Folgen eines Missverständnisses

Nach und nach – Stunde um Stunde sitz ich nun hier und warte. Worauf ich hier warte? Darauf das ich abgeholt werde. In den vergangenen 3 Stunden war so viel passiert. So viel was ich nie gedacht hätte das es passieren würde, aber ist das nicht meistens so? Die meiste Zeit über denkt man nicht daran „ was wäre wenn“, das wär auch zu mühselig. Wenn ich mir aber vor 3 Stunden die Frage gestellt hätte ob ich jemals einen Toten sehen würde, also so richtig von Nahem und so. Ich wäre niemals davon ausgegangen, abgesehen von eventuellen Unfallopfern die man evtl. irgendwann mal sieht, einen Toten zu finden, noch dazu jemanden den ich kenne.
Der Tag hatte gut angefangen. Ich hatte frei, da mein Ausbildungsbetrieb Betriebsferien hat, so das ich auch Urlaub habe, ich bin Nils, 19 Jahre alt und Auszubildender zum Industriemechaniker. Heute bin ich vor knappen drei Stunden aufgestanden, habe dann mit meinen Eltern gefrühstückt und sie sind danach zur Arbeit gefahren.
Ich mochte die Ferien, wie schon in der Schulzeit, dennoch war ich die meiste Zeit recht einsam. Die wenigen Freunde die ich hatte waren in der Schule oder auf ihrer Ausbildungsstätte oder Arbeiten. Mein bester Freund Steven hatte auch frei, er war mit mir in einer Ausbildungsgruppe im gleichen Betrieb. Frei aber nicht besonders viel Zeit. Er musste viel Stoff nachholen. In der Praxis war er Spitze aber Theorie lag ihm einfach nicht, irgendwann musste man auch um den Aufwand gering zu halten mit der Theorie arbeiten und das hatte er in den vergangenen Monaten mehrfach gemerkt, so geschickt er doch ist, es ist nicht jedes Problem mit Probieren zu lösen. Leider war er auch sehr temperamentvoll, was besonders im Betrieb bereits zu lauten Auseinandersetzungen mit dem Ausbildungsleiter führte.
Es klopfte, ich ging zur Tür, schaute durch den Spion, da stand Steven. Er sah sauer aus. Ich öffnete die Tür und schon landete seine Faust in meinem Gesicht. Er schrie mich an:
„Wieso hast du mit ihr geschlafen?“
Ich wusste überhaupt nicht was er meinte Mein Gesicht vor Schmerz haltend fragte ich ihn, was er meinte. Er erwiederte, dass mich einige Leute mich mit seiner Freundin gesehen und dass wir rumgemacht hätten.
Gerade er hätte es besser wissen müssen, aber sein Temperament schaltete sein Hirn aus. Er drehte sich um rannte los, auf die Straße. Ich sah ich nur noch wie er flog. 15 Meter im hohen Bogen. Ich war geschockt, gelähmt, nicht mehr Herr meiner Sinne und doch rannte ich hin. Ich sah seinen Körper, merkwürdig verkrümmt. Ich rief seinen Namen, er hörte mich nicht mehr. Er konnte niemanden mehr hören. Mir wollte das einfach nicht bewusst werden, ich kniete neben ihm. Ich hörte im Hintergrund jemanden telefonieren und jemand anderer versuchte zu erklären.
Ich hörte eine Sirene, konnte aber nicht von ihm weg gucken. Seine Augen waren geöffnet und sie schauten mich an, leer und ausdruckslos aber doch irgendwie mit einem Hauch von Vorwurf.
Wieso Vorwurf?
Bin ich denn nicht Schuld, das mein bester Freund hier liegt – und tot ist?
Er dachte ich hätte mit seiner Freundin geschlafen. Er war schon immer sehr besitzergreifend ihr gegenüber, aber gerade er hätte wissen müssen, dass das nicht stimmen konnte. Wir waren neulich unterwegs gewesen – ja – haben rumgeschäkert aber das bedeutete bei uns nichts. Einerseits weil sie meine beste Freundin wie er mein bester Freund war, andererseits weil sie nicht das war, was ich suchte. Aber egal.
Ein Polizist half mir auf, setzte mich in einen Streifenwagen und sicherte den Unfallort. Ich bekam alles nur am Rande mit.
Wieso war es dazu gekommen?
Wieso ist er gestorben?
Ein Unfall? Ja.
Verursacht durch ein Missverständnis.
Verursacht durch mich.

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