne es aus eigener Erfahrung. Aber glaub mir, hat man sich selbst erst einmal akzeptiert, wird es schon leichter und das mit der Umwelt das bleibt immer ein Kampf.“

 

Christoph schaute dabei Rob an und dieser nickte. Mir selbst wurde bewusst, wie einsam ich mich fühlte. Ich musste wohl ein ziemlich bedrücktes Gesicht gemacht haben, denn Robs Hand strich kurz über meine Hand.

 

„Roy was ist los?“

 

Ich sah zu Rob und mir wurde in diesem Augenblick bewusst, das ich jetzt die Möglichkeit hatte aus meinem Versteck hervorzutreten und zu mir zu stehen und das nur weil ich Rob kennengelernt hatte.

Christoph der wohl mehr ahnte als wusste, sah mich an und lächelte mir zu.

 

„Also Roy ist dein Name?“

 

Ich nickte und sah zu Rob, der mich echt verliebt ansah.

 

„Na, ich merk schon, ich störe hier nur.“

 

Christoph stand auf und wollte sich schon abwenden als Rob nach seiner Hand griff und ihn zurückhielt.

 

„Christoph, entschuldige aber wir haben uns erst gestern kennengelernt. Ich möchte Roy gerne näher kennenlernen.“

 

„Kein Problem ihr zwei und wenn ihr mal wieder hier seid, dann könnt ihr mir ja erzählen, wie ihr euch kennengelernt habt.“

 

Unser Eis war mittlerweile zum Teil geschmolzen, aber wir löffelten dann tapfer das was vom Eis übrig war auf. Zufrieden und mit einem Lächeln im Gesicht sah mich Rob an.

 

„Und was machen wir jetzt?“

 

„Den nächsten Eisbecher ausprobieren…“, erwiderte ich und sah Rob an, der wieder so süß seine Augen verdrehte.

 

„Oh nein, bitte nicht das reicht mir vorerst, sonst platze ich!“

 

„Na komm ich bezahle erst mal und dann können wir ja noch etwas laufen! Einverstanden?“

 

„Das hört sich schon besser an. Aber ich zahle klar?“

 

„Nein ich. Du bekommst doch bestimmt nur ein kleines Taschengeld?“

 

„Wenn du wüsstest…“, lachte Rob.

 

„Ja wissen tu ich über Dich kaum etwas. Nicht mal deinen Nachnamen!“

 

„Mmmhh, ja da hast du Recht…“, traurig sah mich Rob dabei an.

 

Aus seinem Gesicht war das Lächeln sofort verschwunden.

 

„Was ist? Hab ich was Falsches gesagt?“

 

„Nein aber lass mir bitte etwas Zeit. Bitte!“

 

Ich nickte und zeigte dem Kellner, der an der Theke stand und sich so wie es schien zu langweilen, das ich bezahlen wollte. Kurz darauf war das dann erledigt und wir machten uns auf den Weg nach draußen. Die Sonne war schon untergegangen und wir liefen den Weg zur Brücke zurück.

 

„Sag mal Rob… Du sagtest vorhin das Mathi deine Ersatzmutter ist. Wie soll ich das verstehen?“

 

„Mathi ist zu uns gekommen als ich noch ein Baby war. Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben und seitdem kümmert sich Mathi um mich.“

 

„Ach so tut mir leid.“

 

„Macht nichts. Mein Vater hat ja nie Zeit. Er arbeitet den ganzen Tag und wenn er mal zu Hause ist, dann telefoniert er nur mit seinen Geschäftsfreunden. So richtig war er nie für mich da.

 

„Warum hast du Mathi nichts von dir erzählt? Ich meine sie ist doch dann deine engste Bezugsperson?“

 

„Vielleicht hast du Recht. Aber es ist so, das ich Angst habe, das sie denkt sie hätte was falsch gemacht!“

 

„Was falsch gemacht? Das du schwul bist?“

 

Ich sah kurz zu Rob hinüber. Dieser hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben und stapfte auf dem Boden blickend neben mir her.

 

„Ich weiß nicht. Vielleicht ja, aber ich weiß es wirklich nicht..“

 

„Macht nichts. Hast du Lust mal meine Wohnung zu sehen?“

 

„Ja, das wäre echt toll!“

 

„Na ok. Dann lade ich dich morgen zu mir ein.“

 

Ich blieb unter einer Laterne stehen und zog aus meiner Brieftasche eine Visitenkarte heraus. Diese reichte ich Rob hin, der sie mit einem strahlenden Lächeln entgegennahm.

 

„Danke und wann soll ich da sein?“

 

„Na so um siebzehn Uhr. Ist das für dich ok?“

 

„Oh ja Klasse… Danke..“

 

Eine Spitze konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.

 

„Auf der Karte steht auch mein Nachname, damit du die richtige Klingel drücken  kannst.“

 

„Bitte lass mir Zeit…“

 

Oh man ich und mein verdammtes Mundwerk.

 

„Sorry, war nicht so gemeint.“

 

Von Rob kam keine Antwort, daher schaute ich zu ihm hin und er sah mich an.

 

„Angenommen, aber nur wenn ich einen Kuss bekomme…“, dabei sah er mich mit funkelnden Augen an.

 

Wie konnte ich da Nein sagen und ich drückte ihm ganz sanft einen Kuss auf seine wundervollen weichen Lippen. Robs Arme umschlangen mich und auch ich drückte ihn an mich so fest ich konnte. Ich wollte diese wunderbare Wesen nicht mehr missen und das beim zweiten wiedersehen.

Nachdem wir uns endlich wieder getrennt hatten sah ich Rob noch einmal an. Meine Hand fuhr vorsichtig durch sein Gesicht und dann an seiner rechten Wange hinab. Wir gingen dann den Weg weiter und erzählten uns abwechselnd, etwas über unser bisheriges Leben.

Es wurde ziemlich spät und ehe wir uns versahen war es dann auch schon nach dreiundzwanzig Uhr.

Ich schaute auf meine Uhr und die Ziffernblätter dieser leuchteten mir entgegen.

 

„Oh ist doch ganz schön spät geworden.  Ich muss morgen früh fit sein, muss ja arbeiten!“

 

„Mhh und ich habe noch keine Schulferien…“

 

„Na dann also bis morgen bei mir…“

 

Robs Augen funkelten mir entgegen.

 

„Ich freu mich schon darauf deine Wohnung zu sehen…“

 

Langsam näherten sich unsere Gesichter und wir gaben uns einen langen, sehr langen Kuss hin.

 

„Wau es wird von mal zu mal schöner…“

 

Ich musste lächeln denn mir ging es genauso.

 

„Also bis morgen Rob. Sei Pünktlich siebzehn Uhr da!“

 

„Ja, mach ich. Schlaf schön…“

 

Wir trennten uns voneinander und ich blieb stehen und sah ihm nach, bis dieser im dunkeln verschwunden war. Danach machte ich mich auf dem Heimweg und zu Hause angekommen legte ich mich auf mein Sofa.

Aber der Schlaf wollte nicht kommen. In Gedanken sah ich nur Rob sein Gesicht und dann fühlte ich seine weichen Lippen auf den meinen. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn der Wecker schrillte in den höchsten Tönen.

Der Tag verlief wie immer. Kaum war ich auf der Dienststelle angekommen, erwartete mich Jochen, mit dem ich seit einem Jahr zusammen Streife fuhr,  um mir mitzuteilen, dass ich mit Jan zur Streife eingeteilt war.

Jan so hieß er, war durch sein introvertiertes Auftreten und seinen blöden Witzen bei vielen der Kollegen angeeckt und daher auch nicht beliebt. Missmutig machte ich mich auf den Weg zu unserem Streifenwagen, wo Jan davor stand und auf mich wartete.

 

„Na Roy, haben wir heute das Vergnügen, gemeinsam Dienst zu schieben?“

 

Missmutig nickte ich in seine Richtung und öffnete die Beifahrerseite. Jan stieg auf der Fahrerseite ein und legte sich den Sicherheitsgurt an. Ich tat dies instinktiv auch und schloss die Beifahrerseite.

 

„Na, dann wollen wir mal.“

 

Er startete den Motor und wir fuhren los. Nachdem wir vom Hof auf die Hauptstrasse rechts abgebogen waren, fing Jan an wieder seine dreckigen Witze zu erzählen. Ich sah aus dem Seitenfenster und versuchte so gut es ging ihn zu ignorieren, was aber sehr schwer war.

Beim erzählen stieß Jan immer wieder mit seinem rechten Ellenbogen in meine linke Seite.

 

„Was soll das?“, entnervt sah ich zu Jan.

 

Dieser ignorierte meine Frage und erzählte mit einem grinsen im Gesicht weiter, dabei hörte er auf  mit dem Ellenbogen zu stoßen.

 

Irgendwann begann ich abzuschalten und träumte vor mich hin, ich sah Robs Gesicht vor mir und ich musste wohl dabei gelächelt haben, denn Jans Gebrüll weckten mich auf und ich sah erschrocken in seine Richtung.

 

„Na an was für ein nacktes Weib haste denn jetzt gedacht??“

 

Angewidert sah ich ihn an.

 

„Kannst Du Deinen dreckigen Jargon für Dich behalte?“

 

„He ist doch nur ein Witz!“, erwiderte Jan und sah dabei nach vorn auf die Strasse. Plötzlich bremste er abrupt und zeigte mit seiner rechten Hand nach vorne.

 

„Schau Dir mal die zwei Schwulis an. Einfach abartig dieses Volk und die halten tatsächlich noch Händchen.“

 

Ich sah zu den beiden jungen Männern, die grade über die Strasse gingen.

 

„Na denen werde ich den Arsch abfahren.“

 

Jan stellte die Sirene des Fahrzeugs an und fuhr mit quietschenden Reifen los. Ich sah noch aus den Augenwinkeln wie die beiden Männer zur Seite sprangen, wobei einer von den beiden das Gleichgewicht verlor und nach vorne auf den Bürgersteig stürzte.

 

„Bist Du bescheuert…“, schrie ich Jan an und stellte die Sirene aus.

 

„Das war doch lustig wie die beiden ihre Ärsche eingezogen haben…“, lachte Jan und sah mich kurz an.

 

„Ich werde das heute unserem Vorgesetzten melden, glaube bloß nicht dass Du da raus kommst!“, sagte ich zu Jan und sah aus dem Fenster.

 

Jan hatte mittlerweile das Tempo des Fahrzeugs gemindert und fuhr weiter.

 

„Ach sag bloß Du hast mit den zwei Schwulen Mitleid? Bist wohl auch so einer?“

 

Ich antwortete nicht, sondern starrte weiterhin aus dem Fenster.

 

„He, ich rede mit Dir?“

 

Ich drehte mich langsam zu Jan hin und sah ihn direkt an.

 

„Du drehst auf der Stelle um und fährst zurück zum Revier!“

 

Ganz ruhig sprach ich den Satz aus und sah weiterhin Jan von der Seite an. Dieser drehte tatsächlich das Fahrzeug und fuhr dann an den Straßenrand.

 

„So mein lieber Roy, solltest Du das tatsächlich melden, mach ich Dich kalt! Hast Du verstanden?“

 

Eiskalte Augen sahen mir dabei direkt in meine Augen.

 

„Weißt Du was Jan, Du kannst mir drohen wie Du willst. So etwas wie Dich muss man melden und das werde ich!“

 

Ich sah weiterhin Jan an. Abrupt drehte sich Jan um und löste seinen Gurt.

 

„Na bestens, dann steige ich mal aus. Viel Spaß noch beim Dienst!“

 

Er öffnete die Autotür und stieg aus. Danach drehte er sich nochmals zu mir um.

 

„Wir sehen uns wieder mein Bester!“

 

Bei diesen Worten bekam ich eine Gänsehaut.

 

„Was soll das Jan steig sofort wieder ein!“

 

Jan drehte sich um als ob er meine Worte nicht hörte und lief vom Auto weg. Fünf Minuten saß ich im Auto und konnte immer noch nicht begreifen was vorgefallen war. Dann nahm ich das Funksprechgerät in die Hand und rief die Zentrale an.

Nachdem ich der Zentrale berichtet hatte was vorgefallen war, beorderte man mich sofort zurück. Ich fuhr den Wagen zurück zum Revier. Auf dem Hof des Reviers erwarteten mich auch schon Thomas und Daniel.

Als ich den Wagen eingeparkt hatte und ausgestiegen war, kamen beide auf mich zu.

 

„Was ist denn jetzt genau passiert?“

 

Thomas, der Gefragt hatte sah mich dabei ernst an. Ich erzählte dann erst einmal den beiden was passiert war.

 

„Man na der wird noch was erleben! Hat er wenigstens seine Waffe dagelassen?“

 

„Nein!“, dabei lief es mir eiskalt den Rücken hinunter und mir dröhnten die Worte von Jan im Kopf

 

‚Wir sehen uns wieder mein Bester!`

 

*-*-*

 

Roy

 

An dieser Stelle hörte ich erst einmal auf zu erzählen und sah kurz auf zu Herrn Melbourgh. Dieser aber sah auf den Boden und drehte den leeren Kaffeebecher gedankenverloren in seinen Händen.

 

„Ich gehe uns noch Kaffee holen.“

 

Mathilda stand auf und verschwand in die Richtung wo der Kaffeeautomat stand.

 

„Das ist ziemlich viel was ich da verdauen muss, über Rob. Oh man, was hab ich da alles falsch gemacht?!“

 

Herr Melbourgh sah dabei mich direkt an.

 

„Es tut mir Leid, aber ich glaube er hat wenigsten Menschen die ihn so nehmen wie er ist. Wenn er das gewusst hätte wäre es nie dazu gekommen“, sagte ich und schaute zu Boden, da mir klar wurde das ich solche Worte von meinen Eltern nie hören würde.

 

„Roy wie alt sind Sie?“

 

„Ich bin zwei Jahre älter als ihr Sohn also zwanzig“, kam es von mir.

 

Robs Vater stand auf um sich neben mir zu setzen.

 

„Weißt Du Roy, ich war am Anfang etwas reserviert zu Dir aber je mehr ich Deiner Geschichte zuhöre um so symphatischer wirst Du mir. Und ich habe genug Menschenkenntnis, nur bei meinem Sohn hat dies wohl nicht funktioniert. Was ist passiert? Warum kam es dazu?“

 

„Dazu muss ich die ganze Geschichte erzählen. Ich kann nur sagen, dass wir uns wie im Flug gefunden und verliebt haben und dass einige Umstände dazu führten, dass Rob dachte dass ich ihm etwas vorgemacht habe. Was aber nicht stimmt!“

 

„Da bin ich aber gespannt!“, kam es von Mathilda, die gerade vom Kaffeeautomat zurück kam.

 

*-*-*

 

Kay

 

Mir wurde dieser Junge immer symphatischer und irgendwie mochte ich ihn jetzt schon. Ich selber machte mir wirklich starke Vorwürfe, dass ich Rob nie wirklich zugehört hatte. Aber wie Mathilda schon so schön formuliert hatte, die Vergangenheit konnte man nicht mehr ändern aber in der Zukunft die gleichen Fehler vermeiden.

Ja man lernt nie aus, auch ich nicht. Ich war gespannt wie die ganze Geschichte, die Roy erzählte ausgehen würde. Mathilda gab mir einen der Becher mit dem heißen Kaffe und den anderen Roy, der diesen dankbar annahm.

Mir tat Roy unendlich Leid und da Weihnachten nicht mehr weit war, überlegte ich schon wie ich Roy zu unserem Weihnachtsfest einladen könnte. Aber das sollte Rob entscheiden. Roy fing wieder an zu erzählen.

 

„Also nachdem mir klar wurde, dass Jan noch seine Pistole bei sich hatte, bekam ich es dann doch mit der Angst…“

 

*-*-*

 

ROY`s Erinnerung 3 Teil

 

Nachdem ich mit Thomas und Daniel das Revier betreten hatten, hörte ich schon von weitem unseren Chef brüllen.

 

„Wo bleibt Garnet? Wenn er da ist sofort zu mir mit ihm!“

 

Ich hörte eine Tür zuschlagen.

 

„Na dann ab in die Höhle des Löwen zur Raubtierfütterung…“

 

Thomas sah mich dabei mitleidig an.

 

„Dann muss ich da wohl durch…“, und trabte Richtung Chefzimmer.

 

Dort angekommen klopfte ich an die Tür und wartete.

 

„Herein…“, erschallte es aus dem Raum.

 

Ich öffnete die Tür  und trat ein. Mein Chef Herr Smith saß auf einem Stuhl hinter seinem Schreibtisch und sah mich wütend an. Bevor ich überhaupt was sagen konnte, brüllte er los.

 

„Was war da los und wo ist Herr Baker?“

 

Ich begann das ganze nochmals zu erzählen und auch Jans Drohung an mich ließ ich nicht aus. Als ich fertig war, war mein Chef erst einmal ruhig. Nervös spielte er mit seinem Kugelschreiber in der Hand und sah unverwandt aus dem Fenster dabei.

Herr Smith war leicht übergewichtig und sein Haar war sehr dünn. Das Gesicht selber sah irgendwie aufgedunsen aus und aus diesem stachen zwei kleine Äuglein hervor. Über der Oberlippe trug er einen fein säuberlich gestutzten Bart.

Im Ganzen war er nicht das was eine Frau als Mann suchte und trotzdem war er verheiratet mit einer sehr attraktiven Frau. Seine Frau hatten wir im Revier bei einem Fest kennengelernt und alle waren ziemlich überrascht, dass diese attraktive Frau mit unserem Chef verheiratet war.

 

„Herr Garnet sie sind für heute beurlaubt. Eine Fahndung nach Herrn Baker läuft. Mehr können wir nicht tun. Morgen melden Sie sich wieder zum Dienst und dann werden wir weitersehen.“

 

Ich nickte und sah zu ihm hin, dieser hatte mittlerweile seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch gelegt und sah mich an.

 

„Ist in Ordnung Herr Smith.“

 

Da dieser nicht weiter reagierte verließ ich den Raum und lief zum Umkleideraum um mich umzuziehen. Dieser Tag war schon ziemlich seltsam, aber da ich wusste, dass heute Rob zu mir kommen sollte, hatte ich noch genug Zeit in meiner Wohnung aufzuräumen und noch etwas zum Essen einkaufen zu können.

Thomas war mir in den Umkleideraum gefolgt und sah mich fragend an.

 

„Was?“, fragte ich.

 

„Und was sagt unser Chef?“

 

„Fahndung nach Jan läuft und ich kann für heute Feierabend machen.“

 

„Na dann mach Dir mal einen schönen Nachmittag und wenn was ist, hast Du meine Telefonnummer.“

 

Ich sah zu Thomas und nickte ihm dankbar zu.

 

„Das werde ich auch machen.“

 

Thomas verließ daraufhin den Raum und ich zog mich erst einmal um. Kurze Zeit später war ich auf dem Heimweg. Immer wieder erwischte ich mich, dass ich unbewußt mich umdrehte um zu sehen ob mir jemand folgte.

Aber es war weit und breit keine Person zu sehen. Zu Hause angekommen, fing ich erst einmal an aufzuräumen. Nach gefühlten drei Stunden war ich mit meiner Arbeit fertig und ich machte mich fertig um einkaufen zu gehen.

Ich überlegte auf dem Weg zum Supermarkt, was ich uns zum Essen machen sollte. Da mir nichts einfiel, blieb ich bei Spaghetti mit Thomatensoße hängen. Na ja zugegeben nicht sehr einfallsreich, aber es war schnell zubereitet. Dazu holte ich dann noch eine Flasche Weißwein extra trocken.

An der Kasse hatte ich plötzlich das Gefühl das mich jemand beobachtete und ich drehte mich kurz zu dem Verkaufsraum um, aber ich konnte niemanden entdecken der mir bekannt vorkam. Ich musste mir das wohl einbilden, bei dem was ich heute erlebt hatte.

Ich bezahlte an der Kasse meine Ware und packte diese dann in einer Einkaufstüte ein und verließ den Laden. Immer wieder hatte ich auf dem Rückweg zu meiner Wohnung das ungute Gefühl das ich beobachtet wurde.

Immer wieder schaute ich mich um. Nachdem ich meine Wohnung erreicht hatte und die Wohnungstür geschlossen hatte, atmete ich erst einmal auf. In der Küche packte ich meinen Einkauf aus und begann alles vorzubereiten, für das Essen.

Ich wollte Rob mit einem Essen überraschen. Gerade war ich dabei die Thomatensoße abzuschmecken, als es an der Haustür klingelte. Ich sah auf die Uhr, die mir anzeigte dass es tatsächlich schon siebzehn Uhr war. Als ich die Wohnungstür öffnete, stand Rob vor mir und strahlte mich an.

 

„Hallo, na da bist du ja wirklich pünktlich!“

 

„Du hast eben gefehlt und was machen wir jetzt?“

 

Rob strahlte mich an und ich konnte seine Grübchen sehen die sich auf seinem Gesicht zeigten.

 

„Komm erst mal in meine bescheidene Wohnung und leg deine Jacke ab. Ich hab etwas zum Essen vorbereitet.“

 

„Wau echt ? Na da bin ich ja gespannt.“

 

„Na ist nichts Überwältigendes. Es gibt Spaghetti und Thomatensoße….“

 

„Hört sich lecker an..“

 

Rob betrat darauf meine Wohnung und ich schloss hinter ihm die Wohnungstür. Rob sah sich neugierig um und ich stapfte schnellen Schrittes in die Küche um alles zum Essen vorzubereiten.

 

„Soll ich dir irgendwie helfen?“

 

Rob stand an der Küchentür und sah in meine Richtung.

 

„Ja kannst Du schon mal das Besteck und die Teller in das Wohnzimmer bringen?“

 

„Klar doch. Riecht echt lecker deine Thomatensoße!“

 

„Alles nur für Dich.“

 

Ich drehte mich dabei zu Rob der in die Küche gekommen war und jetzt sehr nah bei mir stand. Robs Gesicht strahlte und kam meinem Gesicht näher und näher und dann ganz zaghaft berührten sich unsere Lippen.

Es war wie ein Blitz der von meinen Lippen durch meinen ganzen Körper fuhr. Zögernd trennten sich unsere Lippen und Rob nahm dann die Teller und das Besteck und verschwand aus der Küche.

Ich nahm dann die Schüssel mit den Spaghetti und die Thomatensoße, die ich in eine andere Schüssel getan hatte und ging ihm nach. Rob stand am Fenster und sah in die anbrechende Dunkelheit. Vorsichtig stellte ich die beiden Schüsseln ab und trat zu Rob.

 

„Roy ich hätte nie gedacht, dass ich einen Menschen wie dich finden würde. Ich hätte nie gedacht das die Zeit in der wir uns nicht sehen, so furchtbar langsam vergehen können.“

Ich schlang meine Arme, von hinten, um Robs Oberkörper und drückte ihn an mich.

 

„Geht mir genauso. Ich hätte nie gedacht das ich hier stehen würde und einen Jungen in meinen Armen halte.“

 

Rob drehte seinen Kopf  zu mir und drückte mir einen Kuss auf die Wange.

 

„Komm sonst wird das Essen kalt.“

 

Zaghaft löste ich mich von Rob und nahm seine Hand um ihn zum Tisch zu ziehen. Nachdem wir am Tisch saßen, zündete ich noch die Kerze an die ich auf diesen vorher gestellt hatte und dann begannen wir zu essen.

 

„Total lecker…“

 

Rob strahlte mich an und die Flamme der Kerze ließen das grün in seinen Augen aufblitzen.

Ich fing an zu lachen da Robs Mund rund herum mit Thomatensoße beschmiert war.

 

„Was gibt es denn so Komisches?“

„Du hast Thomatensoße im Gesicht…“

 

Ich lachte als Rob einen Schmollmund zog.

 

„Na komm nicht schmollen…“,  dabei nahm ich eine der Servietten und wischte vorsichtig die Thomatensoße aus Robs Gesicht.

 

„So nun siehst du wieder besser aus..“

 

„Na warte…“, bevor ich etwas sagen konnte war Rob bei mir und kitzelte mich durch. Ich musste herzhaft lachen und bald lagen wir auf dem Boden.

 

Rob auf mir sitzend und ich versuchte unter Lachen seine Hände abzuwehren. Die waren aber überall und dabei rutschte mein Shirt nach oben und Robs Hände trafen auf meine nackte Haut.

So plötzlich wie Rob mich angefangen hatte zu kitzeln, so plötzlich hörte er damit auf und seine Hände begannen meinen Oberkörper zu erforschen. Dabei näherte sich sein Gesicht dem meinen und wir versanken in einen langen Kuss, wobei Robs Hände weiterhin auf Erkundung waren.

Vorsichtig begannen auch meine Hände auf  Erkundung zu gehen. Es war einfach unbeschreiblich schön und ich genoss die Berührungen von Rob und dieser wohl auch denn er stöhnte bei meinen Berührungen auf und seine Küsse wurden immer fordernder.

Wobei mir es nicht anders erging. Irgendwann etliche Zeit später lagen wir auf dem Sofa und ich hielt Rob in meinen Armen. Unsere Sachen lagen kreuz und quer im Zimmer herum.

 

„Es war wunderschön mit Dir…“, dabei drückte ich Rob zärtlich an mich. Rob streichelte über meine Brust und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

 

„Roy ich habe mich in dich verliebt und es fühlt sich gut an…“, flüsterte Rob mir ins Ohr.

 

„Ja es fühlt sich sehr gut an und Rob  ICH LIEBE DICH….“

 

Ich war einfach nur glücklich und so lagen wir da starrten in die Kerzenflamme die auf dem Tisch stand und hielten uns in den Armen. Jeder dem anderen so nah und ich wünschte mir die Zeit würde nie vergehen.

 

„Oh shit schon so spät… Roy ich muss nach Hause ansonsten kann ich mir was anhören…“

 

Wir sprangen beide auf und suchten im Adamskostüm unsere Sachen zusammen. Dabei kam es dann auch ab und zu, zum Austausch von Zärtlichkeiten. Nachdem wir fertig angezogen waren brachte ich Rob zur Wohnungstür.

Wir sahen uns an und küssten uns so intensiv, als ob jeder Angst hatte das dass heute ein Traum war und nicht die Realität. Etwas traurig aber auch glücklich verabschiedeten wir uns dann und Rob verschwand im Hausflur. Ich hörte noch die Haustür zuschlagen, dann umfing mich Stille und ich trabte in meine Wohnung und schloss die Wohnungstür.

Im Wohnzimmer angekommen starrte ich auf das leere Sofa, wo noch vor wenigen Minuten Rob und ich eng aneinander geschlungen gelegen hatten. Bei der Vorstellung wie wir dort lagen und er mich auf die Stirn küsste traten mir Tränen in die Augen und ich fing an zu heulen, wie an dem Tag wo meine Eltern mich auf die Strasse warfen wie Abfall.

Aber diesmal waren es keine Tränen der hoffnungslosen Art sondern Tränen der Hoffnung auf einen Neubeginn in meinem Leben und auch für das Glück das auch mir einmal in den Schoß fiel.

Die nächsten Tage und Wochen waren angefüllt mit Arbeit und die Abende verbrachte ich nur mit Rob. Unsere Liebe wuchs in dieser Zeit immer mehr. Und auch der Sex wurde von mal zu mal besser.

Das einzige was unser Glück überschattete war der verschwundene, wie vom Boden verschluckte Kollege Jan. Die Suche nach ihm war bisher erfolglos, aber das was die Kollegen im Revier verängstigte, war das Jan in psychologischer Behandlung stand und der Psychologe der ihn behandelte ihn als gefährlich einstufte.

Jan war nach dem was der Arzt feststellte, eine tickende Zeitbombe und sie tickte, dass sollte ich bald am eigenen Leibe erfahren. Es war Freitag und Rob hatte versprochen um Achtzehn Uhr bei mir zu sein. Ich war gerade dabei sein Lieblingsessen vorzubereiten als das Telefon anfing zu klingeln.

Ich ließ die Tomaten, die ich gerade in der Spüle abspülte, in diese fallen und lief zum Telefon. Ich nahm das Telefon in die Hand.

 

„Hallo wer will mich sprechen?“

 

Am anderen Ende meldete sich niemand, aber ich hörte deutliche Atemgeräusche im Hörer.

 

„Hallo was soll das… Wer ist da?“

 

Dann hörte ich nur noch, wie der Hörer auf der anderen Seite aufgelegt und die Verbindung unterbrochen wurde. Verwundert schaute ich auf den Telefonhörer und legte dann diesen wieder  auf die Ladestation.

Seltsam war der Anruf schon. Ich schüttelte verständnislos den Kopf und ging in die Küche zurück. Ich nahm eine der Tomaten und wollte gerade damit beginnen diese zu zerlegen, als es an der Wohnungstür klingelte.

Da ich Rob schon erwartete, rannte ich zur Haustür und riss diese freudestrahlend auf. Mein Lächeln gefror sofort, als ich in das Gesicht von Jan sah. Ich bemerkte nur einen Stich in meinem linken Unterarm, danach versank die Welt im Dunkeln.

 

*-*-*

 

Kay

 

Roy hatte aufgehört zu erzählen. Man sah ihm an, dass ihm schwer fiel, über das erlebte zu erzählen.

Er tat mir Leid und ich ahnte was kommen würde, spontan nahm ich Roy in meine Arme und drückte ihn an mich. Er fing in meinen Armen an zu zittern und seine Arme umschlossen spontan meinen Körper.

 

„Ist gut Junge, wenn es zu fiel ist für dich, darüber zu erzählen, dann vertagen wir das Ganze.“

 

„Nein, ich möchte dass sie mich verstehen und meine Geschichte kennen. Erst dann werden sie verstehen was Rob gedacht hat.“

 

Roy ließ mich zaghaft los und wischte sich dann die Tränen aus den Augen. Als ich kurz zu Mathilda sah, lächelte diese uns beiden zu.

 

„Bitte erzähl weiter Roy…“ Mathildas Stimme war leise und bittend.

 

Roy hatte sich ein Taschentuch aus seiner Hose geangelt und wischte sich damit die Nase ab.

 

*-*-*

 

ROY`s Erinnerung 4 Teil

 

Als ich zu mir kam, wusste ich nicht wo ich war. Es war dunkel und ich lag auf dem Boden. Das erste was ich bemerkte war das meine Hände und meine Füße gefesselt waren. Ich wollte um Hilfe schreien, doch auch das gelang nicht, da Klebeband auf meinem Mund geklebt war. Plötzlich hörte ich in meiner Nähe Schritte die immer näher kamen.

 

„Na mein bester wie geht’s dir??? Ach ja kannst ja nicht sprechen! Ist das Klebeband wohl schuld????“

 

Jans Stimme war eiskalt. Was wollte er von mir?

 

„Na Roy überlegst du gerade warum du hier bist? Na, streng dein Gehirn ein bisschen an, vielleicht kommst du drauf. Wenn nicht ist auch egal. Nein egal nicht, denn du sollst schön langsam abkratzen!“

 

Was sollte das denn. Jan war ich nie vorher begegnet, außer in unserem Revier. Ich starrte in die Dunkelheit und versuchte herauszubekommen woher Jans Stimme kam. Nach dem Echo das seine Stimme warf mussten wir in einem leeren Raum sein.

Ich zuckte erschrocken zusammen, als Jans Stimme wieder anfing zu mir zu sprechen.

 

„Ich habe dich mit diesen Jungen gesehen und weiß das du eine scheiß schwuchtel bist. Und Schwuchteln mein lieber sind abartig das hat mein Vater mir beigebracht. Weist du wie mein Bruder hieß? Na fällt dir sein Name ein? …Nein?“

 

Worauf wollte er hinaus? Ich verstand nicht worüber er sprach. Woher sollte ich den Namen seines Bruders kennen. Ich versuchte mich zu erinnern, aber da war nichts und dann ganz plötzlich wie ein Stromschlag durchzuckte es mich.

Bernd!

Ich sah ein lachendes Jungengesicht und hörte Bernds Stimme in meinen Erinnerungen.

 

‚Roy ich habe dich so vermisst…’

 

Tränen traten mir in die Augen, als ich an Bernd meine erste große Liebe dachte. Meine Gedanken rasten nur so. Bilder die ich tief in mir drin vergraben hatte, traten plötzlich mit einer Deutlichkeit vor mir auf und sie taten weh. Sehr weh.

Ich fing an zu schluchzen und die Tränen rannen mir die Wangen herunter. Ich begann zu frieren. Was hatte Jan mit Bernd zu tun?

 

„Na wie ich höre erinnerst du dich…  mmhhh es war lustig wie Bernd von der Brücke fiel. Na was sollte ich auch mit einem schwulen Bruder. Diese perverse Sau hatte es nicht verdient zu leben.“

 

Jans Stimme war noch kälter geworden.

 

„Weißt du wie er gebettelt hat um sein erbärmliches Leben und als er merkte das er keine Chance hatte… da hat dieser Perversling sich noch in die Hose gemacht. Und jetzt mein Lieber wird mit dir abgerechnet. Darauf habe ich die ganzen Jahre gewartet und jetzt geht mein Plan auf. Deine Familie hat erstaunlich schnell auf meine Briefe reagiert. Nur leider habe ich dich dann aus den Augen verloren. Warst zu schnell weg, bevor ich zugreifen konnte…. “

 

Wieder trat Stille ein und ich hörte wie Jan irgendetwas suchte, denn nach den Geräuschen zu urteilen suchte er seine Kleidung ab. Kurz darauf hörte ich ein klicken und dann kamen die Schritte näher. Ich fühlte etwas Kühles über meine Handgelenke streichen.

Bevor ich wusste was er da tat, traf mich ein stechender Schmerz der durch meinen ganzen Körper fuhr. Als der Schmerz nachließ, fühlte ich etwas Warmes an meinen Händen entlanglaufen.

 

„So ich wünsche dir noch viel Spaß beim krepieren.“

 

Ich hörte wie Jan kurz auflachte und dann entfernte er sich und seine Schritte wurden immer leiser. Eine Tür quietschte auf als diese geöffnet wurde. Kurz darauf schloss sie sich mit einem lauten Knall.

 

Jan war Bernds Bruder. Ich erinnerte mich noch an den Tag wo ich Bernd das letzte Mal sah. Wir hatten uns bei mir verabredet. Bernd und ich saßen uns gegenüber, aber irgendwie wirkte Bernd verängstigt.

Ich hatte ihn gefragt was los sei, weil er kaum ein Wort sagte. Aber er rückte nicht damit heraus. Kurze Zeit später verabschiedete er sich und rannte die Strasse zurück. Er sagte nur zu mir er müsse nach Hause, sonst bekäme er Ärger. Das einzige was er mir da lies war ein Brief, diesen sollte ich aber erst lesen wenn er weg wäre.

Der Brief war ein Abschiedsbrief von ihm. Er hatte darin Schluss gemacht mit mir und mich gebeten ihn nicht mehr anzusprechen. Eine Welt brach damals für mich zusammen. Danach habe ich nie wieder etwas von Bernd gehört.

Jetzt wusste ich warum. Bernd war Tod. Umgebracht durch die Hand seines eigenen Bruders. Verzweiflung machte sich in  mir breit. Ich wollte hier nicht so sterben und schon gar nicht Jan davonkommen lassen.

Bei meinen vergeblichen Versuchen die Fesseln von meinen Händen zu lösen, schnitten diese immer fester in meine Handgelenke. Dabei merkte ich das dadurch auch die Blutung zum stillstand kam.

Meine Handgelenke taten weh. Ich wimmerte auf vor Schmerzen und dann versuchte ich das Klebeband, durch reiben auf dem Boden, vom Mund zu bekommen. Nach endlosen Versuchen löste sich das Klebeband.

Dann fing ich an um Hilfe zu schreien. Ich weiß bis heute nicht wie lange ich da unten gelegen habe und geschrien habe. Aber irgendwann hörte ich Geräusche und die Tür wurde aufgetreten.

Ein Lichtstrahl blendete mich, der auf mich gerichtet wurde. Kurz darauf wurde mir schwarz vor den Augen. Als ich zu mir kam, lag ich in einem Krankenbett.

 

*-*-*

 

Mathilda

 

„Jetzt wird mir einiges klar. Rob war die letzten zwei Wochen so ruhig und sprach plötzlich nicht mehr. Es war wie vorher, bevor er dich kennen gelernt hatte.. Er wusste ja nicht was mit dir passiert war. Plötzlich warst du nicht mehr da. Er muss gedacht haben du wolltest von ihm nichts mehr wissen.“

 

Kay der immer noch neben Roy saß, schüttelte den Kopf.

 

„Was ist eigentlich aus Jan geworden? Hat man ihn gefasst?“

 

Roy nickte.

 

„Jan hatte mich in einem Mietshaus im Keller versteckt. Ein Mieter aus dem Haus hatte beobachtet wie Jan etwas Schweres in das Haus trug. Da er ihn nicht kannte ist der Mieter irgendwann doch runter und hat nachgesehen. Dabei ist er auch in den Keller gegangen und da hat er meine Schreie gehört. Die Frau des Mieters hatte sich die Autonummer aufgeschrieben, mit dem er vor dem Haus parkte. Die Polizei hat dann eine Großfahndung eingeleitet. Kurz darauf hatte man ihn. Jan setzte dann auf einer Bundesstrasse sein Auto gegen einen Baum. Er hat das nicht überlebt.”

 

„Was ich nicht verstehe ist, warum hat man seine Wohnung nicht durchsucht, nachdem er verschwunden war.” Kay sah fragend zu Roy.

 

„Ja das war das Schlimmste. Die auf dem Revier haben geschlampt, unter der Adresse die er angegeben hatte wohnte er gar nicht. Erst nachdem sie das Unfallfahrzeug von ihm durchsucht haben, fanden sie einen Wohnungsschlüssel. An diesem war ein Schlüsselanhänger dran mit seiner richtigen Adresse. Was sie dort gefunden haben weiß ich nicht. Jedenfalls wollen meine Kollegen mir darüber nichts erzählen. Wenn ich Frage, weichen alle aus. Mein Chef will mich morgen sprechen. Vielleicht erfahre ich dann mehr.”

 

Mir tat Roy immer mehr Leid, er musste viel durchgemacht haben und es taten sich immer mehr Fragen auf. Was hatte Jan Roys Eltern geschrieben und was wurde in der Wohnung gefunden. Ich sah die beiden lächelnd an und mit etwas Wehmut.

Ich hatte Roy schon jetzt sehr lieb gewonnen und ich begriff, dass Roy und auch Rob in diesen zwei Wochen gelitten haben mussten. Beide mit ihren Gedanken bei dem anderen. Der eine im Krankenhaus und ohne die Möglichkeit Rob anrufen zu können und Rob der dachte Roy hätte ihn fallen gelassen.

Wir schwiegen alle drei, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken. Ich dachte an meine Gefühle zu Kay und ich nahm mir vor, ihm diese zu gestehen. Mehr als mich aus seinem Leben rauswerfen konnte er nicht.

So in Gedanken versunken bemerkte ich nicht wie sich jemand neben mir hinsetzte. Erst als meine rechte Hand von zwei vertrauten Händen umfasst wurden, wurde ich aus diesen gerissen. Ich schaute auf und sah in Kays Augen. Kay sah mich merkwürdig intensiv an.

 

„Mathilda heute hat sich soviel ereignet und mir ist einiges klar geworden. Ich… ich habe nicht wahr haben wollen das….”

 

„Es ist gut Kay!  Ich habe auch so einiges zurückgehalten. Ich hätte es schon längst sagen sollen, was ich fühle! Ja Kay ich liebe Rob wie meinen Sohn und Dich…“

 

Ich seufzte und sah zu Roy der auf seinem Stuhl zusammengesunken saß und an seinem Atem erkannte ich, dass er eingeschlafen war. Sein linker Ärmel war hochgerutscht und ich sah den Verband an seinem Handgelenk.

 

„Mathilda wenn das alles überstanden ist, dann möchte ich so einiges ändern und das erste ist zu dir ehrlich zu sein.”

 

Mein Blick wanderte von Roy zu Kay und sah ihn fragend an. Was wollte er ändern?

Er merkte wohl, dass ich nicht wusste was er mir sagen wollte.

 

„Mmh, es ist nicht einfach sich einzugestehen das man jemanden liebt. Ich wollte nichts falsch machen, dachte Rob würde es nicht verstehen und mich hassen!”

 

„Warum sollte er dich hassen?”

 

„Wenn ich dir meine Liebe eingestanden hätte. Ich hab gedacht Rob würde es nicht zulassen! Ich weiß auch nicht, vielleicht hatte ich auch Angst wenn ich es dir sage, dass du uns dann verlässt.”

 

„Ohh Kay, wie lange habe ich darauf gewartet das du mir das endlich sagst. Es… es ging mir doch nicht anders und ich hätte euch nie verlassen. Dazu habe ich euch zwei zu sehr in mein Herz geschlossen…”

 

Tränen rannen meine Wangen hinunter. Kay stand auf ich sah verschwommen seine Silhouette, die kurz darauf vor mir kniete. Er nahm meine beiden Hände und dann hörte ich die Worte auf die ich mein ganzes Leben gewartet hatte.

 

„Mathilda ich Liebe Dich und ich möchte dich fragen willst du meine Frau werden?”

 

Ich konnte nur noch nicken und dann spürte ich zum ersten Mal seine Lippen auf meine. Es war der Moment in dem ich begriff, das dass Leben für mich mehr bereit hielt. Meine Lippen lösten sich von seinen und dann, dann sagte ich endlich das Wort was ich schon längst habe sagen wollen.

 

„Ja.. ja ja jaaaaa!”

 

*-*-*

 

Kay

 

Als ich Mathildas Antwort auf meine Frage hörte, war es für mich die Erlösung endlich anzufangen mit meinem Leben. Nein mit unserem Leben.

 

„Sobald Rob wieder gesund ist werden wir Heiraten.”

 

„Na das wird ja Zeit…”

 

Die Stimme klang müde und es war auch etwas genuschelt. Wir drehten uns beide um und sahen in Robs müde Augen. Er lag auf einem Krankenbett. Ein Arzt stand neben ihm und ein Krankenpfleger der mühsam sich ein Lachen verkniff, sahen uns an.

 

„Wie geht es dir Rob, mein kleiner Liebling?”

 

Mathilda war aufgestanden und nahm Robs Hand.

 

„Glaub ganz gut, na ja laut dem… Arzt dauert das wohl mit dem Bein …”

 

„Rob hat alles gut überstanden, nun muss er schlafen!”, sagte der Arzt.

 

„Roy es war kein Traum??? Roy….”

 

Rob sah auf Roy der in seinem Stuhl immer noch zusammengesunken saß und schlief.

Tränen schimmerten auf Robs Gesicht. Ich trat auf Rob zu.

 

„Ja mein Junge, er hat dich gerettet und er hat uns alles erzählt…”

 

“Ich dachte ich habe das geträumt…, Paps…”

 

Rob fing an zu weinen.

 

„Schhh… Junge er hat dich nicht verlassen und auch nie vergessen… Aber das wird er dir alles erzählen…”

 

„Paps ich… ich…”

 

„Ich weiß und ich liebe dich noch vielmehr…”

 

Ich beugte mich vor zu Rob und flüsterte ihm ins Ohr.

 

„Roy wird bei uns und bei dir leben. Ich werde alles wieder gut machen mein Sohn, für all die Jahre die ich nicht bei dir war.”

 

 

Robs Arme zogen mich zu ihm heran.

 

„Paps ich liebe dich!”

 

Vier Worte die mich in diesem Augenblick so glücklich machten.

 

„Und Paps versprich mir Mathilda nie…, nie wieder los zu lassen. Sie ist meine Mama die ich nie kennen lernen konnte.”

 

„Ja mein Junge das verspreche ich dir…”

 

„Entschuldigung aber er braucht jetzt wirklich Ruhe!”

 

Der Arzt sah mich ernst an. Ich nickte und sie schoben Rob den Flur weiter entlang.

 

„Komm Mathilda wir gehen erst einmal nach Hause und den da…”, ich grinste, „nehmen wir gleich mit. Aber erzähl ihm bloß nicht, dass Rob weiß das er hier war!”

 

„Warum?”, fragend sah Mathilda mich an.

 

„Das erzähle ich dir nachher zu Hause. Ach und noch etwas, nicht das du denkst das du weiter in deinem Zimmer schläfst…”

 

Ich sah Mathilda an und diese musste lächeln.

 

„Ich hab es gewusst du bist ein ganz schlimmer,  Mister Melbourgh!”

 

*-*-*

 

Mathilda

 

Ich sah Kay nochmals an und drehte mich dann zu dem schlafenden Roy. Vorsichtig schüttelte ich ihn an der Schulter. Roy wachte dadurch auf und sah mit müden Augen mich an.

 

„Bin wohl eingeschlafen…“, dabei fuhr er mit seiner rechten Hand durch seine Haare und gähnte.

 

„Komm Junge wir fahren nach Hause. Rob ist aus dem OP und schläft noch. Der Arzt war gerade hier.“

 

„Kann ich… kann ich nicht hierbleiben und warten bis er wach wird?“

 

„Nein Roy, komm los wir fahren jetzt und du kommst mit zu uns und schläfst dich ordentlich aus.“

 

Kays Stimme hörte sich nicht an, als ob er ein Nein akzeptierte und Roy schluckte nur.

 

„Ich kann doch zu mir nach Hause gehen..“

 

„Nein kannst du nicht und mal ganz ehrlich so gesund siehst du noch nicht aus. Ich möchte, dass du bei uns übernachtest und morgen sprechen wir dann, wie es weiter geht.“

 

Roy sah verständnislos erst auf Kay und dann zu mir. Ich nickte nur bejahend und zog Roy von seinem Stuhl hoch. Gemeinsam machten wir uns auf den Heimweg. Roy schlief im Wagen wieder ein und ich drückte sacht Kays Hand und lächelte ihm zu.

 

„Es war richtig Roy mitzunehmen. Ich werde  Roy morgen zum Revier begleiten. Vielleicht bekomme ich da etwas heraus über Roy und diesem Jan.“

 

„Mach das mein Engel. Ich werde mich um seine Eltern kümmern und diese kontaktieren. Mal hören was die zu sagen haben.“

 

*-*-*

 

Roy

 

In meinem Traum sah ich wieder und wieder wie Rob von der Brücke stürzte. Schweißnass wachte ich auf. Ich lag in einem Bett, dass aber definitiv nicht meines war. Ich blickte mich um, aber außer dem Bett einen Schrank und einem Nachttisch war nichts weiter in dem Raum.

Wo war ich bloß? Bis mir einfiel das ja Kay und Mathilda mich zu sich nach Hause genommen hatten. Also musste ich wohl bei der Herfahrt eingeschlafen sein. Aber wie kam ich bloß in dieses Bett und ich sah erschrocken unter die Bettdecke und atmete auf.

Meine Unterwäsche hatte ich noch an. Vorsichtig schlug ich die Bettdecke zurück und stand auf. Langsam ging ich zur Tür und öffnete diese. Die Tür führte auf einen großen Flur von dem einige Türen abgingen.

Von irgendwo drang Musik an mein Ohr und ich überlegte schon dem nachzugehen, aber dann viel mir ja ein das ich außer meiner Unterwäsche nichts anhatte.

 

„Guten Morgen Roy…“, kam es in dem Augenblick vom Ende des Flures her und ich erkannte Mathilda.

 

Sie lief den Flur zu mir entlang. Kaum angekommen, grinste sie mich breit an und drückte mich an sich.

 

„Na wie ich sehe bist du wach. Das Bad ist gleich neben deinem Zimmer und ich habe dir von Rob ein paar Sachen hingelegt. Wenn du fertig bist, dann einfach die Treppe runter und der Musik folgen, da ist dann die Küche und es erwartet dich ein Frühstück mit mir.“

 

Mathilda schob mich dabei zur Tür auf der auch in großen Buchstaben Bad drauf stand.

Kaum war ich im Bad, wurde auch schon die Tür geschlossen. Ich sah mich erst einmal im Bad um.

Super Dusche war schon mal vorhanden und auch eine Toilette, die ich dann auch erst einmal benutzte. Nachdem ich damit fertig war, zog ich mich ganz aus. Mathilda hatte mir zwei lange Einweghandschuhe hingelegt die ich über meine Hände zog und dann über die beiden Verbände an meinen Handgelenken.

Somit gut ausgerüstet, ging ich unter die Dusche. Es war herrlich und ich musste beim duschen an Rob und mich denken, wie wir gemeinsam geduscht hatten. In meiner unteren Leistengegend schienen die Erinnerungen, das gleiche zu bewirken denn es regte sich etwas sehr schnell.

Schnell schaltete ich die Brause auf kalt und schon war alles wieder in bester Ordnung.

Nachdem ich fertig war suchte ich die Sachen die mir Mathilda hingelegt hatte. Diese lagen auf einem Badezimmerschränkchen.

Ich zog diese an und dann kämmte ich meine Haare. Ich sah mich im Spiegel an, tiefe Augenringe lagen unter meinen Augen und ich sah immer noch etwas müde aus. Was soll`s, dachte ich und verließ das Bad.

Ich folgte dann dem Flur in die Richtung in die vorhin Mathilda entlanglief. An der Treppe angekommen hörte ich von unten Musik und Mathildas Stimme, die zu der Musik mitsummte.

Ich folgte den Geräuschen die Treppe hinunter. Vor mir erstreckte sich wieder ein Flur, am hinteren Ende war eine Tür auf aus der die Musik deutlich zu hören war. Dann sah ich Mathilda wie sie gerade an der Tür vorbeilief und mit irgendetwas beschäftigt war.

Ich ging zu der offenen Tür dabei sah ich mir die Bilder an den Wänden an. Fast alle waren von Rob, Mathilda und Kay. Ein einziges war in dem Flur von einer Frau die ich nicht kannte. Sie hatte blondes Haar und genau die gleichen grünen Augen wie Rob.

Die Ähnlichkeit zwischen ihr und Rob waren frappierend. Es konnte sich nur um seine Mutter handeln. Auf dem Bild war sie schwanger, denn sie hielt ihre Hände auf einem in meinen Augen riesigen Bauch. Sie lächelte und doch war sie im Gesicht leichenblass.

 

„Nun komm schon das Frühstück isst sich nicht von allein“, klang Mathildas Stimme aus der Küche.

 

Daraufhin lief ich zu der Küche und stand dann in dieser. Die Küche war riesig. Die gesamte rechte Seite der Küche war mit Einbauschränken versehen. In der Mitte des Raumes stand ein Herd mit Arbeitsplatte.

Geradezu stand an der Wand ein riesiger Kühlschrank. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Der musste vom Inhalt geschätzt, Lebensmittel aufnehmen die ich in einem Jahr nicht mal verputzen konnte. Auf der linken Seite saß Mathilda an einem langen Esstisch und lächelte mich an.

 

„Nun komm Roy und setz dich. Du hast heute noch einen Termin!“

 

Ach ja der Termin bei meinem Chef. Ich sollte ja heute zu ihm kommen. Da ich noch krankgeschrieben war und auch die nächsten drei Wochen laut Arzt zu Hause bleiben sollte, hatte mich Thomas angerufen und mir den Termin durchgegeben.

 

„Ich komme mit Roy! Aber nur wenn du es möchtest.“

 

„Man das wäre echt nett. Mathilda noch eine Frage wie bin ich denn in das Bett gekommen. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, außer das wir zuletzt im Krankenhaus waren und dann zusammen zu euch gefahren sind.“

 

Mathilda lachte auf.

 

„Frag Kay er hat heute früh über Muskelkater geklagt…“

 

Wir lachten daraufhin gemeinsam, dann fiel mir das Gespräch wieder ein von gestern und das heute ja mein Chef mit mir reden wollte. Ich hörte abrupt auf zu lachen und sah in meine Kaffeetasse, die mir Mathilda rübergeschoben hatte.

 

„Roy es wird schon und danach gehen wir zu Rob. Mal sehen wie es ihm geht.“

 

„Wird er überhaupt mit mir sprechen wollen? Ich habe ihn nicht im Stich gelassen…“, wieder liefen Tränen der Verzweiflung meine Wangen runter.

 

„Junge wenn wir es verstanden haben, dann wird Rob es auch verstehen. Zum anderen möchte Kay, dass wir heute Abend zusammen  Essen gehen. Er möchte dir etwas vorschlagen.“

 

Ich verstand gar nichts mehr. Meine Gedanken wirbelten nur so herum.

 

„Mathilda es tut mir Leid, aber ich möchte euch nicht weiter belasten. Rob wird gesund das ist das Wichtigste. Ich gehöre nicht hierher…“

 

Mathilda rutschte mit ihrem Stuhl neben meinem Stuhl und zog mich an sich.

 

„Du gehörst zu Rob. Eines weiß ich. wenn wir zulassen, dass du jetzt gehst, wird Rob mit uns nie mehr reden. Zum anderen haben Kay und ich dich genauso gerne und deshalb heute auch das Essen. Wir wollen mit dir darüber sprechen wie es weiter gehen soll.“

 

*-*-*

 

Mathilda

 

So schwer hatte ich es mir nicht vorgestellt. Roy blockte plötzlich, als ob er Angst hatte das wir ihn fallen lassen würden. Ich verstand ihn ja, erst von seinen Eltern auf die Strasse geworfen und dann die letzten Jahre zurückgezogen ohne Freunde gelebt zu haben. Obwohl er hatte doch davon gesprochen das ihm Freunde geholfen hatten.

 

„Roy ich habe da mal eine Frage…“

 

Roy sah mich mit Tränen in den Augen an.

 

„Du hattest gestern doch erzählt, dass dich nachdem deine Eltern rausgeworfen hatten, Freunde aufgenommen hatten. Was ist eigentlich aus denen geworden?“

 

„Es war ein Freund der mir geholfen hat, aber der ist nach England gezogen um dort zu studieren. Er hatte mich auch nur für eine Woche aufgenommen, danach hatte ich eine Wohnung gefunden.“

 

„Wie hast du eigentlich das Ganze bezahlt. Ich meine du warst doch bestimmt in der Ausbildung?“

 

„Ich war beim Jugendamt, die haben mir geholfen in der Zeit der Ausbildung alles zu bezahlen. Da meine Eltern auf die Anschreiben von denen nicht reagierten, haben sie das Kindergeld und was mir noch zustand erstmal vorgeschossen.“

 

Ich verstand so langsam, Roy war die ganze Zeit auf sich allein gestellt, er hatte einfach verlernt Menschen wieder zu vertrauen. Rob war der erste den er wieder an sich heran ließ. Ich blickte ihn an und sah in Gedanken wie Roy seine Mauer wieder versuchte aufzubauen. Aber das durfte ich nicht zulassen. Ich sah zur Uhr. Es war nach zehn Uhr also mussten wir so langsam los. Der Termin bei Roys Chef war um elf Uhr.

 

„Roy wir müssen langsam los.“

 

Roy blickte von seiner Tasse auf und sah auch zur Uhr. Seufzend stand er auf.

 

*-*-*

 

Kay

 

Ich war in meinem Büro und dachte an die vergangene Nacht mit Mathilda. Wir hatten uns das erste Mal geliebt und es war unbeschreiblich. Die Gefühle die wir für einander die ganze Zeit schon gehegt hatten, lebten wir in dieser ersten Nacht aus.

Ich musste lächeln als ich an das Gesicht meiner Sekretärin dachte, die im Vorraum saß, als ich heute früh in mein Büro ging. Ich musste wohl einen Gesichtsausdruck gehabt haben, den sie bei mir nicht kannte.

Als erstes erledigte ich dringende Telefonanrufe mit meinen Vertragspartnern und jetzt musste ich los, denn ich wollte zu Rob um mit ihm zu sprechen. Ja Roy war jetzt ein wichtiges Thema, das mit Rob geklärt werden musste.

Zum anderen musste ich auch mit Rob über die anstehende Hochzeit von Mathilda und mir reden.

Ich stand auf und ging zur Garderobe um meinen Mantel anzuziehen, als die Bürotür aufging und Frau Munch meine Sekretärin eintrat.

 

„Entschuldigung Herr Melbourgh sie haben Besuch. Ein Herr Smith von der Polizei möchte sie sprechen.“

 

„Schicken sie ihn herein Frau Munch und bringen sie uns Kaffee.“

 

Ich hängte meinen Mantel wieder an und wartete darauf, dass Herr Smith eintrat. Es dauerte auch nicht lange und er stand im Zimmer.

 

„Hallo Herr Melbourgh entschuldigen sie die Störung, aber ich muss mit Ihnen reden. Hätten sie für mich kurz Zeit?“

 

„Natürlich Herr Smith. Kommen sie setzen wir uns dort hin.“

 

Dabei zeigte ich auf eine Sitzgruppe die sich in meinem Zimmer befand. Wir setzten uns und Herr Smith sah sich interessiert um.

 

„So ein Büro hätte ich auch gern, aber sie wissen ja die öffentlichen Kassen haben kein Geld für so etwas.“

 

„Warum wollten sie mich sprechen Herr Smith. Ich weiß wer sie sind und bevor sie fragen woher, Herr Baker hat uns von ihnen erzählt.“

 

Herr Smith starrte mich kurz an.

 

Na gut dann kennen sie ja Herrn Baker. Er hatte es nicht leicht in letzter Zeit. Darüber werden sie ja dann auch informiert sein?“

 

Ich nickte.

 

„Er hat davon gesprochen. Warum sind sie eigentlich hier?“

 

„Ich weiß dass Herr Baker mit ihrem Sohn befreundet ist, wenn sie wissen wie ich meine!“

 

Ich sah diesen Herrn Smith genau an. Was wollte er jetzt sagen mit sie wissen wie ich meine?

 

„Entschuldigung, aber was geht sie die Freundschaft zwischen meinem Sohn und Roy an?“

 

„Gar nichts, aber aufgrund das wir Herrn Baker sein privat Leben nach der Sache die ihm passiert ist genauer untersuchten, stießen wir dabei auf ihren Sohn. Ich bin eigentlich hier um sie um etwas zu bitten und nicht um jemanden zu verurteilen.“

 

Das Gespräch schien interessant zu werden.

 

„Um was für eine Bitte handelt es sich?“

 

„Sie wissen, dass ich heute mit Herrn Baker einen Termin habe?“

 

Ich nickte bejahend, worauf wollte er hinaus?

 

„Für Herrn Baker wird dieses Gespräch und was ich ihm zu sagen habe, nicht leicht sein. Ich bitte sie daher um ihre Hilfe. Wir haben herausgefunden, dass Herr Baker ähm… Roy sein erster Freund, der Bruder von Jan war und das Jan diesen umgebracht hat. Das schlimme daran ist das er Fotos danach von seinem Bruder gemacht hat, nachdem er abgestürzt war. Die Ermittlungsakte von damals gibt nicht viel her, man ging von Selbstmord aus. Das es sich um Mord handelte, darauf hatten die Spuren keinen Hinweis geliefert. Das ist das erste, des Weiteren haben wir Jans Tagebuch gefunden, in dem dieser seine krankhaften Fantasien eingetragen hat. Demnach hatte er etwas damit zu tun das Roy´s Eltern Roy aus dem Haus geworfen haben. Er hat wohl diesen anonym Briefe zukommen lassen, in denen er Roy als Kinderschänder anprangerte. Die Briefe hatten ja letztendlich wohl Erfolg.“

 

Das stand also in den Briefen drin über die Jan gegenüber Roy gesprochen hatte. Smith sah mich an.

 

„Roy wird wieder an alles erinnert werden und er benötigt jemanden der ihn auffängt und soviel ich weiß ist er zurzeit bei Ihnen zu Hause. Es liegt mir viel an diesem jungen Mann, er ist im Revier beliebt und macht seinen Job sehr gut. Meine Angst ist das er seelisch nicht mit dem Ganzen klar kommt.“

 

„Ja das ist unsere Befürchtung auch daher kommt Mathilda mit um ihm sozusagen den Rücken zu stärken. Zum anderen wird er erst einmal ob er will oder nicht bei uns wohnen.“

Erleichtert lächelte mich Smith an.

 

„Dann bin ich eine Sorge erst einmal los. Unter uns ich habe mich mit den Eltern von Roy in Verbindung gesetzt. Wir hatten ein sehr intensives Gespräch über Roy und als diese erfahren hatten, dass die Briefe ein einziger Schwindel waren, haben sie es bereut Roy auf die Strasse geworfen zu haben. Sie wollten wissen wo er wohnt, aber ich konnte die Information nicht an sie geben. Das soll Roy dann selbst mit sich ausmachen.“

 

„Mhh das mit den Eltern von Roy lassen sie meine Sorge sein. Bitte sagen sie Roy nicht, dass seine Eltern davon wissen.“

 

Bittend sah ich ihn an.

 

„Wenn sie meinen. Aber irgendwann wird es ja doch dazu kommen das sie sich über den Weg laufen.“

 

„Ich weiß und ich lass mir etwas einfallen. Könnten sie mir die Adresse von Roy´s Eltern geben?“

 

Smith nahm sein Notizbuch aus der Tasche und riss eine Seite heraus. Darauf schrieb er dann die Adresse auf und gab sie mir.

 

„Ich muss los Herr Melbourgh. Wenn irgendetwas sein sollte hier meine Telefonnummer. Sie können mich auch privat jederzeit anrufen, wen sie Hilfe brauchen.“

 

Er reichte mir eine Visitenkarte, die ich entgegennahm und stand auf. Ich stand auch auf und führte ihn zur Tür. Wir beide reichten uns die Hände.

 

„Passen sie auf Roy auf bitte.“

 

Nachdem Herr Smith verschwunden war, stand ich immer noch grübelnd da. Warum machte sich Roy´s Chef so viel Sorgen um ihn? Vielleicht war es auch so auf einem Polizeirevier, das die Kollegen gegenseitig auf den anderen aufpassten. Nun musste ich aber los zu Rob.

 

*-*-*

 

Roy

 

Ich trat mit Mathilda in das Büro meines Chefs. Dieser saß an seinem Schreibtisch und sah mich ernst an. Herr Smith stand auf und ging um seinen Schreibtisch herum und begrüßte uns.

Mathilda stellte sich im vor und dann bat er uns Platz zu nehmen.

Nachdem wir an seinem Schreibtisch saßen, setzte er sich wieder auf seinen Stuhl und klappte eine Akte auf, die vor ihm lag.

 

„Da dieses Gespräch sehr persönlich ist, möchte ich erst einmal das DU anbieten.“

 

Ich nickte nur verstehend.

 

„Mathilda und wie lautet ihr Vorname?“

 

„Jochen… Bevor ich anfange eine Frage in welcher Rolle ist Mathilda hier Roy?“

 

„Als meine Freundin und Vertraute, da ich sonst niemanden habe.“

 

„Ich weiß Roy und es tut mir auch Leid.“

 

Ich sah kurz zu meinem Chef und dann auf Mathilda die mich aufmunternd ansah.

 

„Roy warum du hier bist ist Folgendes, wir haben Jans Wohnung durchsucht. Dabei haben wir einige nicht erfreuliche Entdeckungen gemacht.“

 

Jochen reicht mir einen Stapel Bilder über den Tisch.

 

„Schau dir die Bilder an, wir haben Zeit.“

 

Ich begann die Bilder mir anzusehen. Die ersten zeigten den Flur einer Wohnung und die Küche. Es war nichts Besonderes darauf zu sehen. Dann kamen Bilder die eindeutig in einem Wohnzimmer gemacht waren. Eines der Bilder erzeugte bei mir eine Gänsehaut. Auf diesem Bild war die  eine der Wände des Wohnzimmers fotografiert worden. An dieser Wand waren Bilder von Personen angebracht. Erkennen konnte ich davon keines da das Bild die gesamte Wand zeigte. Danach kamen einige Bilder auf denen dann vom nahen die Bilder einzeln fotografiert waren.

Ich sah auf diesen Bilder von mir unbekannte männliche Jugendliche. Dann kam eines das mir den Atem verschlug. Rob war darauf zu sehen. Links unten war ein Zettel an das Bild angebracht. `Tod durch ertrinken` stand dort drauf.

 

Ich sah erschrocken zu Jochen.

 

„Wollte er Rob etwas antun?“

„Wir glauben ja. Von den fünf Bildern die du vorher gesehen hast, konnten wir drei Personen identifizieren. Sie sind alle Tod. Bis jetzt galt für diese Tod durch Unfall. Aber jetzt ist uns klar, dass es keine Unfälle waren.“

 

Ich legte Rob`s Bild beiseite und dann sah ich das Gesicht eines Jungen auf dem nächsten Foto und meine Augen füllten sich mit Tränen.

 

„Bennie …..“

 

„Das ist Jans Bruder auch durch einen Unfall ums Leben gekommen.“

 

„Nein Jan hat es mir in der Nacht wo er mich entführt hatte gesagt. Er hat ihn von einer Brücke gestoßen….“

 

Ich schluchzte und Mathilda nahm mich in den Arm.

 

„Wenn es hilft erzähl uns von ihm….“

 

Mathilda drückte mich auffordernd.

 

*-*-*

 

Roys Erinnerung Teil 5

 

Bennie wenn ich heute an ihn zurückdenke, dann nur mit Liebe. Bennie hieß eigentlich Bernd, aber ich nannte ihn nur Bennie. Wir hatten uns im Park kennengelernt. Dort war ich oft, wenn zu Hause mal wieder dicke Luft war.

Bennie war wie mein zweites ich, immer wenn ich an etwas dachte, dachte er das gleiche und wir mussten oft darüber lachen. Eines Abends meine Eltern hatten mich mal wieder fertig gemacht wegen einer schlechten Zensur in Mathe, saßen wir im Park sehr lange auf dem Rasen und unterhielten uns.

 

„Roy sag mal hast du schon mal daran gedacht einen Jungen zu küssen?“

 

„Nee Bennie das ist doch abartig…“

 

„Entschuldige meine blöde Frage…“

 

„Warum blöd? Du kannst mich alles fragen. Aber wenn ich ehrlich bin, das sagen die Blödmänner in meiner Schule.“

 

„Was?“

 

„Na das dass abartig ist und das die nicht ganz richtig im Kopf ticken..“

 

„Find ich nicht!“

 

„Wie findest du nicht?“

 

„Na das dass abartig ist. Wenn eben zwei sich lieben, ob nun Junge und Mädchen, oder Mädchen und Mädchen, oder Junge und Junge. Was soll daran schlimm sein. Ich meine na ja die können doch auch glücklich dabei sein.“

 

Ich fing an zu grübeln. Komisch, irgendwie hatte Bennie recht, denn ich hatte ja Bennie auch ganz doll lieb. Na ja bis jetzt dachte ich das ist so bei einer Freundschaft.

 

„Roy ?“

 

„Entschuldige ich habe gerade nachgedacht. Mhhh ja du hast recht was ist dabei, wenn die sich lieben. Wenn ich so darüber nachdenke ist es gar nicht so abartig sondern irgendwie schön.“

 

Plötzlich spürte ich zwei Lippen auf meiner Wange, aber ehe ich reagieren konnte waren diese auch schon weg.

 

„Was machst du da?“ fragte ich.

 

„Ich wollte mal sehen wie es ist einen Jungen zu küssen.“

 

„Das war doch kein richtiger Kuss, Menno Bennie…So macht man das!“

 

Ich wandte mich zu Bennie der mich wie erstarrt anstarrte und dann trafen sich unsere Lippen. Es war herrlich. Bennies Lippen schmeckten nach Honig und ich wollte plötzlich mehr. Auch Bennie schien es zu gefallen, denn er öffnete seinen Mund und ganz plötzlich spürte ich seine Zunge an meinen Lippen, die um Einlass bat. Ich öffnete langsam meinen Mund und dann ganz plötzlich trafen sich unsere Zungen. Ich weiß nicht wie lange wir uns geküsst hatten, aber mir wurde klar das ich mehr für Bennie empfand als nur Freundschaft.

Als wir uns dann zaghaft voneinander getrennt hatten, war es für eine ganze Weile ruhig. Keiner sprach von uns ein Wort. Seltsam wenn ich heute daran denke, war es fast als wenn wir Angst hatten das unsere Freundschaft jetzt an dieser Stelle ein Ende finden würde.

Bennie durchbrach als erster die Stille.

 

„Es war schön und ich weiß jetzt auch warum ich mich in deiner Nähe so wohl fühle. Weil da mehr ist als nur Freundschaft…“

 

Bennies Worte drückten genau das aus was auch ich empfand. Wie sollte ich in Worte fassen, was gerade in mir drin abging. Meine Gedanken schwirrten nur so im Kopf herum. Mir wurde plötzlich klar, warum ich mich so sehr zu Bennie hingezogen fühlte. Diese Gefühle hatten mich immer verunsichert wenn ich an Bennie dachte, oder wir zusammen waren. Und jetzt der Kuss.

 

„Bennie was passiert mit uns. Ich fand es schön sehr schön… diesen Kuss..“

 

„Ich habe davon gelesen…..  na von zwei Jungen die sich lieben, das war vor zwei Wochen und da war mir klar, das ich dich ganz doll mag…. „

 

Ich sah zu Bennie der mich auch ansah. Aber diesmal war sein Blick anders. Mir wurde bewusst, dass der Kuss vieles zwischen uns geändert hatte. Das wir uns geändert hatten.

 

„Ich weiß seitdem das ich dich Liebe!“ Bennie sprach den Satz leise aus, als ob er zu sich selber sprach und ich nahm allen Mut zusammen und antwortete ihm.

 

„Bennie ich mag dich genauso.. Mehr als ich je geahnt habe.“

 

Ich hob meine Hand und streichelte zärtlich über Bennies Wange. An diesem Abend haben wir uns unsere Liebe eingestanden und auch ein Teil von uns kennengelernt den wir noch nicht kannten.

Die nächsten Wochen waren für uns die schönsten die es je gegeben hat. Jeder für sich erkannte in diesen Wochen das wir nicht auf Mädchen standen sondern auf Jungs. Ich lernte mich von einer ganz neuen Seite kennen und erkannte erst jetzt warum ich die letzten zwei Jahre so unglücklich war. Bennie eröffnete mir eine neue Welt und ich las auch das Buch, dass Bennie an dem Abend erwähnte. Das Buch war schön und traurig, aber es gab ein positives Ende, denn die beiden Jungen fanden zueinander.

Ich weiß nicht mehr wann es anfing, dass Bennie trauriger wurde und auch immer ruhiger. Aber irgendwann fiel es mir auf und ich fragte ihn was los sei. Bennie wollte es mir aber nicht sagen. Er meinte es wäre nichts und ich würde mir das nur einbilden. Dann kam der Tag an dem ich Bennie das letzte mal sah und ich seinen Brief las, in dem er mit mir Schluss machte. Warum stand in diesem Brief nicht, daher fühlte ich mich tief verletzt und die nächsten Wochen und Monate waren für mich die Hölle. Ich schloss die Schule ab und bewarb mich bei der Polizei und kurz darauf warfen mich meine Eltern aus dem Haus. Irgendwoher mussten sie von meiner Neigung erfahren haben, denn mein Vater sagte dass er mit einem Kinderschänder und Schwulen nichts zu tun haben wolle.

 

*-*-*

 

Roy

 

An dieser Stelle hörte ich auf zu erzählen. Die Erinnerungen an Bennie waren schon schlimm genug, aber zu wissen das er kurz nach unserer Trennung umgebracht wurde von seinem eigenen Bruder, das war dass schlimmste an der Geschichte. Jochen zog ein Buch aus einer der Schubladen seines Schreibtisches und legte es vor mich hin. Ich erkannte das Buch, in diesem hatte Bennie oft geschrieben. Immer wenn ich fragte was er denn da eigentlich hinein schrieb, sagte er, wenn er fertig wäre dann bekäme ich es zu lesen. Wieder sah ich sein Gesicht vor mir, seine klugen braunen Augen, seinen Schmollmund den er immer aufsetzte wenn ich ihn geärgert hatte. Ich hörte sein Lachen, das mich immer daran erinnerte, dass ein Teil von ihm bei mir geblieben war.

Jetzt lag sein Buch vor mir. Es war ein kleines Tagebuch, das man in jedem Schreibwarenladen bekam. Ich schlug es vorsichtig auf und erkannte seine Handschrift. Er hatte eine Vorliebe an jedem Anfangsbuchstaben einen Schnörkel ranzuhängen.

Und da stand in seiner ordentlichen Handschrift:

 

Für meinen Schatz Roy, damit er mich nie vergisst!!!!

Ich Liebe Dich  Dein Bennie

 

Tränen tropften auf das geöffnete Tagebuch und hinterließen nasse Spuren auf dem Papier.

 

*-*-*

 

Mathilda

 

Was musste Roy durchgemacht haben. Ich sah zu seinem Chef, selbst er sah ergriffen aus.

 

„Roy es tut mir Leid…“, kam es von Jochen. Roy saß zusammengesunken auf seinem Stuhl und weinte.

 

Er tat mir unendlich Leid.

 

„Jochen ich werde jetzt erst einmal mit Roy nach Hause fahren. Könnten Sie heute Abend eventuell bei uns vorbei kommen? Dann könnten wir nochmals in Ruhe miteinander reden.“

 

„Ich werde um zwanzig Uhr bei Ihnen sein. Macht es etwas aus, wenn ich meine Frau mitbringe? Sie kennt die Geschichte.“

 

„Machen Sie das.“

 

Ich stand auf.

 

„Roy komm wir fahren zu Dir und packen ein paar Sachen von dir zusammen und fahren dann erst einmal zu uns.“

 

Roy stand wortlos auf. Das Tagebuch hielt er in der Hand.

 

„Bis heute Abend Jochen.“

 

Ich nahm Roy bei der Hand, was dieser wortlos hinnahm und wir gingen zusammen aus dem Raum. Wir gingen durch das Polizeirevier. Roy´s Kollegen standen im Gang und sahen diesen mitleidig an.

Keiner sagte ein Wort, aber man sah ihnen an das sie wussten worüber im Büro von Jochen gesprochen wurde. Ein Kollege löste sich aus der Gruppe und kam auf uns zu. Kurzerhand drückte er Roy an sich.

 

„Es tut uns allen Leid was du alles durchgemacht hast und wir stehen zu dir.“

 

Ich sah in das Gesicht des Mannes, der Roy in die Arme genommen hatte und er sah mich über Roys Schulter direkt an.  Er hatte Tränen in seinen Augen und ich sah da noch mehr. Ein Wissen um das was Roy verloren hatte und auch warum Roy seine Gefühle versteckt hatte. Ich sah soviel in seinen Augen. Da war soviel Liebe und Zärtlichkeit und Kraft. Er löste sich von ihm vorsichtig und Roy fing an zu schluchzen. Ich ging langsam auf die beiden zu und nahm zaghaft Roys Hand.

Ich sah kurz nochmals zu dem Mann und dieser sagte leise zu mir.

 

„Passen Sie auf ihn auf!”

 

Ich nickte und zog Roy weiter und kurz danach waren wir an meinem Auto. Roy stieg in das Auto ein und ich auch. Wir fuhren zu seiner Wohnung. Nachdem wir in der Wohnung von Roy waren, sah ich mich erst einmal in dieser um.

Roy selbst ging wortlos den Flur entlang. Ich ging ihm nach und stand kurz darauf in einer kleinen Küche.

 

„Möchtest du einen Kaffee oder einen Tee? Hab aber nur Kamillentee..“

 

Es waren Roy´s erste Worte, nachdem wir aus dem Büro von Jochen gekommen waren.

 

„Ich nehme einen Kaffee..“

 

Er füllte eine Kaffeemaschine die auf einem kleinen Tisch stand mit Wasser und holte aus einem der Schränke eine Filtertüte und eine Kaffeedose heraus. Nachdem er fertig war stellte er die Kaffeemaschine an und sah dann zu mir.

 

„Entschuldige bitte aber es war vorhin zu viel für mich.“

 

„Du musst dich nicht entschuldigen. Ich verstehe dich und mir wird langsam klar, was du eigentlich durchgemacht hast.“

 

Ja verstehen war der erste Schritt in die richtige Richtung. Roy hatte alles verloren. Bennie, seine Eltern, seine Freunde und sich selbst. Er hatte gelernt sich hinter einer Maske zu verstecken und sich selber verleugnet.

Ich sah Roy in die Augen, dort sah ich unendliche Traurigkeit. Ich ging auf ihn zu und nahm ihn in meine Arme. Er ließ es geschehen, ohne sich zu wehren.

Wie lange wir dort standen kann ich nicht sagen, aber ich merkte, dass es Roy gut tat. Worte waren hier fehl am Platz, daher schwiegen wir beide und ich sah aus dem Fenster und sah die ersten Schneeflocken fallen.

 

*-*-*

 

Kay

 

Ich war im Krankenhaus angekommen und saß jetzt am Bett meines Sohnes der mich fragend ansah.

 

„Wo ist Roy?”

 

„Rob Mathilda ist bei ihm er musste zu seinem Chef. Es ist alles sehr kompliziert. Ich glaube es ist besser wenn Roy dir alles erzählt.”

 

„Ich verstehe überhaupt nichts. Ich dachte er wollte nichts mehr von mir wissen. Er hat sich nicht gemeldet.”

 

„Oh Junge glaub mir du wirst alles verstehen.”

 

Ich sah meinen Sohn an und musste feststellen, dass er kein kleiner Junge mehr war, sondern ein fast erwachsener Mann. Was hatte ich nur versäumt. Ich konnte die Jahre nicht zurückholen.

Rob sah mich direkt an, als ob er meine Gedanken gehört hatte.

 

„Paps lass uns nach vorne blicken. Ich hab dich so lieb.”

 

Ich nickte nur, zu mehr war ich nicht in der Lage.

 

„Rob ich weiß um dich und Roy…”

 

Robs Gesicht wurde blass und er sah mich ängstlich an.

 

„…und ich Liebe dich so wie du bist. Mathilda und ich möchten gerne das Roy zu dir zieht in unser Haus. Wenn du es denn auch willst?”

 

„Ich weiß nicht. Was ist wenn er mich gar nicht liebt?”

 

Nun war es doch Zeit, Rob Roys Geschichte zu erzählen und ich fing an diese zu erzählen.

 

*-*-*

 

Roy

 

Mathilda und ich waren schließlich am Krankenhaus angekommen. Nachdem wir bei mir zu Hause meine Sachen eingepackt hatten. Mathilda tat mir gut, wir hatten bei einer Tasse Kaffee dann über vieles gesprochen.

Über mein Leben und auch über Rob. Nun standen wir vor dem Krankenhaus und ich bekam es mit der Angst zu tun. Was wenn Rob mich nicht mehr wollte? Als ob Mathilda meine Angst spürte, nahm sie mich in die Arme und dann zog sie mich unaufhaltsam zum Eingang und kurz darauf standen wir vor einer Tür.

Mathilda klopfte kurz an diese und öffnete dann die Tür. Zuerst sah ich Robs Vater der auf einem Stuhl saß und mit jemanden sprach. Als die Tür weiter aufging, sah ich Rob der seinen Vater ansah und Tränen in den Augen hatte.

Mathilda schob mich dann in den Raum und dann stand ich vor dem Bett in dem Rob lag. Kay hatte aufgehört zu erzählen und war aufgestanden.

 

„Komm Mathilda lassen wir die beiden alleine. Ich brauche jetzt einen Kaffee.”

 

Ich stand immer noch vor dem Bett. Kay und Mathilda waren aus dem Zimmer verschwunden. Rob sah mich an.

 

„Willst du dich nicht zu mir setzen?”

 

Es waren die ersten Worte die ich von Rob nach einer gefühlten Ewigkeit vernahm. Langsam setzte ich mich in Bewegung und setzte mich auf den Stuhl, auf dem vorher Kay gesessen hatte.

Ich sah zu Boden nachdem ich mich gesetzt hatte. Ängstlich wartete ich ab.

 

„Roy?”

 

Ich hob vorsichtig meinen Kopf. Unsere Blicke trafen sich und ich sah in Robs Augen. Er sah mich an und seine Augen strahlten so viel Liebe aus.

 

„Rob es tut mir so Leid…”

 

„Nein Roy es tut mir leid. Ich war es der zweifelte…”

 

Verwundert schaute ich Rob an.

 

“Dad hat mir deine Geschichte erzählt. Es tut mir Leid wegen Bennie.”

 

“Oh…”, war alles was über meine Lippen kam.

 

“Setz dich bitte zu mir …”

 

Robs Hand klopfte dabei auf sein Bett. Ich stand langsam auf und setzte mich vorsichtig auf sein Bett. Seine Hand berührte die meine und als er sie hatte, drückte er sie fest.

 

„Roy, …ich liebe dich und ich danke dir das du mich gerettet hast. Ich war dumm und es tut mir Leid, dass ich an dir gezweifelt habe.”

 

Ich sah vorsichtig zu Rob. Wie magisch angezogen trafen sich kurz darauf unsere Lippen. Wie bei unserem ersten Kuss durchfuhr mich wieder bei der Berührung seiner Lippen ein Stromschlag der durch meinen ganzen Körper fuhr.

Es war unbeschreiblich. Wir brauchten keine Worte, soviel Liebe lag in der Berührung unserer Lippen. Langsam fast eine Ewigkeit später trennten sich unsere Lippen und wir sahen uns wortlos an.

Ich wusste, dass hier an diesem Bett in diesem Zimmer mein neues Leben begann. Ein Leben das ich nicht mehr alleine bezwingen musste und es machte mich stark. Als ob Rob die Veränderung fühlte, die in mir vorging, nahm er meine Hand.

 

„Wir werden es schaffen. Liebe heilt alles, glaube mir Roy!”

 

Ich beugte mich wieder zu Rob und unsere Lippen trafen sich zu einem weiteren Kuss.

 

*-*-*

 

Mathilda

 

Nun waren drei Wochen vergangen. Rob war seit zwei Tagen wieder zu Hause. Roy ging es von Tag zu Tag besser und man konnte zusehen wie er wieder ins Leben zurückkam. Kay hatte wahr gemacht was er versprochen hatte und arbeitete nicht mehr soviel.

Das Leben war auch zu Kay zurück gekommen. Unser Hochzeitstermin war auch schon geplant, im nächsten Jahr sollte es soweit sein und Rob freute sich darüber. Was ich allen drei noch verschwieg, war das ich seit der ersten Nacht mit Kay in anderen Umständen war.

Ich fühlte es sofort nach dieser Nacht, das etwas sich in mir verändert hatte. Es war wie immer mein siebenter Sinn. Ich war bei meiner Frauenärztin, die mir dann bestätigte, dass es so sei.

Roys Arbeitskollege, der der ihn damals in die Arme geschlossen hatte, ich wusste auch mittlerweile seinen Namen. Thomas war sein Name war auch da gewesen und hatte sich mit Roy lange unterhalten.

Nachdem Thomas gegangen war, strahlte Roy. Verwundert hatten wir Roy angesehen und als Roy uns erzählte das Thomas auch mit einem Mann zusammen lebte, da verstand ich Thomas Blick als er mich damals ansah, als er Roy in den Armen hielt.

 

„Mathi kommst du? Wir wollen los…”

 

Rob holte mich abrupt aus meinen Gedanke.

 

„Stimmt wir wollten ja zum Grab von Bennie das hätte ich beinahe vergessen!”

 

*-*-*

 

Roy

 

Nun stand ich vor dem Grab von Bennie. Es war ein kleines Grab. Ein Holzkreuz stand auf diesem auf dem sein Name stand. Das war alles was an Bennie erinnerte und es tat weh.

Vor mir verschwand erst das Kreuz mit seinem Namen, dann sein Grab, dann verschwand alles um mich herum.

 

*-*-*

 

Roys Erinnerung Teil 6

 

Ich hörte Bennies Lachen und dann stand er vor mir.

 

„Roy wie habe ich dich vermisst?”

 

„Ich Dich auch Bennie…”, liebevoll sah ich Bennie an.

 

Bennie nahm meine Hand und zog mich hinter sich her.

 

“Wo willst du denn mit mir hin?”

 

“Das ist ein Geheimnis Roy, warte es ab.”

 

Kurz darauf stand ich mit Bennie an unserer Bank im Park. Dort wo wir uns das erste Mal getroffen und kennen gelernt hatten. Was ich für Bennie fühlte, hatte ich aus Angst, dass er sich von mir angeekelt abwendet, nicht erzählt. Was ich aber auf der Bank sah, verschlug mir den Atem. Auf der Bank lag ein Umschlag und ein Schokoladenherz lag auf diesem.

 

„Was ist das? Was ist in dem Briefumschlag?”

 

Etwas ängstlich hörte ich Bennies Stimme.

 

„Lies den Brief er ist von mir an dich!”

 

Vorsichtig schob ich das Schokoladenherz zur Seite und nahm den Briefumschlag. Ich öffnete diesen und nahm den Brief  heraus. Ich faltete diesen auseinander und las die Zeilen. Mit jedem Wort das ich las, klopfte mein Herz schneller. Als ich zu Ende gelesen hatte, traten mir Tränen in die Augen.

 

„Ist das wahr Bennie?“

 

„Jedes Wort ist wahr ich Liebe dich.”

 

Ich fühlte zwei Arme die mich umfingen und mich an seinen Körper zogen. Dann berührten mich zwei Lippen ganz vorsichtig und zärtlich. Wie eine Feder strich seine Zunge über meine Lippen. Diesen Augenblick hielt ich in meinen Gedanken fest.

 

„Bennie…”

 

„Ja?”

 

„Ich Liebe dich auch. Ich hatte Angst wenn ich es dir sage, dann würdest du wegrennen..”

 

„Genauso ging es mir. Ich hatte vor diesem Moment Angst und jetzt bin ich glücklich das du genauso fühlst wie ich.”

 

Bennies Augen sahen dabei in die meinen und ich sah das Glück darin. Bennie lachte mich an und ich wusste in diesem Augenblick, nichts war mehr wie vorher. Wir hatten endlich den letzten Stein unserer Mauer abgerissen und mir tat sich eine Welt auf, in der ich die Liebe die ich für Bennie empfand, ihm zeigen und fühlen lassen konnte.

Diesen einen Augenblick hatte ich tief in mir versteckt. Wollte diesen nie verlieren, die Erinnerung an unseren ersten Kuss und an unser Eingeständnis das wir füreinander mehr empfanden als nur Freundschaft.

Ich sah in meinen Erinnerungen Bennie, wie er ausgelassen über den Rasen des Parks rannte und mich dabei ansah. Sah wie seine Haare sich im Wind bewegten, sah seine braune Augen die so lustig funkelten wenn er mir etwas wichtiges erzählte. Ich sah uns beide wie wir dort im Winter einen Schneemann bauten. Ich sah uns im Sommer wie wir auf der Wiese saßen und gemeinsam zum Sternenhimmel aufsahen. Jeden kleinsten Moment den ich mit Bennie erlebte, erlebte ich wieder.

 

*-*-*

 

Roy

 

Eine Hand berührte meine Hand und drückte sie zärtlich. Ich sah zu Rob und in seinem Blick sah ich Liebe, Traurigkeit und das wissen was in mir gerade vorging. Mathilda und Kay standen etwas abseits und sahen zu uns. Ich löste meinen Blick von Rob und sah wieder zu dem kleinen Kreuz.

 

„Das ist alles was an Bennie noch erinnert.”

 

„Ich weiß Roy, aber du hast viele Erinnerungen von ihm. Die bleiben und Roy erinnere dich an die schönen Momente mit ihm. Ich glaube das hätte er gewollt.”

 

Ich löste mich von Rob und kniete mich vor dem kleinen Grab hin und legte drei Rosen auf dieses. Danach nahm ich Robs Hand und wir gingen auf Mathilda und Kay zu. Ohne ein Wort zu sprechen machten wir uns zu viert auf um Weihnachten zu feiern. Mein erstes Weihnachtsfest, das ich nicht alleine feierte.

Ich sah mich noch einmal kurz um und da sah ich Bennie wie er dort an seinem Grab stand und mir nachwinkte. Ich blieb kurz stehen und sah zu ihm. Plötzlich kam Wind auf und es fing an zu schneien. Mit dem Wind und dem Schnee verschwand Bennies Gestalt, wie Rauch löste er sich auf. Was blieb war sein Grab mit dem kleinen Kreuz.

Langsam drehte ich mich wieder um und ich wusste, Bennie geht es gut dort wo auch immer er ist. Ich hatte mein Erinnerungen und Bennies Tagebuch, all das erinnerte mich an ihm und ich wusste, irgendwann würde ich ihn wieder sehen. Irgendwann.

Aber jetzt fing mein zweites Leben an, an der Seite von Rob und ich sah in eine Zukunft, die mir gefiel. Lächelnd sah ich Rob von der Seite an und ich wusste ich war endlich zu Hause angekommen.

 

*-* Ende *-*

 

 

 

 

 

 

This Post Has Been Viewed 764 Times

Rating: 5.00/5. From 3 votes.
Please wait...

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.