Leise Gedanken – Teil 1

Der Krieg war vorbei, endlich vorbei. Und ich, ich hatte alles verloren. Ich Heinrich Pflüger, fünfzehn Jahre alt, stand vor dem nichts. Meine Familie hatte ich verloren, mein Zu Hause und meinen Freund Jakob.

Ich wusste nicht ob sie noch lebten, denn ich saß hier mit anderen Jungs interniert, bis wir jeder Einzelne geprüft worden waren. Die Tür ging wieder auf und ein Soldat kam herein um einen weiteren aus unserem Kreis zu holen.

Die Stille die im Raum herrschte war kaum zu ertragen. Einige Jungen weinten leise vor sich hin, weil sie wie ich nicht wussten, was uns da draußen erwartete. Das gleiche Spiel, die Tür wurde aufgezogen und diesmal war ich dran.

Der Soldat packte mich am Arm, zog nach oben und schob mich vor sich her. Hinter ihm fiel die Tür schwer ins Schloss. Ich fing an zu zittern, was würde jetzt auf mich zu kommen. Als die Bomben über Berlin einschlugen, saß ich im Luftschutzkeller, da habe ich nicht so gezittert wie jetzt.

Ein weiterer Soldat öffnete eine Tür und ich wurde hinein geschoben. An einem großen Schreibtisch saß ein älterer Herr mit Nickelbrille.

„Setzten,“ kam es laut von ihm.

Vorsichtig setzte ich mich hin, meine Wunde am Rücken tat immer noch schrecklich weh. Der Mann mit der Nickelbrille sah auf und schien dies zu merken. Er wies den Soldaten etwas auf englisch an, worauf dieser aus dem Raum verschwand.

„Name?“

„Heinrich Pflüger.“

„Herkunft?“

„Heidelberg, ich meine ich habe in Heidelberg gewohnt.“

„Ein weiter Weg hierher. Wo sind deine Eltern?“

„Weiß ich nicht, wir wurden getrennt.“

Ich wurde ein wenig nervös, denn er macht sich fortwährend irgendwelche Notizen, auf verschiedenen Blätter.

„Alter?“

„Fünfzehn.“

„In welcher Armee?“

„Entschuldigung, ich verstehe ihre Frage nicht.“

War ich zu weit gegangen, ich erwartete, dass er jeden Augenblick explodierte.

„In welcher Armee du gedient hast welcher Zug oder Abteilung..?“

„Ich hab inner Poststelle als Botenjunge gearbeitet, wenn sie das meinen.“

„Kein bewaffneter Dienst?“

„Nein.“

„Warum nicht.“

Ich wurde rot, weil ich mich schämte.

„Warum hast du keine Dienst an der Waffe gemacht?“

„Weil ich immer … wenn es knallt in Ohnmacht gefallen bin..“ sagte ich leise.

Ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des Mannes, aber wirkte so gleich wieder wie versteinert. Ich fuhr zusammen, denn die Tür wurde aufgerissen.

Der Soldat von vorhin trat herein und brachte eine Frau mit. Wieder sagte der Mann mit der Brille etwas auf englisch und der Soldat verzog sich. Nur die Frau blieb.

„Würdest du mal deinen Pullover ausziehen,“ sagte der Mann plötzlich im netten Ton.

Ich zog wie geheißen, meinen Pulli vorsichtig aus. Ich konnte es nicht verhindern, mein Gesicht vor Schmerzen zu verziehen. Zu arg war der stechende Schmerz, den ich an meinem Rücken fühlte.

Die Frau stellte ihre Tasche ab und murmelte irgendetwas, worauf der Mann aufstand und hinter mich lief. Der Mann gab irgendwelche Anweisungen, worauf die Frau verschwand.

„So Heinrich, den Pullover lassen wir mal aus, nimm ihn bitte und folge mir.“

Wieder tat ich, was ich gesagt bekommen hatte und folgte dem Mann nach draußen auf dem Flur. Kein Soldat folgte uns, wir liefen alleine weiter. Die Treppe hinunter in das nächste Stockwerk. Der Mann lief zu einer Frau und ich konnte sogar meine Namen hören.

„So junger Mann, du bleibst jetzt bei dieser Frau und befolgst ihre Anweisungen!“

Ich nickte ihm zu. Ohne Pulli fing ich jetzt an zu frieren. Der Mann mit der Nickelbrille drehte sich um und lief wieder die Treppe hinauf, die wir runter gekommen waren.

„So du bist Heinrich?“ sagte die Frau in amerikanische Akzent.

„Ja,“ sagte ich ängstlich.

„Du brauchst keine Angst zu haben, wir fahren jetzt auf die Krankenstation und werden uns mal um deinen Rücken kümmern.“

Sie hatte ihren Arm um mich gelegt und führte mich nach draußen. Dort stand ein Jeep bereit. Die Frau setzte sich zu mir nach hinten. Sie und der Fahrer unterhielten sich und ich konnte kein Wort verstehen. Ich schwor mir, diese Sprach unbedingt zu lernen.

Wir fuhren eine Weile, als der Jeep plötzlich hielt. Die Frau steig aus und streckte mir ihre Hand entgegen. Ich wollte aufstehen, merkte aber, das mir schwarz vor Augen, und ließ mich zurückfallen, nur noch Schwach fühlte ich das Stechen am Rücken.

Ich bekam noch mit, wie mich starke Arme hochhoben, aber die Augen zu öffnen, dazu war ich einfach zu schwach.

 

* *

 

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem Bett, mit weißen Laken. Wie lange hatte ich schon nicht mehr in frischen Bettzeug gelegen. Ich versuchte mich um zuschauen. Ich lag in einem Raum mit einem weiteren Bett neben dran.

Zum Fenster konnte ich nicht hinaus sehen, dicke Gardinen versperrten mir die Sicht. Wieder zuckte ich zusammen als ich ein Geräusch hörte, das von einer der zwei Türen kam, die das Zimmer besaß.

Sie wurde geöffnet und ein nackter junger Mann kam heraus. Ich starrte ihn er, er mich.

„Boy, what`s wrong?“

Ich schaute verschämt weg. Noch nie hatte ich einen anderen Jungen vollkommen nackt gesehen, doch irgendwie reizte es mich auch wieder hinzugucken, denn dieser Amerikaner, sah gut aus. So gleich schämte ich mich aber meiner Gedanken, weil ich es widernatürlich empfand so was zu denken.

Ich spürte wie sich der Mann neben mich auf mein Bett setzte.

„He Boy, was ist los mit dir?“ fragte er mich diesmal auf deutsch.

„Hast du noch nie einen nackten Mann gesehen?“

Ich schaute immer noch auf die andere Seite, aber nickte.

„Da ist doch nichts dabei, wir sind doch unter uns.“

Er stand wider auf und ich traute mich in seine Richtung zu schauen, er hatte ein dickes Pflaster auf dem Rücken.

„Du hast eine Menge Glück gehabt, weißt du das?“ sagte er.

„Wieso?“ war mein erstes Wort, das ich rausbrachte, seit ich aufgewacht war.

Ich sah ihm zu wie er sich anzog und bewunderte dabei seine kräftige Muskeln.

„Sie haben dir einen Splitter aus dem Rücken entfernt, du warst nicht weit davon entfernt, die eine Blutvergiftung zu zuziehen.“

„Einen Splitter?“

„Ja muss was metallisches gewesen sein, nach dem was die Schwester gesagt hatte.“

Wie aufs Kommando ging die Zimmertür auf und eine Schwester trat herein.

„Ist er endlich aufgewacht Bob?“ fragte diese.

Also Bob hieß er, musste ich mir merken.

Sie kam zu mir ans Bett, nahm meine Hand und fingerte an meinen Handgelenk herum. Dabei schaute sie eisern auf ihre Uhr.

„Ich prüfe nur deinen Herzschlag Heinrich, keine Angst,“ sagte die Schwester.

Erneut ging die Tür auf und die Frau, die mich hergebracht hat, kam herein.

Heinrich, da bist du ja wieder, hast mir jm Wagen einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Ich soll dir übrigens von Stuart eine Gruß ausrichten.

„Wer ist Stuart?“ fragte ich verwundert.

„Der Fahrer unseres Jeeps, er hat sich wirklich Sorgen um dich gemacht, wie dich hier herein getragen hatte.“

„Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.“

„Ich weiß, du warst völlig weggetreten, und Jane soweit alles in Ordnung mit ihm.“

„Ja, die Notoperation hat er gut überstanden, obwohl er ziemlich abgemagert ist.“

Ich schaute zwischen den beiden hin und her.

„Und was wird nun aus mir,“ fragte ich vorsichtig.

„Was soll aus dir werden? Wie meinst du das?“ fragte diese Jane.

„Jetzt muss ich doch bestimmt zurück zu den anderen,“ gab ich zur Antwort.

„Nein, Mr. Bringla, hat alles überprüfen lassen, du bist okay, er hatte keine Bedenken.“

„Und überhaupt, erst mal bleibst du hier, und kurierst dich aus, meinte die Frau von Jeep.

Jane setzte sich an mein  Bett und schaute mich an.

„Heinrich kann ich dich was fragen?“

„Was denn?“

„Nach der Operation, bekamst du ziemlich Fieber und hast im Fieberwahn gesprochen. Wer ist Jakob? Du hast diesen Namen oft gesagt.“

Mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich habe Jakob gesagt.

„Tut mir leid wenn ich dich an was erinnert habe,“ sagte Jane.

„Jakob war mein bester Freund.“

„War?“

„Jakob, war Jude. Er wurde mit seiner Familie abtransportiert, ich weiß nicht was aus ihm geworden ist.“

Jane und die Frau schauten sich an.

„Jetzt versuchst du erst mal noch ein wenig zu schlafen, nach der Untersuchung ist ja Bob auch wieder da und du nicht alleine.“

Beide verließen sie das Zimmer. Ich hatte Jakob erwähnt, und ich dachte ich wäre darüber hin weg.

 

* *

 

Ich stand am Fenster, sah wie die Leute auf den Laster verfrachtet wurden. Und plötzlich sah ich ihn. Jakob, auch er wurde von den Herren in schwarz, mit seinen Eltern abgeführt. Ich wollte das Fenster öffnen und aus dem Fenster schreien.

Meine Mutter hielt mich zurück, sah mich traurig an und schüttelte den Kopf. Der Laster setzte sich in Bewegung und fuhr an unserem Fenster vorbei. Jakob schaute in meine Richtung unsere Blicke trafen sich. Seine Augen waren traurig, aber auch Angst erfüllt.

Immer diese Augen, sie verfolgten mich, ich schrie laut nein.

 

* *

 

„Heinrich aufwachen, du träumst.“

Ich öffnete meine Augen und hatte Bob vor mir. Die Tränen konnte ich nicht zurück halten und fing hemmungslos an zu weinen. Bob nahm mich in den Arm und versuchte mich zu trösten.

„Yes Boy, cry…. lass alles raus.“

Ich spürte seine nackte Haut, meine Wange lehnte an seine Brust. Die Wärme, die von Bob ausging, schien mich zu beruhigen. Ich hörte den gleichmäßigen Herzschlag in seiner Brust.

„Wer ist Jakob?“ fragte mich Bob.

„Das war mein bester Freund, sie haben ihn abgeholt.“

„Why.. warum?

„Jakob war Jude, alle Juden wurden abgeholt in unserer Strasse.“

„Das habe ich auch schon mitbekommen. Und wo kommst du eigentlich her?“

„Aus Heidelberg.“

„Das trifft sich gut, wenn ich hier endlich rauskomme, werde ich nach Heidelberg verlegt.“

„Haben sie uns deswegen auf ein Zimmer zusammen gelegt?“

„Kann schon sein. Und deine Eltern?“

„Weiß ich nicht, wir wurden bei einem Bombenangriff getrennt, seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.“

„And how long..  wie lange ist das her?“

„Ein paar Monate, ich weiß es nicht genau. Was für einen tag haben wir?“

„ June, den zwanzig sechsten.“

„Den sechsundzwanzigsten Juni heißt das,“ korrigierte ich Bob.

„Ich weiß, mein deutsch ist nicht das beste.“

„Gut genug um mit einander zu reden,“ meinte ich und versuchte zu lächeln.

Bob lies mich los und ich glitt auf mein Bett zurück.

„Bob, kann ich was zu trinken haben?“

„Natural… was willst du trinken?“

Ich schaute ihn fragend an.

„Was ich trinken will?“ Gibt es hier eine so große Auswahl?“

Bob hob mir eine Flasche mit braunen Inhalt hin.

„Das ist Coke, probier mal,“ sagte Bob und noch immer hielt er die Flasche vor meine Nase.

Ich nahm sie und begann zu trinken. Ich kannte diesen Geschmack nicht, aber es schmeckte süß und vor allem gut. Die Tür ging auf und Jane kam mit einem Tablett herein.

„So meine Herren, es gibt Essen.“

Sie stellte ein Tablett an mein Bett. Ich versuchte mich aufzurichten, hatte aber Schwierigkeiten, mein Rücken tat immer noch sehr weh. Jane half mir mich aufzurichten. Zum erstenmal merkte ich, das ich oben nichts anhatte.

Ein dicker Verband lag um meinen Bauch. Eine dicke Stoffhose, die aber sehr bequem war trug ich, meine Füße waren nackt. Ich schaute an mir herunter.

„Deine Klamotten habe wir leider weggeschmissen, aber keine Sorge du bekommst von uns neue,“ sagte Jane und nahm den Deckel vom Teller.

„Fleisch?“

„Ja Meat, was ist so besonders daran?“

„Ich weiß nicht wie lange ich kein Fleisch mehr gegessen habe. Oh duftet das herrlich.“

Bob und Jane sahen sich grinsend an, während ich das Essen in mich hinein schaufelte.

 

* *

 

Jane war gegangen und ich rieb mir den Bauch.

„Bob ich müsste.. mal auf die Toilette..“

Bob wies auf die zweite Tür, aus der er der nackt herausgetreten war, als ich das erstemal aufgewacht war. Er lief immer noch in einer kurzen Hose herum. Er half mir aus dem Bett und ich versuchte zu stehen.

Ich merkte aber, das meine Beine total weich waren, und ich drohte umzukippen. Ich schaute Bob hilflos an. Er kam zurück zu mir und stützte mich ab. Ziemlich wackelig, liefen wir langsam zur besagten Tür. Bob öffnete sie und half mir hinein.

Ohne was zusagen, zog Bob mir die Hose herunter und nahm mein Glied in die Hand. Ein wenig erschocken darüber, aber glücklich mir endlich Erleichterung zu verschaffen lies ich es laufen. Als ich fertig war, war es mir dann doch peinlich, denn vor allem wurde mein Glied unter der Hand von Bob größer und härter.

„Oh my God, what a nice tail.“

Mit großen Augen schaute ich Bob an.

„Sorry,“ meinte Bob und verfrachtete mein Glied wieder in die Hose.

Er führte mich zurück in mein Bett und half mir mich hin zulegen, danach lief er stumm zu seinem Bett und legte sich ebenfalls hin. Total verunsichert wusste ich nicht, was ich denken oder sagen sollte. Bald darauf schlief ich ein.

 

* *

 

Als ich wieder aufwachte, war es später Mittag, die Sonne stand schon tief. Bob war nicht da, sein Bett sah unbenutzt aus. Ich lag da und dachte über vergangene Tage nach. Tief verdrängt in meinem Kopf kamen Bilder zum Vorschein, auf die ich hätte verzichten können.

Besonders die Erinnerung an Augen. Augen die ins Leere starrten, kalt und eisig ohne Leben, zu viele davon in meinem Kopf waren. Zu viele Tote hatte ich gesehen, aber irgendwie war ich abgestumpft.

Musste ich mich am Anfang noch übergeben, so lief ich am Schluss teilnahmslos an ihnen vorbei… auch wenn es Kinder waren. Ich war nicht enttäuscht von mir wegen mangelnder Anteilnahme, aber ich lebte noch und musste um mein Leben kämpfen. Sie hatten es hinter sich.

Ich dachte an meine Eltern, an meine Geschwister. Was mag aus ihnen geworden sein, ob sie noch lebten. Auf alle Fälle musste ich hier raus. Ich konnte nicht ewig hier liegen und im Ungewissen bleiben, ob es noch jemanden gab.

Jakob. Der Gedanke war plötzlich da. Wir kannten uns schon seit dem Sandkasten. Und jetzt… jetzt waren alle weg, alleine war ich und es war ungewiss was jetzt weiter geschah. Die Tür ging auf und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen.

„Hi,“ sagte Bob ohne mich an zuschauen und setzte sich mit dem Rücken zu mir auf sein Bett.“

„Bob?“ sagte ich, aber er reagierte nicht.

„Bitte Bob, rede mit mir..“

Er drehte sich um und schaute mich an. Wenn ich mich nicht täuschte hatte er geweint, aus welchem grund auch immer, seine Augen waren gerötet.

„Bob, was ist los?“

„Ich hätte das vorhin nicht tun dürfen,“ sagte er leise vor sich hin.

„Was hättest du nicht tun dürfen.“

„Ist jetzt zu spät es rückgängig zu machen, tut mir leid.“

„Bob könntest du mir mal erklären, was du damit meinst.“

„Das was vorhin, da drin passiert ist..“ antwortete er und wies mit dem Kopf Richtung Toilette.

Ich wurde unweigerlich rot, als das Geschehene in meinen Kopf zurück kam.

„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll..“ meinte ich.

„Ich hätte dich da nicht berühren dürfen, du bist erst fünfzehn.“

„Du bist doch auch nicht viel älter, die paar Jahre.“

„Ich werde im August zwanzig und jeder wird sagen, ich hätte dich dazu verführt.“

„Zu was hast du mich verführt, ich verstehe das nicht.“

Bob kam zu mir ans bett und setzte sich neben mich.

„Heinrich hör mir bitte mal zu. Hattest du schon eine Freundin?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich auch noch nicht, aber nicht weil ich keine bekomme sondern weil ich keine möchte.“

Erstaunt sah ich ihn mit großen Augen an.

„Ich mag lieber Jungs.“

Bob senkte sein Kopf und schaute auf den Boden.

„Bob es tut mir leid, aber davon verstehe ich nichts, wie meinst du das magst nur Jungs?“

„My God… das ist schwierig. Wurde dir nie erklärt wo die Kinder herkommen?“

„Doch das weiß ich schon..“

Bei diesem Ausspruch wurde ich wieder rot, weil dies ein Thema war, worüber man eigentlich nicht so öffentlich redete.

„Du brauchst nicht rot zu werden, es ist das normalste von der Welt, nur das ich so was nicht mache und lieber mit Jungs eben…“

„Du meinst du… wie soll das gehen…?“

Fragend aber auch neugierig schaute ich ihn an.

„Ich kann dir das doch jetzt nicht zeigen..,“ sagte Bob.

„Warum nicht..?“

Jetzt war es an Bob mich erstaunt an zugucken.

„Weil viele es für widernatürlich halten, es ist nicht normal wenn zwei Jungs… miteinander Sex haben. Es ist krank und schlecht“

„Wie gesagt, ich kenne mich da nicht aus, dies ist das erstemal, dass ich davon höre. Ich wusste nicht, dass es so was gibt. Und warum dachtest du, du bist vorhin zu weit gegangen?“

„Weil ich ohne zu fragen einfach dein Glied rausgenommen habe.“

„Aber ich musste doch dringend und außerdem weißt du selber, das ich mich nicht auf den Beinen halten konnte.“

„Aber danach..“ Bob brach den Satz ab.

„Weil mein Glied… hart wurde?“

„Ja.“

„Das passiert ab und zu, weiß nicht warum, aber es geht wieder weg.“

„Soll das heißen du hast noch nie…“

„Was hab ich noch nie?“

„Home made.. dir es selber gemacht…., oh Boy, wie soll ich dir es erklären.“

„Zeig es mir doch einfach.“

Bob schaute mich entsetzt an.

„Fuck, what …was soll ich nur tun, wenn dabei jemand rein kommt…..?“

„Mach es einfach, jetzt hast du mich neugierig gemacht.“

„Ich muss…“

Es musste Bob schwer fallen, was auch immer es sei. Er zog ein wenig meine Decke zurück. Er fuhr mit seiner Hand in meine Hose und bekam mein Glied zu fassen.

„Bleib ganz ruhig und entspann dich,“ sagte er leise.

Er zog meine Hose nach unten bis mein Glied frei lag. Unter seinen Berührungen war es ordentlich gewachsen. Er nahm wieder mein Glied in die Hand und begann es zu kneten. In mir drin fühlte ich ein Kribbeln, wie ich es zuvor noch nie gespürt hatte.

Es fühlte sich aber gut an, mein Atem ging etwas schneller. Er zog die Haut die, die Eichel bedeckte zurück, was mir ein Schauder durch den Körper fahren lies. Er umgriff jetzt mit der ganzen Hand mein Glied und lies die Haut hoch und runter wandern.

Ich sah wie sich Bob an die eigene Hose fasste und umständlich daran rieb.

„Ist deiner auch hart,“ entfuhr es mir fast heißer.

„Ja,“ sagte er kurz und knapp.

„Darf ich sehen?“

Bob lies ab von mir und zog sich aus bis er in den Boxer da stand, in denen er fast den ganzen Tag in unserem Zimmer herum lief. Deutlich sah ich wie es ihm abstand. Er setzte sich wieder neben mich und begann wieder an meinen Glied zu reiben.

Neugierig riskierte ich es und fuhr mit meiner Hand in seine Hose und spürte das heiße Stück Fleisch. Bob atmete tief durch.

„Nicht weiter machen sonst kommt es mir.“

„Was kommt dir?“ fragte ich.

„Das wirst du gleich selber bei dir sehen.“

Er drückte mich sanft in mein Kissen zurück und legte einen Zahn zu und rieb heftiger an meinem Glied. Tief in mir fing etwas an zu brodeln. Mein Atem wurde heftiger und ich spürte wie sich meine Muskeln versteiften.

Irgendwie verblasste alles um mich herum, ich spürte nur noch mein Körper. Ich fühlte etwas in mir hochsteigen und stöhnte laut auf. Aus meinem Glied spritze weiße Flüssigkeit, wieder und wieder. Ich zuckte am ganzen Körper und hatte Mühe mein Stöhnen leise zu halten.

Langsam lies das Gefühl nach und meine Muskeln schienen sich wieder zu entspannen. Ich sah wie das Zeug an Bobs Hand herunter lief. Er stand auf, nahm ein Tuch und wischte es von mir ab, bevor er seine Hand reinigte.

„Ist das jedes Mal so?“ fragte ich noch völlig außer Atem.

„Ja natürlich und zu zweit macht es mir eben mehr Spass.“

„Darf ich bei dir?“

Bob schüttelte den Kopf, er atmete tief und lang aus.

„Wenn du es unbedingt willst warten wir bis heut Abend, wenn alle zu Bett sind, ok?“

Ich nickte und spürte das allein schon der Gedanke daran, mein Glied sich wieder regen lies.

 

* *

 

Nach dem Abendessen, war Bob eine Zigarette rauchen gegangen. Mir kam Jakob wieder in den Sinn. Mir war eingefallen, wenn wir gemeinsam was unternahmen, dass ich oft ein hartes Glied bekam, wenn wir dicht beieinander waren. Sollte ich vielleicht auch… nein ich verwarf diesen Gedanken gleich wieder.

Die Tür öffnete sich und Jane kam herein.

„Heinrich ich muss deinen Verband noch einmal wechseln.“

Sie half mir auf und begann den Verband zu lösen.

„Du hast wirklich glück gehabt das dieser Splitter nicht weiter eingedrungen ist.“

„Wieso?“

„Sonst könntest du vielleicht jetzt nicht mehr laufen?“

„Kann ich doch jetzt auch nicht richtig.“

„Das kommt von der Operation, aber woher weißt du das?“

„Ich musste mal, aber ich konnte mich nicht auf den Beinen halten. Bob hat mir dann geholfen.“

„Dann müssen wir deine Beine trainieren. Bob kann ja morgen mit dir nach draußen und du kannst mit seiner Hilfe dann im Park ein paar Schritte gehen.“

„Ich darf raus?“

„Da spricht nichts dagegen.“

Jane legte den Verband auf die Seite und schaute sich wohl die Wunde genauer an.

„Das ist gut, die Wunde fängt schon an zu heilen, in ein paar tagen denke ich können wir dann auch die Fäden ziehen.“

„Es tut aber immer noch schrecklich weh , wenn ich mich bewege.“

„Das wird langsam nachlassen, wirst schon sehen.“

Die Tür ging wieder auf und Bob trat herein, seine Augen funkelten mich an. Jane legte einen frischen Verband an und half mir wieder ins Bett.

„So Bob, lass mich noch dein Pflaster wechseln, dann bin ich für heute Abend fertig.

Bob zog sein Hemd über den Kopf und setzte sich auf sein Bett. Jane löste das Pflaster vorsichtig hab und zum Vorschein kam eine runde Wunde.

„Was ist dir da eigentlich passiert?“ fragte ich Bob.

„War ein Querschläger.“

„Du bist von einer Kugel getroffen worden?“

„Ja bin ich,“ sagte Bob.

„Aber es ist schon sehr gut verheilt, mein Herr, lange wirst du uns nicht mehr mit deiner Anwesenheit beehren.“

Jane räumte ihre Sachen zusammen und wünschte uns eine gute Nacht bevor sie uns verließ. Bob ging zur Tür und löschte das Licht, nur noch meine kleine Lampe am Bett brannte noch. Fein säuberlich legte er seine Kleidung über einen Stuhl zog auch noch die restlichen Sachen aus, bis er völlig nackt vor mir stand.

„Willst du immer noch?“ fragte er leise.

Ich hob meine Bettdecke an. Er kam zu mir half mir die Hose auszuziehen und legte sich dann zu mir an meine Seite. Ich spürte seine nackte Haut an meiner, was in mir wieder diese Gefühle vom Mittag auslöste.

„Darf ich dich küssen?“ hauchte mir Bob leise ins Ohr.

Innerlich erregt und zu keinem Wort im Stande, nickte ich. Bob kam mir näher und ich spürte wie sich seine Lippen den meinen langsam näherten.

 

* *

 

„An was denkst du?“ fragte Bob.

Ich lag in Bobs Armen, an ihn geschmiegt.

„An Jakob,“ antwortete ich, „ob ich für ihn genauso empfunden habe, wie jetzt für dich.“

„Was empfindest du denn for me?“

„Ich kann es nicht genau beschreiben, irgendwie bin ich mit dir verbunden, du hast was mit mir geteilt, was ich bisher nicht kannte.“

„Bad? … schlimm?“

„Nein, es war das schönste Erlebnis das ich je hatte.“

„Noch mal?“ fragte Bob.

Er sah mich mit einem frechen lächeln an und beugte sich über mich.

 

* *

 

Am nächsten Morgen, wurde wir wie immer recht früh geweckt. Bob lag wieder in seinem Bett. Nach dem nächtlichen Abenteuer, hielt er es für besser in seinem Bett zu schlafen, nicht das die Schwester auf falsche Gedanken kam, wenn wir gemeinsam die gleiche Schlafstätte teilten.

Nach dem Frühstück und den üblichen Untersuchungen durfte ich dann mit Bob zum erstenmal nach draußen. Ich wusste nicht in welchen Krankenhaus ich war, nur das es eben hier in Berlin stand.

„Können wir gemeinsam nach Heidelberg fahren?“ fragte ich Bob, der mich gemütlich vor sich her schob.

„Wenn du entlassen wirst, werde ich schauen was ich für dich tun kann. Alleine möchte ich dich nämlich nicht lassen,“ meinte er.

Ich schaute ihn in seine grünen Augen und lächelte dankbar. An einer Bank hielt er an und meinte ich solle versuchen aufzustehen. Mit knapper Not konnte ich mich aus dem Rollstuhl hochdrücken. Bob stellte sich neben mich, um da zu sein, falls ich fallen würde.

Schritt für Schritt bewegte ich mich auf die Bank zu. Ich spürte einen leichten Schmerz im Rücken, aber das war mir egal, ich wollte es zu dieser Bank schaffen.

„Heinrich, übertreib es nicht gleich..“ meinte Bob.

Ich setzte einen Fuß vor den anderen. An der Bank angekommen, konnte ich dann doch nicht mehr, aber Bob fing mich auf und setzte mich sanft auf die Bank. Glücklich über diesen Erfolg, lehnte ich mich zufrieden an Bobs Schulter und schloss die Augen.

„Bob, erzähl mir ein bisschen von dir..“

„What can i say… was willst du wissen?”

“Wo du her kommst, was arbeitest du, wie lebst du?“

„Stop it,… das sind a many Questions.“

So langsam gewöhnte ich mich an das stetige wechseln, zwischen deutsch und amerikanisch.

„Also ich komme aus Chicago. Arbeite dort in a big Fleischfabrik. Du musst wissen, Chicago ist das größte Fleischzentrum, das es in Old Amerika gibt.“

„Und was machst du da genau?“

„Das Fleisch in , wie sagt man bei euch Dosen.. „ ich nickte, „ in Dosen füllen.“

„Und das schmeckt?“

„Ja, es schmeckt, und du kannst es länger halten, geht nicht kaputt.“

Wir saßen da noch eine ganze Weile, bis ein Mann auf uns zu gelaufen kam. Es war der Mann mit der Brille.

„Hallo Bob, how are you?“

“Fine, thank you Mr. Bringla.”

Er wandte sich zu mir.

„Und dir Heinrich, du siehst ja wirklich gut aus.“

„Ja danke, sie bemühen sich auch hier sehr um mich.“

„Ich habe eine gute Nachricht und eine schlechte Nachricht für dich.“

Ich schaute ihn starr an.

„Die gute ist, wir haben Meldung bekommen, dass deine Eltern noch leben und dich suchen, über den Suchdienst. Wir haben bescheid gegeben, das du hier in Berlin bist.“

„Und die schlechte Nachricht….,“ ich brach ab, mir schnürte es die Kehle zu.

„Karl…“

„Mein Bruder?“

„Ja, es tut mir leid, aber Karl lebt nicht mehr.“

Fassungslos, starrte ich Mr. Bringla an. Mein großer Bruder lebt nicht mehr.. ich werde ihn nie mehr wieder sehen…

„Aber wie ist… was ist passiert..?“ stammelte ich.

„Das wissen wir nicht mein Junge, wir haben nur die Meldung, dass er für Tod erklärt wurde.“

„Danke Mr. Bringla, dass sie sich so für mich eingesetzt haben. Aber ich glaube ich möchte jetzt zurück in mein Zimmer.“

Sehr unsicher, versuchte ich aufzustehen. Bob hielt mich, sonst wäre ich gefallen. Er führte mich zurück und ich konnte mich wieder in den Rollstuhl setzten. Mr. Bringla verabschiedete sich von mir und wechselte noch ein paar Worte mit Bob.

Ich starrte einfach ins Leere. Mein ältere Bruder war tot. Ich hatte ihn jetzt ein Jahr lang nicht mehr gesehen, aber ihn jetzt einfach nicht mehr sehen zu können, jede Hoffnung war zerplatzt. Bob sagte nichts, er schob mich einfach wieder rein, zu unserem Zimmer.

Jane kam uns entgegen und wollte etwas sagen, aber Bob sagte ihr etwas auf englisch, schwieg und schaute mich traurig an. Im Zimmer angekommen hob mich Bob in mein Bett und deckte mich zu. Er setzte sich neben mich und strich mir sanft durch mein Haar.

Erst jetzt fingen meine Tränen an zu laufen. Ich fing laut an zu schluchzen und konnte mich nicht beruhigen.

 

* *

 

Irgendwann in der nacht wachte ich auf, ich musste mich wohl in den Schlaf geweint haben. Bob lag neben mir hatte mich immer noch im Arm und schlief friedlich. Ich versuchte ihn ein wenig zuzudecken, weil er wie immer halb nackt oben drauf lag.

Er wachte nicht auf, aber dafür schmiegte er sich noch näher an mich. Ich genoss seine Wärme und fühlte mich geborgen und sicher. Meine Tränen begannen wieder zu rinnen. Genauso hatte sich mein Bruder immer zu mir gelegt, als ich klein war und nicht einschlafen konnte.

Ich schaute zum Fenster hinaus, wo die Laterne einen schwachen Schein hinterlies. Vereinzelt sah ich auch Sterne am Himmel. Langsam schlummerte ich wieder ein.

 

* *

 

Mein Laufen machte Fortschritte. Mittlerweile konnte ich selbst in den Park hinunter gehen. Bob war aber nach wie vor neben mir, und wir hatten uns zu guten Freunden entwickelt. Ein bisschen Englisch konnte ich auch schon.

Der Tag kam, der kommen musste, meine Entlassung stand bevor. Anscheinend hatte ich auch wieder an Gewicht zugenommen, denn Bob meinte immer was für einen schönen Körper ich jetzt hätte.

Mr. Bringla kam persönlich vorbei um sich von mir zu verabschieden. Bob hatte es so eingerichtet, dass wir gemeinsam mit dem Zug nach Heidelberg fahren konnten. Traurig verabschiedete ich mich von Jane, weil wir irgendwie beide fühlten, dass es das letzte mal sei, wo wir uns beide sehen würden.

Ich würde in Heidelberg leben und sie würde wieder nach Amerika zurück gehen, wenn sie ihren Dienst hier beendet hatte. Meine Eltern wurden gefunden, sie wohnten mit meiner kleinen Schwester auf dem land, bei meiner Großmutter.

Bei der Fahrt mit dem Zug war ich aufgeregt, endlich konnte ich meine Familie wieder in die Arme schließen und andererseits war ich auch noch nie Zug gefahren, jedenfalls nicht ein so lange Strecke.

Was mich traurig stimmte war, dass ich Bob nicht mehr sehen würde, jedenfalls nicht mehr so oft, er meinte bei seinem ersten freien Tag würde er mich besuchen kommen. Ich wusste jetzt sowieso nicht wie es weitergehen sollte.

Konnte ich weiter die Schule besuchen, oder musste ich irgendwo eine Arbeit annehmen um Geld für die Familie zu verdienen. Bob riss mich mit einem Kuss aus dem Gedanken.

„He Henry, hör auf zu denken. Es kommt alles so wie es kommen muss, dass wirst du schon noch sehen.“

Bob nannte mich neuerdings Henry, so würde man zu Heinrich in Amerika sagen, was ich nicht besonders glaubte. Aber der Name gefiel mir trotzdem. Am Bahnhof in Heidelberg stand ich erst mal hilflos da. Vieles lag in Schutt und Asche und ich konnte mich nicht recht orientieren.

Ein Kamerad von Bob, bot mir an mich zu meiner Großmutter zu fahren, eine Gelegenheit für Bob zu sehen, wo ich dann wohnte. Wir fuhren durch die Stadt und ich war entsetzt über die Zerstörungen der Stadt.

Kaum hatten wir die Stadt verlassen, konnte man meinen es hätte nie ein Krieg gegeben. Hier war alles noch so friedlich wie ich es in Erinnerung hatte. Nach einer Weile kamen wir in das Dörfchen, in dem meine Großmutter lebte und ein Häuschen besaß.

Charlie, Bobs Kamerad brachte den Jeep direkt vor dem Haus zum stehen. Irgendwie saß ich wie gelähmt in meinem Sitz. Was würde mich jetzt erwarten. Die Tür ging auf und ich traute meinen Augen nicht.

Ich sah Karl aus dem Haus rennen, genau auf mich zu. Ich war keines Wortes mächtig. Ich hob meine Arme zur Umarmung und…. Karl verschwand vor meinen Augen. Er löste sich auf.

„Heinrich wach auf wir sind da,“ hörte ich Bob, der mich am Arm zog.

Ich öffnete die Augen und wirklich wir standen vor dem Haus meiner Oma Lenchen. Ich musste wohl eingeschlafen sein, also hatte ich nur geträumt, das Karl noch am Leben war. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, was ich da eben geträumt hatte.

Die Tür öffnete sich und… meine Mutter trat heraus. Sie hatte ein schlichtes Kleid an. Irgendwie wirkte sie älter, abgekämpft. Ihre langen Haare waren matt und zu einem Dutt zusammengebunden. Ich schaute ihr ins Gesicht und da war das alt vertraute Lächeln auf ihrem Lippen.

Bob half mir aus dem Jeep, er hob mich regelrecht heraus. So gut und schnell ich konnte lief ich zu meiner Mutter und sie mir entgegen. Wir fielen uns um den Hals und fingen beide erst mal an zu weinen.

Alles was sich die letzten Wochen angestaut hatte, viel jetzt von mir ab. Sie strich mir mit der Hand durch mein Haar und drückte mich mit der Anderen fest an sich.

„Heinrich,“ schrie es laut aus dem Haus.

Das war meine kleine Schwester Emilie. Ich löste mich von meiner Mutter und ein kleiner Wildfang rannte mich fast über den Haufen. Kniend nahm ich auch sie in dem Arm. Ihre kleinen blonden Zöpfe standen lustig ab, und über ihrem sommersprossigen Gesicht breitete sich ein Strahlen aus.

„Heinrich, endlich bist du wieder da, und ich habe dann jemand zum spielen,“ sagte sie.

Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Langsam richtete ich mich wieder auf. Mein Vater stand im Türrahmen und ah mich an.

„Hallo mein Junge,“ sagte er.

Er war wie meine fahl im Gesicht, die Zeit die wir alle hinter uns hatten, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Er war abgemagert. Vor mir stand nicht mehr der große Mann, kräftig gebaut und immer für ein Lachen gut.

Sein Haar lag wirr auf dem Kopf und unter den Augen waren dunkle Ringe zu sehen. Er schien ein paar schlaflose Nächte hinter sich zu haben.

„Wo ist Oma?“ fragte ich.

„Sie ist etwas Essen besorgen,“ kam es von meiner Mutter.

Ich drehte den Kopf und sah zu Bob. Er kam auf mich zu.

„Das ist Bob, er lag mit mir zusammen im Krankenhaus und hat mir geholfen, wieder laufen zu lernen.,“ sagte ich und legte meine Hand auf seine Schulter.

Bob begrüßte meine Eltern per Handschlag. Zu Emilie beugte er sich hinunter und zog etwas aus der Tasche.

„Schokolade?“ fragte er.

Emilie schaute schüchtern zu ihrer Mutter, die ihr aber lächelnd zunickte.

„Danke,“ sagte sie und machte einen kleinen Knicks.

„Hast mir gar nicht erzählt, dass du so eine nette Schwester hast,“ meinte Bob zu mir, „aber ich muss dann Henry, Charlie wartet schon, er muss den Wagen zurückbringen.“

Ich ging zu Bob und umarmte ihn.

„Danke Bob, danke für alles!“

Deutlich spürte ich, wie mir das Nass aus den Augen lief. Es war mir aber egal.

„Hey Kleiner, so bald ich wieder frei hab, komm ich dich besuchen, okay?“

Ich nickte und wischte mir die Tränen aus den Augen. Meine Eltern traten hinter mich und gemeinsam winkten wir Bob hinterher, als er mit Charlie davon brauste. Ich stand immer noch als der Jeep nicht mehr zu sehen war.

Mein Vater zog mich rein ins Haus um sich den neugierigen Blicken der Nachbarn, entgültig zu entziehen.

„So du heißt jetzt also Henry?“ fragte mein Vater und versuchte dabei zu lächeln.

„So haben sich mich alle im Krankenhaus am Schluss genannt, ging ihnen wohl leichter von den Lippen als Heinrich.“

„Was ist eigentlich passiert, warum musstest du ins Krankenhaus und wie bist du nach Berlin gekommen.?“ fragte meine Mutter.

Da war die Frage, die meiner Mutter bestimmt, schon seit langen auf der Zunge brannte. Ich setzte mich an den Küchentisch und begann zu erzählen. Ich begann damit, zu erzählen, als wir bei dem Bombenangriff getrennt wurden.

Ich war damals zu unserem Haus zurückgerannt, nur stand es nicht mehr. Der ganze Häuserblock bestand nur noch aus Schutt und Asche. Einer unserer damaligen Nachbarn hatte mich dann aufgelesen, weil niemand meiner Familie auftauchte.“

„Wie konnte ich denn auch wissen, das ihr im Bunker verschüttet wart.“

Gespannt hörten meine Eltern meine Erzählung weiter an. Dieser Nachbar hatte Verwandte bei Berlin und meinte, dass ich mit seinem Sohn dem Fritz, doch dort hinfahren könnte, weil dort dringend Arbeiter gesucht werden.

Und weil die Versorgung hier mehr schlecht als Recht war und wir dort mit gesicherter Verpflegung rechnen konnten, so dicht bei der Hauptstadt. So kam es, das ich und Fritz mit einem Truppentransporter Richtung Berlin unterwegs waren. In den Städten in denen wir vorbeikamen, sah es nicht anders aus als in Heidelberg.

Drei Tage später trafen wir dann in Berlin ein, wo uns der Onkel von Fritz abholte. Wir bekamen bei den Leuten in dem Vorort gemeinsam ein kleines Zimmer. Der Mann brachte uns am nächsten tag zur Post, weil es dort keine Briefträger mehr gab, weil sie alle eingezogen worden waren.

So trug ich Post aus, bis dann Berlin gefallen ist. Beim letzten Botengang kam ich an einem zerfallenen Haus vorbei, wo Kinder mit einer Bombe spielten, die anscheinend nicht los gegangen war.

Ich wollte die Kinder noch warnen, aber da ging das Ding schon in die Luft. Mir flogen Mauerreste um die Ohren, und als ich in Deckung gegangen bin, füllte ich einen Stich im Rücken. Etwas später wurde ich von Fritz`s Onkel notdürftig verarztet.

Kaum hatte ich und Fritz, das Haus seines Onkels danach verlassen, wurden wir von Amerikanern aufgegriffen und weil wir nicht von Berlin waren inhaftiert. Fritz wurde von seinem Onkel abgeholt, mich dagegen ließ er dort schmoren.

Dann wurde ich verhört, und bei dem Verhör sahen sie die Verletzung am Rücken und ich wurde sofort ins Krankenhaus gebracht. Tja und den Rest war ja bekannt, das ich einen Splitter im Rücken hatte, den sie dann rausgeschnitten hatten.

Meine Eltern saßen immer noch gebannt vor mir. An den feuchten Augen meines Vaters, bemerkte ich, wie sehr es ihn doch mitgenommen hatte. Keiner sprach nun ein Wort, nur irgendwo im Haus hörte man Emilie singen.

„Weiß Emilie wegen Karl….,“ brach ich den Satz ab, weil ich merkte wie sehr mir der Tod meines Bruders nachging.

Meine Mutter nickte.

„Wir haben es ihr gesagt, für sie ist Karl jetzt im Himmel und schließ in jeden Abend in ihr Nachtgebet ein,“ meinte sie, und ich merkte wie schwer es ihr fällt, dies zu sagen, ohne los zuweinen.

 

* *

 

Ein paar Tage später, am Mittag, saß ich im Garten und las in einem Buch, als meine Mutter zu mir kam.

„Hast du dich ein wenig eingelebt mein Junge?“

„Ja, habe ich.“

„Ich wollt noch mal mit dir über Karl reden,“ meinte sie und schaute zu Boden.

„Und warum?“

„Weil du nicht alles weißt.“

„Und das wäre.“

„Wir haben Karl für Tod erklären lassen, obwohl wir nicht wissen ob er wirklich gestorben ist.“

Erschrocken sah ich auf.

„Und weshalb habt ihr das gemacht, er könnte vielleicht noch leben.“

„Könnte.. Heinrich, seine  ganze Abteilung wurde unter Beschuss genommen, das niemand überlebt hat.“

„Wieso war jemand dabei?“ ich bekam einen frechen Ton.

Irgendwie war ich wütend auf meine Eltern, weil sie so schnell aufgegeben hatten.

„Ich werde mich selber darum kümmern,“ meinte ich.“

„Um was? Um was willst du dich selber kümmern Heinrich?“

„Ich werde Karl schon finden.“

„Heinrich bitte, du fügst dir doch dadurch nur noch mehr Leid zu.“

„Aber was soll ich machen, in der Ungewissheit leben, ob mein Bruder vielleicht doch noch lebt. Nein Mutter das kann ich nicht.“

„Du bist so erwachsen geworden, ich erkenne dich fast nicht mehr wieder.“

„Mutter ich mag zwar erst fünfzehn, bald sechszehn sein, aber ich hab einfach zu viel gesehen und erlebt, um immer noch das naive Kind zu spielen.“

„Das habe ich auch nicht behauptet. Mich erschreckt es nur, zu sehen, wie mein Sohn zu schnell erwachsen wird.“

„Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen, daran kann man nichts mehr ändern.“

„Und wie willst du etwas über Karl herausfinden?“

„Ich wende mich an Bob.“

„Du magst ihn sehr.“

Mir wurde schlecht, ob sie was wusste, sah mir das an, was ich mit Bob gemacht hatte.

„Ja er ist ein guter Freund.“

„Das freut mich für dich. Ich weiß wie sehr du an ….“

Sie brach den Satz ab und senkte ihren Kopf..

„Sprich es nur aus, du meinst, wie sehr ich an Jakob gehangen habe. Ja das habe ich und mir wird übel, wenn ich dran denke, was sie mit den Juden gemacht haben. Und schon der Gedanke, Jakob könnte so was widerfahren sein, lässt mich erschaudern.“

„Woher weißt du soviel?“

„In den zwei Monaten im Krankenhaus, bei den Amerikanern, habe ich sehr viel mitbekommen. Unter anderem auch was sie mit den Juden gemacht haben.“

„Ich weiß, ich habe diese schrecklichen Bilder gesehen.“

„Hoffen wir, dass es niemals wieder dazu kommt. Weil einen Menschen, als etwas niedriges an zusehen, aus welchen Grund auch immer, kann nie recht sein.“

Meine Mutter erhob sich und strich mir über den Kopf.

„Was hast du jetzt eigentlich vor? Ich meine wegen der Schule.“

„Ich würde sie gerne weiter machen und wenn sich die Möglichkeit ergibt später auf die Universität gehen.“

„Du hast weitgreifende Pläne mein Sohn.“

„Ja habe ich, weil ich genau weiß was ich will.“

Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und verlies mich. Ich lehnte mich zurück und lass weiter.

 

* *

 

Ich freute mich sehr, als ich eine Möglichkeit fand, nach Heidelberg zu fahren. Ich wollte Bob wieder sehen. Er fehlte mir. Auf der Ladefläche eines alten Lasters, holperte ich Richtung Heidelberg.

Dort angekommen musste ich mich zuerst zu recht finden. Durch die vielen Ruinen hatte sich das Bild Heidelbergs deutlich geändert, sogar das Schloss, dass hoch oben über der Stadt thronte, war sehr in Mitleidenschaft gezogen worden.

Aber es war ein guter Orientierungspunkt, so konnte ich die alte Straße in der ich früher wohnte leichter finden. In der Strasse war ein mächtiges Treiben. Mehrere Frau sammelten die alten Backsteine an den Ruinen zusammen und trugen sie alle zusammen.

Andere wiederum klopften Mörtelreste von ihnen ab und so gewannen sie Steine für den Wieder- aufbau.

„Heinrich bist du es?“

Ich dreht mich um. Vor mir stand Liselotte ein Mädchen aus meiner Klasse.

„Lottchen, ich wird nicht mehr.“

Wir fielen uns in die Arme und drückten uns herzlich.

„Gibt es noch mehr von uns?“ fragte ich.

„Ja einige sind noch da, und das beste ist unsere kleine Schule hat nichts abbekommen. Dort habe ich auch einige unserer Klassenkameraden wieder gefunden.“

„Und wen?“

„Den Georg und Richard, auch die Ilse.“

„Und Ilses Zwillingsschwester Sabine?“

Liselotte senkte den Kopf.

„Die hat es nicht überlebt,“ meinte Lottchen traurig.

„Das haben einige nicht,“ erwiderte ich leise und dachte an Karl und Jakob.

„Hast du Lust die anderen zu sehen, wir wollen uns alle am alten Mühlenteich treffen.“

„Gerne, ich habe aber vorher noch was zu erledigen.“

„Unser Heinrich, geschäftig wie immer.“

Wir gaben uns die Hand zum Abschied.

 

* *

 

Ich wies mich aus, und wurde von dem Soldaten in die Kaserne gelassen. Ich fragte einige Leute, wo ich Bob finden könnte, und wurde sogar von einer netten Dame direkt bis zu Bobs Büro gebracht.

Ich klopfte und wartete auf das „Come in“, dann trat ich ein.

„What can i do for you?“

“Oh, ich bin Henry und wollte zu Bob.

„Du bist Henry?“, ich nickte, „Bob hat schon viel von dir erzählt. Er ist gerade nicht da, aber müsste gleich wieder da sein.“

Ich nickte wiederum und sah mich suchend um.

„Willst du dich nicht setzten, nimm ruhig Bobs Stuhl.“

Ich lief zum Schreibtisch, und setzte mich.

„Und was führt dich zu uns?“

„Ich möchte versuchen jemanden zu finden und Bob fragen ob er mir dabei helfen kann.“

„You want find anyone? Just for a moment!” meinte der Mann zu mir.

„Geht es auch wenn jemand schon für Tod erklärt wurde?“

Er nickte. Aus einem Schrank holte er Papiere und kam zu mir.

„Fülle alles aus, soweit es geht, dann werden wir weitersehen.“

Ich vertiefte mich so in den Unterlagen, dass ich nicht merkte wie die Tür aufging.

„Henry, what do you doing here?“

Ich sah auf und Bob stand vor mir, sprang auf und fiel ihm um den Hals.

„He Kleiner, das ist aber ne Surprice. Hätte nicht gedacht dich so schnell wieder zu sehen.“

„Ja stimmt, ich habe aber ein kleines Problem, deshalb bin ich zu dir gekommen, und …“ zeigte auf den anderen Mann, „hat mir schon geholfen.“

„Das ist Hunk aus South Dakota. Und um was geht es genau.“

„Ich will meinen Bruder finden.“

„Aber der ist doch.. „

„Nein, das ist noch nicht klar, meine Eltern haben ihn einfach für Tod erklären lassen, ohne zu überprüfen ob es war ist. Es gibt kein offizielles Schreiben, er wird vermisst.“

„Schon gut Kleiner, hast du schon den Fragebogen.“

„Ja.“

„Dann füll ihn mal aus. Und was ist mit Jakob?“

 

* *

 

Es war ein bisschen später geworden als ich am Mühlenteich ankam. Schon von weitem sah ich meine Klassenlameraden am See herumtollen. Friedel bemerkte mich als erstes. Sie kam aus dem Wasser und sprang juchzend auf mich zu.

Ebenso die anderen. Bald hatte ich die dreiviertel Klasse vor mir. Jeder nahm mich in den Arm und freute sich, dass ich noch lebte. Natürlich musste ich erzählen, wie es mir ergangen war und auch die frische Narbe auf dem Rücken musste herhalten.

Als ich nach Jakob und seinem Verbleib gefragt wurde, war ich erst stumm und versuchte meine Tränen zurück zuhalten. Jakob war in unserer Klasse sehr beliebt und jeder wusste, das er mein bester Freund gewesen war.

Ich erzählte ihnen, von der Nacht als Jakob mit seinen Eltern abgeholt wurden, auch von den hilflosen Blicken von Jakob, die mich seither im Traum verfolgten. Insgesamt neun Klassenkameraden hatten es nicht überlebt.

Wir schwiegen eine Weile, bis Kalli meinte ob ich mit ins Wasser gehen würde. Da alle nur in Unterhosen dastanden, konnte ich nicht ablehnen. So wurde dieser Mittag einer der schönsten nach langer Zeit.

 

* *

 

Mit Bob hatte ich ausgemacht, das ich bei ihm schlafen konnte. Voll Erwartungen auf diese Nacht lief ich zurück zur Kaserne. Aber ich wurde enttäuscht. Bob musste sein Zimmer heute mit Hunk teilen, weil in dessen Zimmer Gäste untergebracht wurden.

So lernte ich Hunk näher kennen. Er arbeitete für eine Zeitung in New York und war als Kriegsberichtserstatter abkommandiert worden. Danach hatte er aber beschlossen, nach dem Krieg noch zu bleiben um direkt aus Deutschland berichten zu können.

Gespannt hörte ich seinen Geschichten zu, bis mich Bob ermahnte langsam ins Bett zu kommen. Zumindest konnte ich mit ihm gemeinsam in einen Bett schlafen. Ich genoss seine Wärme und schlief bald darauf ein.

 

Ich stand auf einer Strasse. Vor mir die Männer in Schwarz die ich nicht leiden konnte. Da war Jakob und schaute mich an. Er schrie mir zu ich solle ihm doch helfen, streckte mir seine Hände entgegen. Ich rannte auf ihn zu aber die Männer hielten mich davon ab. Immer wieder schrie Jakob nach mir und entfernte sich immer weiter von mir. Die schwarzen Männer wurden zu einerdicken Masse die mich immer fester in ihrem bann hielt. Ich sah die angsterfüllten Augen von Jakob und hörte wie er schrie, Heinrich helf mir doch, lass mich nicht im Stich.

 

Schweißgebadet schreckte ich hoch. Ich hatte nur geträumt.

„What `s the matter? Henry?” sagte Bob, den ich anscheinend geweckt hatte.

„Tut mir leid, ich habe nur schlecht geträumt.“

„Von Jakob?“

„Ja…. hört das irgendwann mal auf?“

„Irgendwann…“

Bob zog mich zu sich hinunter und nahm mich in den Arm. Seine Lippen näherten sich den meinen und wir gaben uns einem innigen Kuss hin.

 

* *

 

Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag ich alleine im Bett. Hunk war auch nicht mehr da. Schlaftrunken stand ich auf und merkte plötzlich, das ich nur noch ein Hemdchen an hatte und dafür keine Hose.

Da erinnerte ich mich an die vergangene Nacht und spürte wie mein Körper erneut zur Lust erwachte. Schnell wusch ich mich und zog mich an, weil nicht unbedingt in diesem Zustand, von jemand entdeckt werden wollte.

Ich lief zu Bobs Büro und klopfte wie immer.

„Come in.“

Ich trat ein und fand Bob und Hunk, arbeitend am Schreibtisch vor. Mein Guten Morgen wurde mit einem beidseitigen Nicken bestätigt. Beide waren sie mit Papieren beschäftigt. Neugierig schaute ich beiden über die Schulter, aber lesen konnte ich nichts, es war mal wieder in Englisch geschrieben.

Das Telefon klingelte und Hunk nahm ab. Er sprach englisch und so saß ich gelangweilt da, weil ich auch hier fast nichts verstand.

„Henry, wie geht es jetzt mit dir weiter?“ fragte mich Hunk nach dem Telefongespräch.

„Bei mir? Wie meinst du das?“

„Was hast du vor, gehst du weiter zur Schule wenn sie wieder öffnet oder suchst du dir ein Job?“

„Schule wäre gut, aber bis da alles wieder richtig läuft, das kann dauern,“ gab ich zur Antwort.

„Und wie sieht es mit einem Job aus?“

„Wenn du mir einen besorgst, gerne.“

Bob fing laut an zu lachen.

„Ich habe dich gewarnt, das ist mein Heinrich, vorlaut wie immer,“ meinte Bob.

Ein wenig verschämt schaute ich zwischen den beiden hin und her, stimmte aber dann doch in ihr Gelächter ein.

„Das mit dem Job meine ich ernst Henry, ich könnte jemanden an meiner Seite gebrauchen. Aber ich denke wir sollten darüber erst mal mit deinen Eltern reden,“ sagte Hunk.

Bob sagte kurz was auf englisch, wegen einem Auto, und telefonierte darauf kurz.

„Henry holst du deine Sachen, wirt bringen dich nach Hause, dann können wir mit deinen Eltern reden.“

„Ihr habt es aber eilig,“ meinte ich.

„Ja, dass haben wir, die Zeit drängt, aber das wirst du sehr bald selber verstehen,“ sagte Bob.

Ich lief zurück ins Zimmer der beiden und holte meinen kleinen Rucksack, und saß wenig später hinten im Jeep. Hunk fuhr recht schnittig und unterhielt sich währenddessen mit Bob. Diesmal auf deutsch so das ich alles verstand, interessiert hörte ich zu.

„Und du möchtest den Jungen wirklich mitnehmen, meinst du nicht, dass es vielleicht für ihn zuviel werden könnte. Uns reicht es ja schon ab und zu,“ meinte Bob.

„Nein, dass Gegenteil wird es bewirken, lieber Bob. Das Erlebte wird ihn prägen, dann kann er sich immer noch für eine Richtung unseres Berufszweiges entscheiden.“

„Und warum bist du dir bei  ihm so sicher, dass es für ihn das Richtige ist, ich meine du kennst ihn doch wirklich erst kurz.“

„Ich habe es irgendwie im Gefühl, das aus ihm was Großes werden könnte, er hat jedenfalls das Zeug dazu zu schaffen.“

Auch jetzt verstand ich nicht, was die zwei zu bereden hatten, nur das es um mich ging. Wir verließen Heidelberg und schon bald erreichten wir das kleines Örtchen vor den Toren Heidelbergs, wo ich mit meinen Eltern lebte.

Hunk hielt den Wagen genau vor dem Haus, in dessen Vorgarten mein Vater gerade versuchte einen alte Wurzel der Eiche auszugraben. Als er uns bemerkte, richtete er sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Hallo Papa, ich bin wieder zurück und schau Bob und sein Kamerad ist auch mitgekommen.“

Mein Vater legte die Schaufel beiseite und wischte seine schmutzigen Hände an der Hose ab. Danach begrüßte er Bob und Hunk per Handschlag.

„Wird das jetzt zur Gewohnheit, dass du dich von deine freunden hier herfahren lässt,“ fragte er.

Deutlich hörte ich den misstrauischen Unterton meines Vaters. Aber bevor ich was sagen konnte, meldete sich Hunk zu Wort.

Mister Pflüger ich bin gekommen, um mit ihnen über ihren Sohn Heinrich zu reden, wegen seiner Zukunft. Ist ihre Frau auch da?“

Mein Vater nickte.

„Sie ist im Haus und kocht Marmelade ein, ich werde sie holen,“ meinte mein Vater und verschwand im Haus.

„Dein Vater traut uns wohl nicht sehr?“ fragte Hunk.

„Nein, dass hat nichts mit euch zu tun, er hat sich geändert, seit er von Krieg zurückgekommen ist, und wenn er Soldaten sieht, wird er immer komisch,“ gab ich zur Antwort.

Wenig später erschien mein Vater zusammen mit meiner Mutter. Sie versuchte ein wenig ihr Kleid zurecht zu zupfen und ihre Haare zu richten. Sie begrüßte die beiden herzlich und wuschelte mir über meine Haare.

„Wir müssen irgendwann mal wieder deine Haare schneiden, deine blonden Locken stehen wirr in alle Richtungen.“

„Ach Mama las doch ist doch nicht so wichtig.“

„Doch du solltest ein wenig gepflegter herum laufen, schon alleine wenn du oft mit Bob und ..seinen Kameraden unterwegs bist.“

„Das ist Hunk Mama.“

„Können wir uns irgendwo hinbegeben, wo wir uns in Ruhe unterhalten können,“ sagte Hunk und so war das Thema von meinen Haaren vom Tisch.

„Aber sicher, hinten im Garten haben wir eine gemütliche Laube, da können wir uns alle setzten,“ meinte meine Mutter und wies Richtung Garten, dem Steinplatten entlang.

Bob nahm mich in den Arm und schob mich hinter meinen Eltern und Hunk her. Gemeinsam setzten wir uns an den großen runden Tisch, der in der Laube stand.

„Was möchten sie den mit uns wegen unserem Sohnes denn besprechen?“ fing mein Vater an.

„Zu aller erst möchte ich mich doch mal vorstellen,“ meinte Hunk.

„Ich heiße Hunk Closster und stamme aus South Dakota in Amerika. Seit Kriegsbeginn, war ich für die Armee als Kriegsberichtserstatter tätig und nun weiterhin als freier Journalist für die Armee.“

„Sie sind also kein Soldat im herkömmlichen Sinne?“ fragte wiederum mein Vater.

„Doch eigentlich schon, ich habe genauso meine Ausbildung hinter mit wie Bob hier, aber ich wurde nicht am Dienst mit der Waffe eingesetzt. Meine Waffe sind meine Fotos und was ich dazu schreibe.“

„Und was hat das mit unserem Heinrich zu tun?“ fragte meine Mutter.

„Ich kenne Henry.. Heinrich zwar erst kurz, aber ich habe festgestellt, was für ein Potential in dem Jungen steckt.“

„Wie meinen sie dass?

„Ich würde Heinrich gerne auf meine Berichterstattungen mitnehmen.  Der Junge ist ein guter Zuhörer, hat eine gesunde Neugier, und vor allem er hat einen tollen Gerechtigkeitssinn und sagt wenn ihm was nicht passt.“

„Das alles trifft auf unseren Heinrich zu, ich weiß das er in dieser Hinsicht sehr begabt ist, was auch seine bisherigen Schulnoten beweißen. Aber wie kann ihnen da Heinrich nützlich sein?“

„Ich bin Amerikaner und wir wissen, wie misstrauisch uns die Bevölkerung immer noch entgegen steht. Ist ihnen auch nicht zu verdenken. Aber wenn ich Heinrich dabei hätte, könnte er zwischen uns eine kleine Vertrauensbrücke schlagen, und es würde mir nicht so schwer fallen, Berichte über hier zusammeln.“

Ich wurde unweigerlich rot, als ich verstand was Hunk wollte.

„Dafür wäre unser Heinrich bestimmt geeignet.“

Wir drehten uns um und meine Oma kam mit einem Tablett voller Gläser zu uns gelaufen.

„Wo bleiben nur eure Manieren, wenn wir Gäste haben. Hier ist etwas zu trinken.“

„Das ist meine Oma,“ sagte ich, als sie das Tablett abstellte.

Bob und Hunk erhoben sich und gaben beide meiner Oma die Hand zur Begrüßung.

„Meine Herrn setzten sie sich doch wieder, ich bin diese Freundlichkeiten gar nicht mehr gewöhnt.“

Die beiden setzten sich wieder und Hunk fuhr fort.

„Ich fahre viel durch Deutschland, um über die Menschen und ihre Schicksale zu berichten. Sie müssen nicht denken, nur weil unsere beiden Länder im Krieg waren, will man bei uns zu Hause nichts über sie wissen. Gut mag sein, das die ganzer Geschichte mit den Juden einen bitteren Beigeschmack hinter lassen hat, aber dafür müsste man Hitler und seine Gefolgsleute zur Rechenschaft ziehen, und nicht die Bevölkerung.“

Es war ruhig geworden, keiner sagte einen Ton. Hunk hatte ein Thema angeschnitten, über das wir hier eigentlich nicht oft redeten.

„Ich wusste nichts darüber, auch nicht als mein Freund Jakob und seine Eltern abgeholt wurden. Aber seit ich die schrecklichen Bilder gesehen habe, was sie mit den Menschen angestellt haben, schäme ich mich fast ein Deutscher zu sein,“ meinte ich und sah zu Boden.

„So was darfst du nicht sagen, nicht mal denken mein Junge,“ mischte sich wiederum meine Oma ein, sag mir was hättest du oder wir machen können, viel zu spät haben wir gemerkt, was unsere liebe Regierung im Sinn hatte, und da war schon alles zu spät.“

„Mutter ich wusste nie, dass du so dachtest,“ meinte mein Vater.

„Lieber Jürgen, dein Vater sagte schon an seinem Sterbebett, man dürfe diesem Österreicher nicht trauen, und Gott hat ihn selig, ich bin froh, dass er das alles nicht mehr erleben musste, was nach seinem Tode geschah. Wenn ich aber meine Meinung frei geäußert hätte, würde ich jetzt nicht mehr hier sitzen, sondern wär auch in irgendein Lager gesteckt worden. Mag sein, dass wir uns damit schuldig gemacht haben, das wir was wussten aber uns für nichts eingesetzt haben, aber unsere Angst war eben zu groß.“

„Deswegen macht ihnen auch niemand einen Vorwurf, Misses,“ meinte Bob.

„Junger Mann, sie werden noch an meine Worte denken, in ein paar Jahren, wird immer noch mit den Fingern auf uns gezeigt. Und da heißt es nicht, Hitler hat dieses Verbrechen begangen, sondern es wird vom deutschen Volk geredet.“

„Aber du sagtest doch, was hätten wir tun können Oma,“ warf ich ein.

Eine kurze Pause entstand, weil meine Oma ein kräftigen Schluck Wasser aus ihrem Glas nahm. Meine kleine Schwester Emilie tollte im Garten umher und durchbrach die Stille, aber sie störte sich nicht an unserer Anwesenheit und spielte weiter.

„Lieber Heinrich, oder Henry, wie dich deine amerikanischen Freunde nennen, was mir sehr gut gefällt, das Einzigste was du jetzt tun kannst, dafür zu sorgen, dass so was nie wieder vorkommt und passieren kann. Ich weiß nicht wie deine Eltern darüber denken, aber ich finde du solltest die Chance nützen und mit Hunk mitgehen.

Rede mit den Leuten, öffne denen die Augen, die es noch nicht einsehen, warum wir den Krieg verloren haben. Du hast die Möglichkeit, auch wenn im Kleinen, darüber zu schreiben! Und wenn ich Hunk richtig verstehe, kannst du auch bei ihm zu Hause was bewirken, in dem du von deinen Landsleuten berichten, wie sie wirklich sind.“

Ich ließ mir die Worte meiner Oma durch den Kopf gehen, während die anderen weiter miteinander redeten. Es stimmte schon, was ich in dem letzten halben Jahr gesehen und gehört hatte, bewirkte in mir eine Veränderung. Ich sah vieles anders, vor allem kritischer.

Vor mir liefen die Bilder dieses Zeitraums wie ein kleiner Film ab. Zuviel war geschehen um alles behalten zu können oder es zu verarbeiten. Ich merkte selber, wie meine Gedanken mir einen Streich spielten.

Von den Dingen, die ich mit Bob erlebte, ganz zu schweigen, aber das war etwas, worüber ich mit niemanden reden wollte, weil es persönlich war, tief in mir drin und niemanden etwas anging. Natürlich hatte ich auch schon mitbekommen, das Hitler, auch solche Leute verfolgen lies und ebenfalls verschleppen.

In seinen Augen war es unnatürlich, krankhaft. Bei diesem Gedanken wurde ich fast wütend, weil ich nicht verstand, warum man Menschen nicht selbst entscheiden ließ, wenn sie lieben dürfen, aber wie mein Vater zu sagten pflegte, dafür wäre ich zu jung um so was zu verstehen.

Hunk bemerkte wohl, meine tiefen Gedanken und sprach mich an.

„Hast du nie darüber nachgedacht, das nieder zuschreiben was du erlebt hast oder was dich beschäftigt?“

„Nein, darüber hab ich mir noch nie gedanken gemacht, aber wie soll ich das machen?“

„Einfach so als würdest es du mir erzählen, so musst du es schreiben, denn es gibt genügend Leute, die dass auch interessieren wird.“

„Ich bin erst fünfzehn, wer interessiert schon was ich zu sagen habe.“

„Mehr als du denkst,“ meinte mein Vater, „ weißt du, als du uns erzählt hast, wie es dir das letzte halbe Jahr ergangen war und dir passierte, hing ich förmlich an deinen Lippen. Ich zog jedes einzelne Wort in mich auf.“

„Papa, jetzt übertreibst du.“

„Nein Heinrich, dein Vater hat schon recht, mir ging es nicht anderst. Und ich denke, wenn du genauso schreibst, wie du erzählst, wird es die Leute interessieren, was du zu sagen hast.

„Ihr meint also wirklich, ich soll mit Hunk mitfahren und alles was ich sehe und erlebe niederschreiben, damit andere Menschen daran teilhaben können, was ich von mir gebe?“

Ein allgemeines Kopfnicken ging durch die Runde, Bob lächelte mich an.

„Und wann soll es los gehen?“

„Sobald wir alles mit deinen Eltern und den Papieren geregelt haben. Du bist erst fünfzehn, wie du immer betontst, und ich muss ja dann die Sache mit der Beaufsichtigung klären. Weil Bob ist erst einundzwanzig und dafür nicht geeignet“

„Was Bob fährt auch mit?“ fragte ich erstaunt.

„Natürlich, hat der Bob dir wohl nicht erzählt, dass er einer unserer besten Fotografen ist, die wir haben?“

„Nein, das hat er mir nicht erzählt,“ meinte ich und schaute Bob vorwurfsvoll an.

„Langsam Kleiner, ich hätte dir das schon noch erzählt und außerdem wäre dann die Überraschung hin, die ich für dich habe,“ meinte Bob.

„Was für eine Überraschung?

Bob zog einen kleine Kamera aus der Tasche.

„Die ist für dich, wie sie funktioniert erkläre ich noch.“

„Oh Mann, das ist ja irre, die ist wirklich für mich?“

„Ja sage ich doch,“ meinte Bob.

Stolz hob ich die Kamera meinem Vater unter die Nase.

„Du Henry, wir haben da noch eine Überraschung für dich, eigentlich auch für deine Eltern,“ meinte Hunk.

„Und die wäre?“ fragte ich.

„Wir haben Nachforschungen angestellt und nach deinem Jakob gesucht.“

Mir wurde anders, als Hunk Jakob erwähnte.

„Wir haben eine gute Nachricht für dich!“

Tränen stiegen mir in die Augen.

„Du meinst…“ weiter kam ich nicht.

„Ja Jakob lebt und seine Mutter auch. Sie wohnen beide jetzt in den Staaten, sie haben die Flucht geschafft.. sein Vater leider nicht.“

„Herr Guggenheimer tot,“ meine Mutter schaute betrübt zu meinen Vater.

„Nein er hat es nicht geschafft, sie haben ihn erwischt. Als er seiner Familie half zu fliehen,“ meinte Hunk leise.

„Ich kann es nicht fassen Jakob lebt,“ meinte ich eher zu mir gesagt.

„Ja und wir wissen auch wo,“ meinte Bob grinsend.

„Und wenn wir zurück sind, kannst du mit ihm telefonieren, das haben wir alles schon eingefädelt.“

Meinte wiederum Hunk.

Fast heulend fiel ich erst Hunk und dann Bob um den Hals.

Jakob lebt und ich werde ihn wieder sehen, dass schwor ich mir, und wenn ich rüber in die Staaten muss!

 

* *

 

Nun war es doch war geworden, ich war mit Hunk und Bob unterwegs zu meiner ersten Erkundungstour, nachdem Hunk sämtlichen Schriftkram zusammen hatte, was er benötigte um mich mit nehmen zu können.

Von zu Hause konnte ich nicht viel mitnehmen und so hatte mich Bob, da wir fast die gleiche Größe hatten, mit neuen Klamotten ausgestattet. Besonders stolz war ich aber auf meinen Presseausweis.

Mit großen Lettern stand Presse drauf, darunter mein Name Heinrich Pflüger in Klammer Henry. Er war an meinem Hemd befestigt und so für jeden sichtbar. Wir hatten einen Dodge vollbeladen, und ich saß zwischen Kameras und anderen Gepäckstücken.

Viele Strassen waren immer noch schlecht befahrbar, so tat mir nach einer Stunde so alles weh, was einem weh tun konnte. Bob lag in seinem Sitz und schlief. Wie machte er das? In aller Seelen Ruhe schlafen, bei diesem Geholper.

Hunk hatte mir etwas zum Lesen gegeben. Es ging dabei um Kinder, die ihre Eltern verloren hatte. Ich war sichtlich erschrocken als ich die Zahlen sah. Ich wusste nicht, dass es so viele waren. Und vor allem nicht das sie auf so wenige Heime verteilt wurden.

Irgendwann war ich trotz der Wackelei eingeschlafen. Ich wurde erst wieder wach, als es bereits schon dunkel wurde, wir hielten vor einer kleinen Pension in den Bergen. Wir waren irgendwo in Bayern, wo wusste ich allerdings nicht.

Ich nahm meine Rucksack und folgte Hunk und Bob in das kleine Haus.

„Guten Abend, ich hab hier bei ihnen reserviert. Mein Name ist Closster, sagte Hunk zu der alten Dame.

„Ah, ich habe sie schon erwartet, würden sie sich bitte hier eintragen. Frühstück gibt es um acht.“

„Danke.“

Hunk trug sich in das kleine Buch ein, während die Frau Schlüssel vom Bord nahm.

„Wer von den Herren bekommt das Einzelzimmer?“

„Das bekomme ich,“ sagte Hunk und nahm den Schlüssel entgegen.

Immer noch seltsam müde, lief ich mit meinen beiden amerikanischen Freunden die Treppe hinauf. Oben angekommen, verschwand Hunk gleich in seinem Zimmer. Ich folgte Bob in das unsere.

Ich ließ meinen Rucksack fallen und lief zum Fenster. Außer der Lichter der wenigen Häuser, war nichts zu erkennen. Nur ein kleiner Lichtpunkt oben auf dem Berg.

„Da müssen wir morgen hin,“ meinte Bob und machte es sich auf den Bett bequem.

„Ist da das Kinderheim?“

„Ja ist es.“

Ich lief zu ihm ans Bett. Selbst hier im Halbdunkeln, sah ich wie seine Augen funkelten. Mit einem Knie auf der Bettkante beugte ich mich zu ihm herunter und gab Bob einen Kuss.

„Man hab ich das vermisst, Kleiner,“ sagte Bob und zog mich vollends zu sich herunter.

Ich konnte nichts erwidern, weil er seinerseits wieder begann, mich zu küssen.

„Kommt noch eine…..oh sorry….,“ Hunk war ohne zu Klopfen in unser Zimmer gestürmt. Es war klar, was für ein Bild sich ihm bot.

„Ich werde wieder gehen, wollte nicht stören…“

„Halt Hunk bleib da, bitte,“ meinte Bob, der aufgesprungen war und Hunk am Arm fest hielt.

Hunk schloss leise die Tür.

„Setz dich bitte, irgendwann hättest du es ja eh erfahren,“ meinte Bob, „ bist du jetzt sauer?“

„Nein bin ich nicht.“

Ich saß erschrocken am Bettrand und wusste nicht wie ich reagieren sollte. Bob zog mich zu sich und nahm mich in den Arm.

„Keine Sorge, Kleiner. Hunk wird dir schon nicht den Kopf runterreißen.“

„Ich …. tut mir leid… Hunk ich wollt dich nicht enttäuschen,“ meinte ich.

„Tust du nicht Henry, ich bin über mich selber verärgert.“

„Warum das denn?“

„Weil ich eben fast den gleichen Fehler begannen hätte, wie damals schon einmal.“

„Und welcher wäre das?“ fragte Bob.

„Ich hatte mal einen Freund, Tom, wir waren fast wie Brüder, wir sind zusammen aufgewachsen. Es war kurz bevor der Krieg ausgebrochen ist, da sagte er mir, dass er eben…. genauso ist wie ihr.“

„Und wie hast du darauf reagiert?“

„Ich hab mich von ihm abgewendet, als wäre er ein Aussätziger, eine Woche später fand man ihn aufgeknüpft an einem Baum.“

Bob und ich schwiegen, und Hunk sah weiterhin auf den Boden.

„Ich bin schuld am Tod eines Menschen, und eben wo ich euch sah, kam das alles wieder zurück, ich wollte einfach nur weg.“

„Weil du nicht wusstest, wie du reagieren sollst?“

„Ja, ich wollte nicht den gleichen Fehler wie damals machen, heut weiß ich, dass es ein fehler war und ich nicht so reagieren hätte sollen. Er wollte weiterhin meine Freundschaft und war nur ehrlich zu mir.“

„Ich versteh, ehrlich gesagt noch nicht viel davon, aber warum ist es so schlimm jemanden zu lieben, der nicht der Norm entspricht,“ fragte ich.

„Lieber Henry, es hat niemand etwas gegen Liebe, nur eben, das es wie in unseren Fall zwei Männer sind, und das finden viele immer noch für krank und abnormal, und ich denke daran wird sich auch lange nichts ändern.“

„Warum denn? Ich kann das nicht verstehen, es geht doch niemand was an wen ich liebe,“ sagte ich.

„Du liebst Bob?“ fragte Hunk.

Eine Pause folgte, weil ich nicht antworten wollte.

„Hunk hat dir eine Frage gestellt,“ meinte Bob.

„Und ich möchte niemand verletzten,“ antwortete ich.

„Wieso verletzten?“

„Ich hab dich sehr gerne Bob, dass weißt du, aber ich glaube, lieben tue ich jemand anderen.“

„Das weiß ich Henry, das hab ich von Anfang an gewusst. Und außerdem, irgendwann muss ich nach Amerika zurückkehren und dich kann ich nicht mitnehmen.“

„Dir ist das egal?“

„Nein egal ist mir das nicht, aber ich wusste vorher, auf was ich mich da eingelassen habe.“

Irgendwie war ich jetzt enttäuscht und froh gleichzeitig.

„Kleiner du bist eben doch erst fünfzehn, ja bald sechzehn, jeder würd sofort mitbekommen was laufen würde.“

„Schon klar. Und wie geht es jetzt weiter, ich meine wegen dir, Hunk.“

„Mach dir mal um mich keine Sorgen Henry, ich muss eben auch noch viel lernen, besonders toleranter zu werden, so wie grad in eurem Fall. Schließlich ist Bob ein guter Freund zu mir, und ich denke zwischen uns wird das auch so werden.“

„Danke Hunk.“

„Hast du den Artikel gelesen, den ich dir gegeben habe?“

„Ja habe ich.“

„Und?“

„Was und?“

„Ist dir etwas aufgefallen, findest du ihn gut?“ fragte mich Hunk.

„Doch gleich am Anfang ist mir etwas aufgefallen, es zog sich durch den ganzen Text.“

„Und das wäre.“

„Es ist alles zu gut geschrieben, ich meine alles in dem Bericht  zeigt nur die schönen Seiten der Kinderheime, das gibt ein falsches Bild von den Kindern. Also ich würde berichten, wie es den Kindern geht, welche Verletzungen sie haben, oder über ihre Schicksale, nicht wie toll der Wald aussieht oder wie schön die Blumen im Vorgarten aussehen, wen soll das interessieren?“

„Das ist also deine Meinung?“

„Ja.“

Hunk nickte Bob zu.

„Hör mir mal genau zu. Morgen gehen wir das Heim da drüben auf dem Berg besuchen. Schau dir alles genau an, und danach hätte ich gerne, dass du alles aufschreibst, was dir darüber einfällt, okay?“

„Ja mache ich.“

„Good. Dann gehen wir jetzt alle to Bed.“

Hunk verlies unser Zimmer und wir begangen uns auszuziehen.

 

„Morgen Kleiner good sleeping?“

„Very well.“

„Du lernst schnell,“ meinte Bob.

„Wer weiß für was ich es später brauchen kann.“

„Lass uns aufstehen, damit Hunk nicht auf uns warten muss.“

Ich schlug die Decke weg und starrte auf meinen nackten Körper. Ich hatte vergessen, das ich nach der heißen Liebesnacht mit Bob sofort eingeschlafen war und mir nichts mehr angezogen hatte.

„Oh fine!“ meinte Bob.

„Starr mich nicht so an,“ sagte ich und begann zu Grinsen.

Wenig später saßen wir unten und frühstückten. Mit einem Heißhunger griff ich zu und schlang alles in mich hinein.

„Er wächst noch,“ meinte Bob zu Hunk, der mir kopfschüttelnd gegenüber saß.

„Wann fahren wir?“ fragte ich mit vollem Mund.

„Wenn du deine Tischmanieren gebessert hast,“ sagte Bob grinsend.

Ich schaute ihn erstaunt an.

„Wieso denn, es schmeckt so gut,“ meinte ich, was bei der alten Dame an der Küchentür ein Lächeln hervorzauberte. Ich schluckte die letzten Bissen herunter und schon konnte es los gehen.

„Wie, wir laufen da hoch?“ fragte ich.

„Unser Kleiner gewöhnt sich zu schnell an den Luxus,“ sagte Bob, wofür er von mir einen Hieb in die seite kassierte.

„Hilfe er schlägt mich Hunk rette mich vor ihm,“ sprach er weiter, was bei uns Dreien ein Lachen auslöste.

 

* *

 

Als wir ankamen, viel mir gleich die Ruhe auf. Kein Kindergeschrei oder Gesang. Ich lief Bob und Hunk hinterher die Steige hinauf. Die Tür war offen, so traten wir ein.

„Hallo jemand zu Hause?“ rief Bob in den Flur.

Ein älterer Herr kam aus einem Zimmer.

„Tut mir leid, aber ich habe sie nicht kommen gehört. Was kann ich für sie tun?“ meinte er

Hunk zog den Ausweis und erklärte was er wolle.

„Sie können sich gerne umschauen Herr Closster, ich muss wieder in die Küche zurück und das Mittagessen zubereiten.“

„Was gibt es denn?“ rutsche mir raus.

„Kartoffeln mit Möhren,“ gab der alte Mann zur Antwort und verschwand wieder.

„Also schauen wir uns um, kommt,“ sagte Hunk.

Langsam wanderten wir durch jedes Zimmer und mir verschlug es die Sprache, was ich zu Gesicht bekam.

 

Kinderhaus

Der erste Eindruck von außen, ist sehr gut, gepflegter Garten viele Blumen und einige Bäume. Es fehlt aber etwas, das Kindergeschrei und die spielenden Kinder.

Ich trete in das Haus ein, es wird irgendwie dunkel und kalt und noch immer sehe ich keine Kinder. Alles ist notdürftig eingerichtet, wie man es nach dem Krieg überall sieht. Und doch unverständlich, weil hier soviel Kinder wohnen.

Ich bin jetzt fünfzehn und hatte das Glück meine Eltern wieder zufinden. Doch hier leben lauter Kinder, die ihre Eltern verloren hatten, oder von ihnen getrennt wurden.

Und nun sehe ich wie sie zusammen gepfercht in den viel zu kleinen Zimmern sitzen. Manche teilen sich zu Dritt ein Bett. Von der Sauberkeit möchte ich erst gar nicht anfangen. Ein kleines Fenster zierte jedes Zimmer, aber es war viel zu dunkel.

Manche tragen nur zerrissene Kleidung und versuchen sich mit einer Jacke zu zudecken.

Gerne würde ich helfen, aber man sieht nicht wo man anfangen soll. Aber wer kann schon helfen in so einer schweren Zeit, wo jeder versucht, das Beste daraus zu machen.

Was mich mehr bekümmert, es sind nicht nur die Kinder hier im Heim, die so leben, nein auch die Kinder die auf unseren Strassen leben, weil sie kein Zu Hause mehr haben.

Heinrich Pflüger

 

 

Hunk legte das Blatt zurück auf den Tisch.

„Wenn man das liest, glaubt man nicht, dass du erst fünfzehn bist. Aber es gefällt mir wie du schreibst.“

„Danke und was passiert jetzt?“

„Bob wird es ins Englische übersetzten und ich werde es an eine Zeitung weiterleiten,“ meinte Hunk und überflog noch mal den Text.

„Im Ernst? Ich meine das ist mein erster Text und du willst es gleich weitergeben.“

„Ja Henry, nur so werden wir erfahren, ob er angenommen wird.“

Sprachlos saß ich da und konnte es nicht glauben, was Hunk gerade gehört hatte.

 

* *

 

Zwei Wochen später, ich saß in einem Zimmer, in einer Kaserne bei München, als Hunk zu mir kam und mir eine Zeitung reichte.

„Was soll ich mit der, sie ist in Englisch geschrieben, das kann ich noch nicht richtig lesen,“ meinte ich.

„Dann schlag mal die zweite Seite auf,“ meinte Hunk.

Ich legte die Zeitung vor mir aufs Bett und schlug die erste Seite um. Hunk wies mit seinem Finger auf einen Abschnitt.

“A young german boy has writen this Journal..”

„Das ist von mir?” fragte ich Hunk.

„Ja natürlich, steht doch dein Name drunter.“

Ich überflog den Artikel und wirklich, am Schluss stand Henry Pflüger. Strahlend schaute ich Hunk an.

„Und wie geht es nun weiter?“ fragte ich.

„Das kommt ganz auf dich an, schreibe weiter so und die Zeitung veröffentlicht noch mehr deiner Artikel.“

Hunk wollte schon gehen, als er sich doch noch in der Tür drehte.

„Bevor ich es vergesse, hier ist noch etwas für dich.“

Hunk griff in seine Jackentasche und reichte mir einen Umschlag.

„Was ist da drin?“

„Mach ihn auf!“

Ich riss den Umschlag auf und mir kam Geld entgegen geflogen.

„Für was?“

„Für deinen Artikel, oder meinst du wir Menschen von der Zeitung, schreiben um sonst?“

„Das ist alles für mich?“

„Ja Henry und je mehr Artikel du ablieferst umso mehr Geld wirst du bekommen.“

„Davon kann ich soviel machen.“

Hunk merkte wohl wie mein Kopf begann zu arbeiten und lies mich alleine. Wieder ein wenig zu mir gekommen, setzte ich mich zurück an den Tisch und schrieb meinen Artikel über Dachau weiter.

 

Ich weiß nicht, welches Gefühl ich hegen soll. Ist es Trauer oder Wut, kann es Hass sein oder Entsetzten, ich verstehe nicht wieso man diesen Menschen, dass antun hat können.

Die Bilder, die sich mir in dem Konzentrationslager Dachau gesehen habe, sind tief in meinem Innern eingebrannt. Was tun, mit dieser Tat? Sie wird uns wahrscheinlich das ganze Leben angelastet werden. Verständlich, wo doch so viele Menschen einfach umgebracht wurde, auf eine Art, wo man nur hoffen kann, die Menschen mussten nicht viel leiden, als sie starben. Für mich ist es unfassbar, kann dies alles nicht einordnen, zu klein ist mein Horizont um zu verstehn, warum unsere Führung so was für angebracht hielt.

Die Unwissenheit meiner Mitmenschen über diese Tat, enthebt sie aber nicht der Schuld. Lange werden wir mittragen müssen.

Henry Pflüger

 

Die Bilder hatten sich mir in den Kopf gebrannt. Zuviel eigentlich für einen Jungen meines Alters. Aber ich hatte mir vorgenommen, den da draußen zu sagen, was ich sehe und auch fühle. So vertiefte ich mich wieder und merkte nicht das Bob rein kam.

„Hallo Kleiner, deine Bilder sind fertig.“

Ich schrak zusammen, als er direkt hinter mir stand.

„Musst du dich so heranschleichen?“

„Sorry ich dachte du hast mich gehört, hier deine Bilder.“

Er reichte mir die Bilder, die ich mit der kleinen Kamera geschossen hatte, die mir Hunk gegeben hatte. Ich sah sie durch und die Bilder in meinem Kopf wurden noch klarer.

„Könnte man zu dem Artikel die ich schreibe, auch ein oder zwei Bilder dazu geben?“

Bob sah mich fragend an und wusste nicht was ich meinte. Ich stand auf und gab ihm die Zeitung. Er überflog den Artikel und sah mich danach lächelnd an.

„Herzlichen Glückwunsch, Henry.“

Er nahm mich in den Arm.

„Ich wusste, dass du das schaffst. Also du meinst ob man da ein zwei Bilder hinzufügen könnte. Ist kein Problem, du musst nur die Negative mitschicken.“

„Die bekomme ich sicherlich von dir?“

Bob nickte.

„Gut, dann gib mir bitte von diesen zwei Bildern, das Negativ, ich bin gleich fertig mit schreiben und möchte es dann gemeinsam bei Hunk abgeben.“

„Okay, ich hole es gleich… ach so Henry, wie sieht es nächste Woche aus?“

„Was ist nächste Woche?“

„Was ist am Vierzehnten?“

„Mein Geburtstag, hätte ich jetzt fast vergessen, aber was soll damit sein?“

„Den willst du doch sicherlich daheim feiern.“

„Ja schon, aber euch möchte ich auch dabei haben.“

„Gut dann lege ich alle Termine so, dass wir gemeinsam zu dir nach Heidelberg können.“

„Danke Bob.“

„Nichts zu danken, Kleiner, tu ich gerne.“

Er gab mir noch einen Kuss und verschwand.

 

„Heinrich, endlich bist du da,“ meine kleine Emilie kam mir entgegengerannt, „ich habe dich so vermisst.“

Ich viel auf die Knie und meine Schwester rannte mir direkt in die Arme. Sie drückte sich ganz fest an mich. Meine Mutter trat aus dem Haus.

„Hallo Mutter,“ sagte ich und stand wieder auf. Sie sah wesentlich besser aus, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihre Harre wiegten sich im Wind und spielte mit ihren Locken. Sie hatte ein Kleid an, das ich noch nicht kannte. Ich nahm mein Koffer und trat zu ihr.

„Hallo Heinrich,“ sagte sie und gab mir eine Kuss auf die Wange.

Ich folgte ihr ins Haus.

„Wo ist Vater?“

„Er holt gerade ein Paket für dich ab?“

„Ein Paket?“

„Ja ein Paket, seit du uns geschrieben hast, dass in einer amerikanischen Zeitung, von dir etwas geschrieben stand, bekommen wir an diese Anschrift Päckchen.“

„Was es sind noch mehr Päckchen gekommen?“

„Schau selber,“ sagte meine Mutter und öffnete die Tür zur Kammer.

Die Kammer war voller kleiner Pakete.

„Und was ist drin?“

„Wir haben noch keine aufgemacht, sie sind alle mit deinem Namen versehen,“ antwortete meine Mutter.

Ich nahm mir eine Kiste, die mir wegen ihrer roten Farbe auffiel und stellte sie auf den Küchentisch. Mit einem Messer öffnete ich die Schnurr. Ich hob den Deckel herunter, und zum Vorschein kamen Kleidungsstücke und ein Brief.

„Heute Abend kommt Bob schon zu uns, wegen meinem Geburtstag morgen, der kann uns das übersetzten,“ meinte ich.

„Warum auf Bob warten, im Haus gegenüber wohnt eine junge Frau, die kann englisch, soll ich sie holen?“

Ich nickte, worauf meine Mutter gleich verschwand. Ich nahm das nächste Paket und riss es auf. Wieder kam ein Brief zum Vorschein, aber diesmal befand sich Spielzeug in der Kiste. Es dauerte nicht lange und meine Mutter kam zurück.

„Heinrich das ist Gisela,“ sagte sie.

Ich gab Gisela die Hand und drückte ihr dann den Brief in die Hand. Sie nahm ihn entgegen und lass ihn für sich und dann laut vor.

Lieber Heinrich,

mit Interesse habe ich deinen Artikel in der Zeitung gelesen. Du fragtest, wer helfen kann. Ich für meinen Teil schicke dir einige Kinderkleider, die wir nicht mehr brauchen. Ich hoffe du kannst mit diesen kleinen Teil jemanden glücklich machen und wir ein wenig helfen.

Deine Mrs. Banater.

Mir standen die Tränen in den Augen. Sollte ich mit meinem kleinen Artikel das bewirkt haben? Wir rissen ein Paket nach dem anderen auf und immer wieder stand dasselbe in den Begleitbriefen.

 

* *

 

„Was ist denn hier los?“

Mein Vater stand an der Küchentür. In der Küche sah es aus wie in einem Warenlager. Wäsche, Spielzeug und Seifen, alles was wir in den Paketen gefunden haben auch jede Menge Schokolade.

„War das alles in den Paketen?“ fragte meine Vater.

„Ja,“ sagte ich stolz und umarmte mein Vater erst mal zur Begrüßung.

Meine Oma hatte noch ein paar Nachbarinnen zusammengeholt um alles besser zu sortieren  können. Meine Mutter schrieb jeden namen auf und was in den Paketen lag. Mein Vater gab mir ein weiteres Päckchen, das er gebracht hatte.

„Und was machen wir jetzt damit?“ fragte wiederum mein Vater.

„Verteilen natürlich,“ sagte meine Oma.

Ich hörte einen Wagen vorfahren.

„Das ist sicherlich Bob, sagte ich und lief zur Haustür und öffnete sie.

Bob kam mir schon entgegen gelaufen. Mir war es egal, was die Nachbarn dachten, die neugierig auf der Strasse standen und beobachteten, wie ich Bob um den Hals viel.

„He Kleiner, du hast ja ganz schön was losgetreten,“ sagte Bob.

„Was meinst du damit?“

„In der Kaserne stapeln sich Kisten, die alle mit deiner Adresse versehen sind.“

„Noch mehr?“

„Wie noch mehr?“

„Komm mal mit!“

Bob folgte mir ins Haus und ich führte ihn in die Küche. Bob traute seinen Augen nicht.

„Das ist alles geschickt worden?“ fragte er.

„Ja antwortete meine Mutter und gab Bob eine Hand zur Begrüßung.

Meine Oma stellte ihn ihren Nachbarinnen vor und beschloss für alle eine Limonade zu machen. Draußen hielt erneut ein Wagen. Ich lief hinaus, als gerade Hunk aus dem Auto stieg.

„Hallo Hunk, weißt du schon das Neuste?“ rief ich.

Hunk nickte und lächelte, er hob mir ein Blatt entgegen.

„Was ist das?“

„Eine Genehmigung, dass ihr die Kleidungen verteilen könnt, und ihr bekommt zwei Lader zur Verfügung, das ihr die Sachen ausfahren könnt.“

Ich nahm das Blatt Papier in die Hand und schaute ungläubig darauf.

„Und hier ist noch eine neue Zeitung, dein zweiter Artikel wurde ebenfalls bereits veröffentlicht.“

Auch die Zeitung nahm ich entgegen, als ich die Hand von meinem Vater auf meiner Schulter spürte.

„Ich bin stolz auf dich,“ meinte er und strich mir übers Haar.

„Aber… aber wie sollen wir das alles bewältigen?“ fragte ich.

„Lass das unsere Sorge sein Heinrich, wir haben hier genug Nachbarn, die bestimmt gerne helfen würden. Ich werde morgen gleich zur Ortsführung gehen und fragen ob wir das leere Gebäude auf dem Nachbargrundstück verwenden dürfen.“

„Das wäre gut, morgen kommen noch drei Lader aus der Kaserne und bringen noch mehr Pakete,“ meinte Hunk, „ hallo Bob.“

Bob war ebenfalls an der Tür erschienen.

„Du warst so schnell verschwunden, sonst hätten wir gemeinsam fahren können,“ meinte Hunk.

„Tut mir leid, aber ich wollte zu Henry, da er ja morgen Geburtstag hat,“ antwortete Bob.

„Du bleibst über Nacht?“

„Ja.“

„Möchten sie nicht auch bleiben?“ bot mein Vater an, „wir haben genügend Platz.

Hunk schaute unentschlossen zwischen mir und Bob hin und her.

„Bitte,“ meinte ich und Hunk begann zu lächeln.

„Ich denke wir werden morgen ein großes Fest haben, wenn du sechzehn wirst Sohnemann,“ sagte mein Vater und verschwand im Haus.

Hunk, Bob und ich folgten ihm.

 

* *

 

Am nächsten Tag ging es morgens alles drunter und drüber. Mein Vater und einige Nachbarn luden die Lader ab, die mittlerweile vor unserem Haus standen. Meine Oma hatte irgendwie Sachen zum Backen aufgetrieben und stand mit meiner Mutter und anderen Frauen in der Küche.

Hunk und ich saßen da und überlegten wie wir die Sachen am Besten verteilen sollten und Bob war mit meiner kleinen Schwester beschäftigt, die ihn voll in Beschlag nahm. Am Abend saß die halbe Ortschaft im Garten und feierten ausgelassen meinen Geburtstag. Ich saß glücklich bei meinen Eltern und wünschte mir das dieser Abend nie vorbei gehen würde.

 

* *

 

Dass alles war vor einigen Monaten geschehen. Mein Vater nahm mit meiner Mutter die Verteilung in die Hand. Es wurden die Lader beladen, welche die sachen an die umliegenden Heime brachten, natürlich riss der Strom von Paketen aus Amerika nicht ab.

Es war soviel, das meine Eltern begannen, in den Nachbarorten die Kleidung und Spielzeug zu verteilen und auch in Heidelberg selbst.

Ich dagegen war weiterhin mit Hunk und Bob unterwegs um weiter Artikel über Gesehenes und Erlebtes zu schreiben, die mit aller Regelmäßigkeit auch in Amerika veröffentlicht wurden.

Und nun saß ich in diesem Flugzeug. Ja ich saß in einem Flugzeug, neben mir Hunk. Er hatte vor einer Woche ein Einladung bekommen, das er mit mir nach Amerika kommen sollte. Es gab einige Leute, die mich unbedingt kennen lernen wollten.

Nach der Überzeugungsarbeit von Bob, erklärte ich mich bereit mitzufliegen. Völlig aufgeregt schaute ich durch das kleine Fenster nach draußen. Die Motoren wurden gestartet und nach kurzen Zeit begann sich die Maschine in Bewegung zu setzen.

Sie rollte über die Startbahn und schließlich erhob sie sich in die Luft. Es war ein atemberaubendes Gefühl, aber auch ein beklemmendes für meinen Magen. Es dauerte einige Zeit bis sich dieser wieder erholt hatte.

Ich nahm mein Schreibblock heraus, denn ich wollte diese Erfahrungen aufschreiben. Hunk hatte die Augen geschlossen. Anscheinend war er schon öfter geflogen und fand dies alles nicht mehr so interessant wie ich.

Nach ein paar Stunden kam London ins Blickfeld. Ich hatte früher nur Bilder in der Schule gesehen, jetzt hatte ich es im Original vor mir.

„Wir müssen hier Station einlegen, die Maschine wird erst morgen früh weiter fliegen,“ meinte Hunk.

„Haben wir dann Zeit London ein wenig anzuschauen?“ fragte ich.

„Der Wagen wird schon bereit stehen,“ meinte Hunk mit einem Lachen.

 

* *

 

Ich hatte schon gehört, das auch London, von Hitlers Bomben getroffen wurden, aber die Verwüstung, war lange nicht so arg, wie bei uns zu Hause. Ich war fasziniert über die Größe der Stadt, bewunderte die Bauwerke.

Später wusste ich nicht wie ich ins Bett gekommen war, als ich aufwachte lag ich dicht an Hunk gekuschelt. Ich erschrak ein wenig und wich zurück.

„Du kannst ruhig liegen bleiben, es stört mich nicht,“ hörte ich Hunks Stimme im Dunkeln.

„Habe ich dich geweckt?“ fragte ich.

„Nein, ich kann nicht schlafen.“

„Bin ich der Grund?“

Hunk schwieg und ich traute mich nicht noch etwas zu sagen. Ich legte mich zurück auf mein Kopfkissen und lauschte in die Stille.

„Es hat eigentlich nichts mit dir zu tun, oder auch doch. Ich habe es genossen, als du die ganze Zeit neben mir lagst und ich deine Wärme spürte, aber es ist nicht richtig.“

„Wieso denn?“

„Ich fühl mich wohl in deiner Gegenwart, aber ich empfinde eben nicht mehr für dich, als das ich dich als Freund mag, da entsteht auch nicht mehr in mir.“

„Muss es das? Hunk, ich bin noch sehr jung und verstehe noch nicht sehr viel von diesen Dingen. Ich weiß nur, wie schön es ist, jemanden aufrichtig zu lieben.“

„Bob?“

„Nein, Bob ist es nicht, ich mag in sehr, aber ich liebe ihn nicht.“

„Bei dir hört sich das irgendwie komisch an.“

„Glaubst du nicht das ein Junge in meinem Alter sich richtig verlieben kann?“

„Ich weiß nicht recht, so jung und schon über so weittragende Dinge sprechen.“

„Ich  kann Verantwortung übernehmen, falls du das meinst Hunk, das habe ich schon oft genug bewiesen.“

„Mag sein Henry, aber du hast noch soviel vor dir und Liebe ist ein Thema, mit so vielen Unbekannten.“

„Habe ich nicht das Recht dazu, diese Unbekannten, selber zu finden zu erkennen?“

„Doch hast du.“

„Mag sein, dass ich noch recht jung bin, aber dafür habe ich auch viel erlebt, mehr als mir ehrlich gesagt lieb ist. Aber ich habe dieselben Gefühle wie ihr Erwachsenen, etwas unreif vielleicht, dennoch fühle ich genauso ein Kribbeln im Bauch, fühle mich auch zu jemanden hingezogen, dass ist nicht den Erwachsenen vorbehalten.“

„Nein ist es nicht, du hast recht. Ist es Jakob?“

„Ja.“

„Und wie kommst du gerade auf ihn?“

„Ich kenne Jakob nun schon seid dem Kindergarten, wir waren immer unzertrennlich. Wenn etwas war, wir erzählten uns es gegenseitig. Jetzt wo er nicht da ist oder war, merke ich erst wie sehr er mir fehlt. Verstehst du Hunk, ich möchte ohne ihn nicht mehr sein. Ich habe das kribbeln im Bauch wenn ich an ihn denke, träume von ihm, ich brauche ihn einfach.“

„Ist schon recht Henry, aber hast du vielleicht schon mal den Gedanken gehabt, dass Jakob, nicht so empfindet wie du?“

„Das ist jenes, was mir die ganze Zeit zu schaffen macht, ich zerbreche mir den Kopf, wie ich ihm das alles sage.“

„Du willst ihn also in Amerika treffen?“

„Ja ich habe ihm einen Brief vor zwei Wochen geschrieben, aber wegen der Abreise keine Antwort erhalten.“

„Und wenn er dich nicht mehr sehen will?“

„Im Ungewissen bleiben kann ich auch nicht, später mache ich mir vielleicht mal Vorwürfe. Jetzt fliege ich nach Amerika und habe die Gelegenheit ihn noch mal zu sehen. Vielleicht werde ich auch diese Alpträume los, sie werden zwar weniger, aber sie sind immer noch da. Ich muss es einfach versuchen.“

„Dann wünsche ich dir mal viel Glück, little Boy.“

Hunk beugte sich herüber und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

 

* *

 

Die ganze Fahrt zum Flughafen und auch während des Fluges; war ich sehr schweigsam. Plötzlich kamen mir dann doch die Zweifel, wollte er mich wirklich sehen. Was ist wenn er mir mit Ablehnung begegnet, ob er überhaupt meine Gefühle für ihn versteht.

Über diesen Gedanken bin ich wohl eingeschlafen. Ein sanftes Schütteln weckte mich, es gab etwas zu essen. Dankbar schaute ich zu Hunk und bekam einen Teller vor mich gestellt. Erst jetzt lies ich meine Augen durch die Maschine wandern.

Hauptsächlich saßen da Männer, einige Soldaten in ihren Uniformen oder auch irgendwelche wichtigen Männer, was ich aus ihren Handlungen und Gesprächen schloss, aber im Allgemeinen war es doch sehr ruhig, bis auf das Dröhnen der Motoren.

Nach ein paar Stunden kam Amerika in Sicht. Als erstes sah ich beim Landeanflug die Freiheits-statue. Wie weggeblasen war plötzlich die Angst ich könnte einen Fehler begehen. Ich war fest entschlossen, Jakob wieder zusehen. Ich musste ihm sagen dass ich ihn liebe egal was es kostet, vielleicht sogar unsere Freundschaft.

 

Ich traute meinen Augen kaum, als wir den Flughafen verließen. Hunk zog mich laufend am Arm, weil ich verwundert stehen blieb. Hier war alles so groß, mächtig und unwirklich für mich.

„Henry bitte, wir haben noch genügend Zeit alles genau an zuschauen, jetzt komm aber, wir haben noch gleich einen Termin bei der Zeitung.,“ meinte Hunk und zog mich in ein Taxi.

Kaum hatte ich es mir in dem Wagen ein wenig bequem gemacht, flitzte der Taxifahrer auch schon los und wühlte sich durch den Verkehr, der hier herrschte. Noch nie im Leben hatte ich so viele Wagen auf einmal gesehen.

Einer Lawine gleich schob sich der Verkehr von Kreuzung zu Kreuzung. Hunk lies das Taxi vor einen hohen Haus, das Hunk als Wolkenkratzer bezeichnete, und wirklich es schien an den Wolken zu kratzen, so weit empor ging es, anhalten.

Auf einem Schild neben dem Eingang stand in großen Lettern >The New York Times<. Ich schaute Hunk mit großen Augen an.

„Ja hier sind alle deine Berichte veröffentlicht worden und der Redakteur, will dich unbedingt kennen lernen,“ meinte Hunk und schob mich durch die große Eingangstür.

Stumm folgte ich ihm durch die große Empfangshalle. Hunk meldete uns am Empfang an und wir liefen zu einem Aufzug. Ein Liftboy fuhr uns nach oben. Ich spürte ein wenig meinen Magen, der Lift war doch recht schnell.

Die Tür ging auf und ich trottete Hunk weiter hinter her. Ich wusste nicht wo ich zuerst hinschauen sollte. Hier war ein Treiben am Gange, wie ich es noch nicht gesehen hatte. Unzählige Schreibtische standen in diesem großen Raum, überfüllt mit Akten und Papieren, und dazwischen jede Menge Leute, die wie wild durcheinander liefen oder telefonierten.

Hunk begrüßte einige von ihnen und stellte mich vor. Bis einer der Frauen aufsprang und laut rief, „This is Henry Pflüger.“

Das war mir schon peinlich, denn alle standen auf und applaudierten. Jeder kam zu mir her und drückte mir die Hand. Ich war Hunk dankbar, das er mich aus dieser Menschenmasse herauszog. Wir kamen zu einem Zimmer. Naja Zimmer direkt konnte man nicht sagen, eher ein Glaskasten.

Auch dort stand ein Schreibtisch drin, mit einem Herrn mittleren Alters. Hunk klopfte ans Glas und der Mann winkte uns herein. Er stand auf und kam uns entgegen.

 

(Und wie gewohnt, steht alles wieder in deutsch da!)

 

„Hallo Hunk, da seid ihr ja endlich, und dass hier muss sicherlich unser Henry sein?“

„Hallo Baxter, schön dich zu sehen,“ meinte Hunk, „ ja das ist er Henry.“

Dieser Mann Baxter, schüttelte mir die Hand.

„Verzeih, wenn er so ruhig ist, aber mit unserer Sprache hat er es noch nicht so, besser gesagt er traut sich noch nicht so recht.“

„Nicht schlimm, ich freu mich dich endlich, persönlich kennen zu lernen. Als am Anfang mir Hunk von seiner Idee erzählte, dich einen Bericht schreiben zu lassen, Henry, da war ich doch mehr als misstrauisch.

Aber als ich die Reaktion auf den ersten Artikel gesehen habe und uns die Leute die Bude eingerannt haben, war ich von dir überzeugt. Seither fiebert das ganze Büro auf deinen nächsten Artikel.

„Danke,“ war das einzigste was ich heraus brachte.

„Hunk hat mir erzählt, dass du hier in New York jemanden suchst?“

Ich schaute zu Hunk und lächelte.

„Ja suche ich.“

„Ich habe ein wenig herum gehört, und denke, für dich ein paar nützliche Informationen heraus bekommen.“

„Und die wären.“

„Ist er immer so direkt?“ fragte Baxter, Hunk.

Hunk nickte und grinste mich an. Ich wurde unweigerlich rot.

„Das gefällt mir an dir mein Junge, direkt und gerade heraus. Bleib so!“

„Danke, und welche Informationen haben sie für mich?“ fragte ich neugierig.

„Du suchst einen Freund… Moment..,“ er suchte etwas auf seinem Schreibtisch, „ach ja hier. Jakob heißt er?“

„Ja Jakob, und haben sie ihn gefunden?“

„Gefunden ja, aber er ist nicht da,“ meinte Baxter.

„Wie er ist nicht da?“

„Ich habe mit seiner Mutter gesprochen, Jakob ist einfach nicht mehr aufgetaucht, sie hat nur gehört, er wäre mit ein paar anderen jungen Männer zusammen.“

In mir fing irgendetwas an weh zu tun, nun dachte ich, ich wäre so nah dran an Jakob, jetzt ist er verschwunden. Ich spürte Hunks Hand auf meiner Schulter, der anscheinend merkte, wie die Enttäuschung in mir aufstieg.

Ich versuchte das Thema zu wechseln.

„Soll ich ihnen auch meine Eindrücke von hier schildern, also wieder einen kleinen Artikel schreiben?“

„Natürlich, darauf freue ich mich sogar,“ sagte Baxter, wo seid ihr untergekommen?“

„Bei einer Tante, von mir. Sie will auch eine kleine Party zu Ehren von Henry geben,“ antwortete Hunk.

„Für mich?“

„Ja natürlich, es gibt hier einen Menge Leute, die dich kennen lernen wollen.“

„Dann will ich euch beiden mal nicht aufhalten,“ sagte Baxter.

Wir verabschiedeten uns von Baxter und verließen das Büro. Bald standen wir wieder auf der Strasse.

„Möchtest du gleich zu meiner Tante fahren, oder willst du lieber noch ein Stück laufen?“ fragte mich Hunk.

„Wenn es dir nichts ausmacht, ein bisschen laufen,“ meinte ich.

So liefen wir ein Stück die Strasse runter. Stumm liefen wir nebeneinander her, weil ich auch zu sehr damit beschäftigt war, alles zu erfassen, was um mich herum geschah. Andererseits, war ich auch mit dem Gedanken bei Jakob.

Wie sollte ich ihn in so einer großen Stadt finden, wo sollte ich überhaupt beginnen.. Ich verdrängte diesen Gedanken, weil ich spürte, wie traurig ich wurde. Später fuhren Hunk und ich zu seiner Tante, die in einem Stadtteil namens Queens wohnte.

Hier ging es bedeuten ruhiger zu, die Häuser waren nicht mehr so groß, alles hatte ein normales Maß, wie ich es von zu Hause gewohnt war. Bei Tante Ann, wie sie sich bei mir vorstellte, wurde ich sehr herzlich aufgenommen.

Der lange Flug zeigte aber bald seine Wirkung und ich wurde sehr müde. Ich musste während der Unterhaltung eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen öffnete, lag ich in einem großen weichen Bett.

Hunk schaute herein.

„Na endlich wieder aufgewacht?“

„Wie komm ich denn hier her?“

„Du bist unten eingeschlafen, wird wohl der lange Flug gewesen sein. Ich habe dich hoch getragen und hier aufs Bett gelegt.“

Ich richtete mich auf und setzte mich auf den Bettrand. Ich schaute mich ein wenig im Zimmer um.

„Und wie findest du es hier?“

„Um ehrlich zusein, überwältigend. Wenn man so was nicht selber gesehen hat, kann man sich es nicht vorstellen. Ist es überall in Amerika so?“

„Zumindest in den großen Städten.“

„Ich glaub ich werde mich einwenig ans schreiben machen,“ sagte ich.

„Gut vergiss aber nicht in einer Stunde kommen die Gäste.“

„Schon?“

„Ja, natürlich du hast den ganzen Mittag geschlafen.“

„Und was soll ich anziehen?“

„Den Anzug, den du von Bob bekommen hast.“

„Okay werde ich machen.

 

* *

 

Als ich mit umziehen fertig war, lass ich mir mein geschriebenes noch einmal durch. Ich setzte mich dazu in den Sessel.

 

Zum erstenmal betrete ich dieses Land, was mir vorher eigentlich so gut wie unbekannt war. Keine Spuren des Krieges sind hier zu sehen, hier steht man voll im Leben, das Leben geht weiter.

Alles ist viel größer, mächtiger, ich komme mir regelrecht klein vor, verloren. Die Menschenmassen und Vielzahl, von Wägen beeindrucken mich schwer.

Ich genieße die Freiheit, die hier durch die Strassen weht, spüre das Leben, das hier seinen Ursprung zu haben scheint.

Doch eines vermisse ich hier in dieser großen Stadt. Die Familie, die ich von zu Hause gewöhnt bin. Hier bin ich einer von vielen, gehe in der Masse unter.

Unter Tausenden alleine und doch steht man im Mittelpunkt der Welt. Aber auch das Land ist groß und ich habe nur diese Stadt gesehen. New York, etwas was mir immer, als eine Art Mittelpunkt in Erinnerung bleiben wird.

Eine Stadt, ein Herz, das schlägt und seine Menschen versorgt. Und noch etwas ist mir aufgefallen, die Vielzahl der Menschen die hier leben.

Ein bunter Reigen, den die Stadt ausmacht, sie zum blühen bringt. Ohne diese Menschen wäre New York nur ein ödes Stück Land. New York lebt von seinen Menschen, die Menschen leben von ihrem New York.

Henry Pflüger

 

Noch einmal stellt ich mich vor den Spiegel und richtete meine Anzug. Dann zog ich die Tür auf und lief nach unten, wo mich schon ein Stimmengewirr empfing.

„Hallo Henry, das bist du ja, darf ich dich einigen Leuten vorstellen?“

Tante Ann hatte sich meiner angenommen, stellt mich den Leuten vor die bereits angekommen waren. Hunk hielt sich im Hintergrund und unterhielt sich mit einer kleinen Gruppe von Leuten, die sich um ihn reihten.

Es wurde gegessen und ich war natürlich das Thema des Abends. Eigentlich kam ich nicht viel zu Essen, denn die Gäste hatten einfach zu viele Fragen an mich, die auch alle versuchte zu beantworten.

Sehr spät fiel ich todmüde ins Bett. Ich spürte nur noch, wie mich Hunk zudeckte und mir einen Kuss auf die Stirn gab. Doch ich konnte nicht einschlafen, Jakob spukte mir wieder im Kopf herum. Jetzt war ich so weit gekommen.

Seine Mutter zum greifen nah, von Jakob keine Spur…. Würde ich ihn je wiedersehen?

 

So, hier endet der erste Teil. Über ein Feedback würde ich mich freuen, aber macht mich nicht nieder, wegen irgendwelcher falscher, geschichtlicher Details. Es ist alles erfunden!!!!  Pit

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