Die Brüder – Teil 1

Müssen wir dass irgendwie vertraglich fest legen?“

„Nein Larissa, das ist eine Entscheidung zwischen uns zweien, die niemand etwas angeht. Du bekommst Sebastian und ich nehme Phillip.“

*-*-*

Sechzehn Jahre später…

„Sebastian, beeil dich jetzt, sonst kommen wir noch zu spät“, sagte Larissa.

„Mum, du weißt wie ungern ich da mitgehe.“

„Ich will doch nur, dass du Michaels Jungen auch mal kennen lernst.“

„Ist ja schon gut, ich finde es ja richtig, dass du mir deinen Freund näher bringen willst, aber gleich seinen Sohn?“

„Könnte ja interessant für dich sein, Andreas ist sehr hübsch.“

„Mum!“

„Bin ja schon ruhig“, sagte meine Mutter lachend.

Meine Mutter wieder! Seit sie vor zwei Jahren, als ich fünfzehn wurde, unfreiwillig Zeugin einer na ja sehr eindeutigen Situation geworden war, ich lag nackt mit einem Freund in meinem Bett, und dadurch erfahren hatte, das ich eben nur auf Jungs stehe, versuchte sie mir immer wieder einen Freund aufs Auge zu drücken, Mütter eben.

Wie ihr schon mitbekommen habt, ich bin Sebastian, bin siebzehn und lebe hier mit meiner Mutter in einem kleinen Häuschen. Ihr denkt sicherlich, da fehlt noch etwas. Nein es fehlt nichts, einen Vater hab ich keinen.

Nein so sollte man es nicht ausdrücken, ich habe einen, aber meine Eltern haben es vorgezogen, sich zu trennen, als ich zur Welt kam. Tja und mein Erzeuger reist irgendwo auf dieser Welt herum, und hat sich bis jetzt noch nie für mich interessiert.

So sieht es aus, und nun muss ich mich sputen, sonst macht meine Mutter aus mir Kleinholz, wenn ich sie noch länger warten lasse.

Meine Mutter schloss die Haustür ab und ich stieg inzwischen schon ins Auto. Sie startete den Motor. Ein Mittag mit Michael. Michael? Der neue Freund meiner Mutter. Naja, neu war er ja nicht mehr sie kannten sich ja schon ein paar Monate.

Ausschlag gebender Grund dieser Bekanntschaft war ich, aber ich sehe schon ich muss ein wenig zurück greifen, damit ihr die ganze Geschichte kennt, euere Fragezeichen auf den Gesichtern werden immer größer.

Wie gesagt es war vor ein paar Monaten, ich war samstags wie immer mit meiner Mutter im Center beim Großeinkauf. Meine Mutter und ich schlenderten an den Regalen entlang und blieben hier und da stehen, bei Sachen die man eben so braucht.

Bei den Dosen angekommen, interessierte sich meine Mutter für ein Angebot. Genervt blieb ich stehen und hörte ihr zu. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz an meinen Knöcheln und wurde nach vorne geworfen. Wie konnte es anders sein ich landete in einer Dosenpyramide.

Ein Riese von Mann stand mit seinem Einkaufswagen hinter mir, dessen Bekanntschaft gerade meine Beine gemacht hat. Meine Mutter fuhr ihn sogleich an, ob er nich besser aufpassen könnte, hier wäre nicht der Nürburgring.

Der Mann sichtlich erschüttert, streckte mir die Hand entgegen und half mir auf. Er vergewisserte sich, dass ich nichts abbekommen hatte, und war immer noch eingeschüchtert von der kleinen Frau, die ihn immer noch anbrüllte, meiner Mutter.

Danach glaube ich, war ich extra am humpeln um noch sein schlechtes Gewissen zu schüren. So nahm dies alles seinen Lauf. Mittlerweile sind Michael und meine Mum fest zusammen ich verstand mich blendet mit ihm.

Und heute sollte der große Augenblick, der Familienzusammen-führung kommen. Ich wurde offiziell seinem Sohn Andreas vorgestellt werden. Der Treffpunkt war unsere Stadthalle, wo die Jugendlandesmeisterschaften für Standart und Lateinamerikanische Tänze statt fanden.

Ja Andreas tanzte, und wie es schien sehr gut sogar, sonst würde er ja kaum an den Meisterschaften teilnehmen. Das Tanzen soviel Interesse weckte, war mir nicht klar. Clarissa war sauer, als wir nach einer Viertelstunde immer noch herum fuhren und keinen Parkplatz fanden.

„Wenn das so weiter geht, kommen wir noch zu spät“, sagte meine Mutter.

„Keine Aufregung Mum, schau da vorne ist einer frei“, versuchte ich sie zu beruhigen.

Fast schon ein bisschen zu schnell parkte sie den Golf in Lücke, aber ich wusste ja, dass sie eine gute Fahrerin war. Wir stiegen aus, sie schloss ab und gemeinsam liefen wir zum Eingang der Halle.

Mum besorgte die zwei hinterlegten Eintrittskarten und wir begannen uns durch den Pulk von Menschen zu wühlen um Michael zu finden. Bei seiner Größe sollte das eigentlich nicht schwierig sein dachte ich.

Ja dachte ich, aber vor lauter Köpfen, war so gut wie kein Suchen möglich.

„Mum, habt ihr euch nicht irgendwo verabreden können?“, fragte ich.

„Das haben wir Ja, aber ich weiß nicht mehr genau was Michael sagte. Entweder an der Teilnehmeranmeldung oder deren Umkleideräume“, kam von ihr die Antwort.

„Dann gehen wir doch beide Sachen abklappern, so groß ist es hier auch nicht, dass wir Michael nicht finden würden.“

So fragten wir uns zu erst zu den Umkleidekabinen durch und wurden auch gleich fündig. Michael stand an den Türen und schien genauso nach uns Ausschau zu halten.

„Hallo da seid ihr zwei ja endlich, was hat euch aufgehalten?“, fragte Michael und gab meiner Mutter einen Kuss zur Begrüßung, ich begnügte mich mit einem Handschlag.

„War fast kein Parkplatz zu finden und dann kann Mutter sich einfach keine Plätze merken“, sagte ich grinsend, was ich aber gleich bereute.

Meine Mutter knuffte mich in die ordentlich in die Seite.

„Jetzt seid ihr ja da, lasst uns rein gehen, sonst sind unsere guten Plätze weg, die ich reservieren lassen habe“, sagte Michael und schob meine Mutter vor sich her, ich trabte hinter her.

Bisher hatte ich so was nur im Fernseh gesehen. In der Mitte eine riesige Tanzfläche umstellt von mehreren Tischen mit Stühlen. Das gemeine Volk musste sich mit einem Tribünenplatz zufrieden geben. Die Tische waren für die Eltern der Teilnehmer reserviert.

Michael führte uns zu einer der Tische. Langsam kam ich mir ein wenig deplaziert vor, um uns herum saßen viele Leute mit Anzügen, die Damen in Kleidern herum. Mum war von Berufswegen schon gut angezogen.

Als Gartenbauarchitektin musste sie für Vorführungen immer gut angezogen sein. Michael hatte einen schlichten schwarzen Anzug an, ohne Kulturstrick wohl bemerkt. Meiner einer hatte eine verwaschen Jeans und Sweatshirt an und meinen Niketurnschuhen. Wie sollte man da nicht auffallen?

„Du hättest mir wenigstens sagen können, dass alle hier im Pinguinlook rumlaufen Mum“, beschwerte ich mich.

„Beruhig dich wieder, du bist eine Naturerscheinung. Du siehst in allem gut aus!“, sagte meine Mutter grinsend, „sogar im Kartoffelsack.“

Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse, weil ich das gar nicht lustig fand.

„Ich muss deiner Mutter schon recht geben, du siehst echt gut aus, soweit ich das als Mann beurteilen kann, keine Interesse als Modell zu arbeiten?“, meinte Michael.

Er zog seine Kamera hervor und knipste ein paar Bilder. Ich war es ja gewohnt, von meiner Mutter ständig aufgezogen zu werden, aber das jetzt auch noch Michael es so knallhart abdrücken konnte, da konnte ich nicht mehr mithalten.

Mit Schmollmund und verschränkten Armen, ließ ich meine Blicke durch die Reihen wandern. Hier und da sah man ein Paar Jungs in ihren Fräcken, zu Recht gestylt, wie zu einer Hochzeit, und bei den Mädchen war es nicht anders.

Die Veranstaltung schien zu beginnen, denn ein Herr war auf die Bühne gekommen, wo auch die Musiker platziert waren. Er nahm das Mikro und begrüßte alle mit ein paar lockeren Sprüchen, na ja locker, eine Entertainerkarriere würde er nicht damit starten.

Er rief die ersten Gruppierungen auf, Andreas war wohl nicht dabei, ich hörte seinen Namen nicht. Standart war angesagt. Die Musik fing an zu spielen, die Paare fingen an zu tanzen. Eher gelangweilt saß ich auf meinem Platz und ließ alles über mich ergehen.

Eine Dame kam an unseren Tisch und Michael bestellte zwei Kaffee und eine Cola für uns. Mir kam das erste Lied recht kurz vor, jedenfalls brauste der Applaus auf und die Paare gruppierten sich alle am Rand zur Bewertung.

Ich schaute die Junges mir ein wenig genauer an, es waren doch einige darunter die mir gefielen.

„Hab ich dir nicht gesagt, hier gibt’s was zu sehen?“, flüsterte meine Mutter mir ins Ohr.

Ich warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, was sie mit einem fiesen Grinsen quittierte. Die neuen Paare wurden aufgerufen, diesmal war auch Andreas dabei. Wow, Mum hatte recht, was da als vielleicht als Stiefbruder in Spe auf die Tanzfläche lief war ein echter Hingucker.

Das krasse Gegenteil von mir. Während meine Haare blond gefärbt waren, waren seine Pech schwarz. Gut er war jetzt geschminkt, aber ich dachte mir, dass seine bräune schon von Solarium stammte, da wenn ich ihn mit Michael verglich, der eher der blasse Typ war.

Meine Augen hafteten auf Andreas, und als die Musik anfing zu spielen, ließ ich nicht davon ab. Seine Bewegungen waren, wie soll ich erklären, so graziös, dass die Faszination des Tanzen mich jetzt völlig erfasst hatte.

Ein leichter Tritt gegen das Schienbein riss mich aus den Träumen. Meine Mutter neigte sich zu mir herüber.

„Sebastian, hör auf Andreas so anzustarren und mach gefälligst den Mund zu, man könnte meinen du willst ihn verspeisen“, sagte sie.

„Jetzt hör auf, so schlimm kann es ja wohl nicht sein“, erwiderte ich zurück.

„Sei froh, dass Michael genauso gebannt auf seinen Sohn schaut, sonst hätte er was gemerkt.“

Ich wurde rot. So offensichtlich hatte ich wohl noch nie jemanden hinter hergeschaut. So ging das auch noch die nächsten zwei Stunden. Andreas war mit seiner Corinna, so hieß seine Tanzpartnerin… Freundin?… auf die vorderen Ränge gerutscht.

*-*-*

Endlich kam das Endfinale. Es waren noch vier Paare am Start. Andreas und seine Corinna lagen von den Punkten her auf Platz eins. Es waren lateinamerikanische Tänze wieder angesagt. Andreas hatte wieder sein figurbetontes rotes Hemd an, das fast bis zum Bauchnabel geöffnet war.

Seine Muskulatur stach mir sofort ins Auge… aber ich musste vorsichtig sein, ich merkte ich steuerte in Wunschvorstellungen hinein, die für mich keineswegs gesund waren. Also ließ ich es dabei, diesen Jungen einfach nur zu bewundern.

Eine weitere halbe Stunde verging, bis endlich die letzte Punktwertung an der Reihe war. Fast gleichzeitig sprangen Michael und ich jubelnd auf, als der erste Platz, Andreas und Corinna zu gesprochen wurden.

Meine Mutter schaute mich an, als würde sie mich das erstemal sehen. Ein bisschen verschämt wollte ich mich wieder hinsetzen, doch Michael packte mich an der Schulter und zog mich einfach mit sich. Direkt vor Andreas blieb er mit mir stehen, meine Mutter kam hinter her gelaufen.

Ein anderes Ehepaar war schon da und umarmte innigst Corinna, ich vermute mal das es die Eltern von ihr waren. Michael drückte seinen Andreas ebenso, und auch meine Mum, nahm in den Arm um zu gratulieren.

„Und wenn habt ihr da noch mitgeschleppt?“, fragte Andreas mit einer wirklich süßen Stimme.

„Das ist Sebastian! Mein Sohnemann, Andreas“, sagte Mum.

Wie es sich gehört wollte ich schon die Hand zur Begrüßung hinstrecken, aber Andreas was mit seiner Umarmung schneller.

„Das wird ja mal Zeit, dass ihr mir endlich meinen zukünftigen Bruder vorstellt, warum habt ihr ihn solange vor mir versteckt?“

Michael und meine Mum wurden rot. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet.

„Hey Andreas, du hast einen neuen Fan dazu bekommen, du tanzt traumhaft mit deiner Freundin“, sagte ich und legte den ersten Köder aus.

„Tanzpartnerin, nicht Freundin, Corinna hat einen Freund“, gab Andreas kurz zur Antwort.

Hundert Punkte für diese richtige Antwort, dachte ich und erst jetzt merkte ich den jungen schüchternen Mann, den Corinna grad umarmte. Michael verabredete noch mit Corinnas Eltern einen Termin für ein gemeinsames Abendessen und schon waren wir auf dem Weg nach draußen. Andreas kam zu ns, nachdem er sich umgezogen hatte. Nur im Jogginganzug und Turnschuhen, kam er da her.

„Paps ich will aber noch nach Hause bevor wir essen gehen, muss noch duschen und was anderes Umziehen“, kam von ihm.

„Weißt du was Andreas, wir fahren direkt nach Hause und du holst mit Michael deine Klamotten, du kannst auch bei Sebastian duschen“, schlug Mum vor.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich meine Mutter an. Was soll das fragte ich mich?

„Gut machen wir es so, dann kannst du schon den Kaffee richten“, meinte Michael.

„Musste das unbedingt sein, mit dem Duschen?“ fragte ich.

„Sebastian, ich weiß wie lange ihr Jungs im Bad braucht, und so habe ich mehr von Michael, oder ist dir das ganze peinlich?“ sagte meine Mum grinsend.

„Was soll da bitte schön peinlich sein, wenn dieser Gott von Junge nackt in meinen Gemächern herum läuft?“, gab ich als Antwort frech zurück.

Diesmal schluckte meine Mutter, mit dieser Antwort hatte sie wohl nicht gerechnet.

*-*-*

Eine  Stunde später, trafen auch Michael und Andreas bei uns daheim ein. Ich lief mit ihm nach oben in mein Stockwerk. Während Michael bei Mum blieb, folgte dieser Gott namens Andreas in mein Zimmer.

„Wow, so groß zügig habe ich es zu Hause nicht“, meinte Andreas.

„Schau dich ruhig um, es könnte ja sein das du irgendwann mal hier einziehst“, erwiderte ich.

„Bei dir im Zimmer?“

„Nein, es gibt ja noch zwei weitere, hier oben.“

„Ach so.“

„Wolltest du nicht duschen?“

„Ach ja, wo ist den das Badezimmer?“

„Durch die Tür da.“

Andreas öffnete die Tür und schaute hinein. Dann kam er zurück und begann sich auszuziehen, bis er nackt vor mir stand. Ich kam nicht drum herum, auf die Lendengegend zu schauen.

„Der ist für dich Tabu,“ sagte Andreas plötzlich, „reserviert für Jenny meine Freundin!“

Wie bitte, er hatte einen Freundin, dass war ja mal meinerseits ein Schuss in den Ofen. Ich wurde feuer rot.

„Hey nicht so traurig gucken, bei deinem guten Aussehen wirst du bald nen Freund haben“, sagte er und verschwand im Bad.

Mir kamen die Tränen. Ich hatte ihm nichts von mir erzählt wir kannten uns noch keine zwei Stunden, und er wusste es.. Hatte Mum nicht dicht gehalten, oder sah mir man das so an, dass ich schwul war.

Im Bad konnte man die Dusche hören. Ich legte mich auf mein Bett und starrte Richtung Fenster. Nach einer Weile stand Andreas wieder unverhofft in meinem Zimmer, ich hatte nicht mitbekommen, dass er schon fertig war. Er setzte sich neben mich.

„Sebastian.. ich hab keine Probleme damit, dass du schwul bist. Das bist du doch… oder?“

Ich nickte.

„Nachdem was mir mein Dad bisher erzählt hat, scheinst du ein sehr feiner Kerl zu sein. Und wenn du nichts dagegen hast und unsere Alten wirklich heiraten, dann hätte ich dich gerne als Bruder, nicht als Stiefbruder, so einen wie dich habe ich mir immer gewünscht.“

Die ganze Zeit lag ich da schaute ihm dabei in die Augen und mir liefen die Tränen nur so herunter. Er nahm mich in den Arm und drückte mich an sich. Ich konnte seine Haut an meiner Wange spüren und roch den Duft seines Duschgels.

„Ich weiß nicht warum Sebi, aber als ich dich das erste Mal sah, war mir gleich klar, dass du jemand besonders bist“, begann Andreas zu erzählen und nahm meinen Kopf in seine Hände, „und mir war klar, dass ich dir voll vertrauen kann.“

Jetzt war es wirklich aus mit mir, ich heulte Rotz und Wasser.

„Ja lass es raus Kleiner, dass tut dir gut“, hörte ich seine sanfte Stimme.

Er streichelte mir die ganze zeit durch die Haare, bis ich mich endlich einigermaßen beruhigt hatte.

„Hat dir dein Vater erzählt, dass ich schwul bin?“ fragte ich ihn.

„Nein Sebi…“

Wie liebevoll er mich Sebi nannte.

„Du hast dir sicher gedacht ich bin schwul, oder?

Ich nickte.

Da hast du mit deinen Vermutungen fast Recht gehabt. Ich bin BI! Und im Augenblick stehe ich eben mehr auf Mädchen, um genauer zu sein, auf Jenny.“

Ich atmete tief durch und sank in mich zusammen.

„Danke, dass du so offen bist zu mir“, sagte ich leise.

„Hallo? Ich denke das gehört sich unter Brüdern so, oder?“

Jetzt brachte ich sogar ein kleines Lächeln zu Stande.

„Brauchst dich also nicht zu bedanken!“

„Wäre vielleicht besser, wenn du dich anziehst…“

Er grinste breit.

„Mum wartet nicht gern lange… und ich weiß nicht wie lange ich diesem Anblick noch standhalten kann.“

Er beugte sich vor, so dass sein Gesicht kurz vor meinem Innehielt.

„Wenn ich ehrlich bin“, begann er zu flüstern, „… ein Glück… bist du angezogen, sonst könnte wer weiß was passieren.“

Nun hatte er geschafft, ich fing laut an zu lachen.

„Bruderherz, so gefällst du mir wesentlich besser!“

*-*-*

„Da seid ihr ja endlich“, sagte Mum, „was habt ihr denn so lange da oben gemacht?“

„Ich habe gerade deinen Sohn vernascht und ich muss sagen, er ist ein begnadeter Küsser!“, antwortete Andreas und setzte sich, als wäre nie etwas gewesen auf einen freien Stuhl.

Michael prustete den gerade getrunken Kaffe aus und Mum ließ ihre Tasse sogar fallen.

„Was… habt ihr… beide?“, stammelte Mum.

Ich konnte nicht anders. Andreas Pokerface war zum schießen und ich lachte lauthals los. Andreas angesteckt ebenfalls.

„Ich glaube, die beiden haben uns gerade heftig aufs Glatteis geführt Clarissa“, meinte Michael.

Er versuchte gerade verzweifelt die Kaffeeflecken von seinem Shirt zu bekommen.

„Tja Mum, gewöhn dich dran, mich gibt es sofort nur noch im Doppelpack!“

Ich lehnte mich grinsend nach hinten und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf. Mum schaute Michael lange an.

„Bist du wirklich sicher?“, fragte sie.

Michael nickte.

„Was ist denn so wichtig, worüber ihr zwei mit uns reden wollt?“, fragte Andreas.

Wieder schauten die zwei sich an.

„Die wollen sicher mit uns den Hochzeitstermin absprechen, damit wir auch ja Zeit haben“, sagte ich tonlos.

Verwirrt schaute mich Mum an und ich spürte wie Andreas sich das Kichern verbeißen musste.

„Wenn ihr kurz wartet, kann ich meinen Terminplaner holen“, setzte ich noch eins drauf.

Nun konnte sich Andreas nicht mehr zurück halten.

„Der… der war gut!“, brüllte er und fiel vor lachen vom Stuhl.

„Ich gehe davon aus, dass unsere Söhne keinerlei Probleme damit haben, dass wir zwei heiraten wollen“, meinte Michael, der sich als erstes fasste.

Andreas lag immer noch lachend auf dem Boden und nickte. Ich nickte ebenfalls, schaute eine verwirrte Mum an und legte meine Hand auf ihrer Schulter.

„Mum, mal ehrlich, so verliebt wie ihr zwei seid, ist das doch die logischste Schlussfolgerung, oder?“

„Aber wir wollten wissen, ob euch das überhaupt recht ist…“, meinte Mum etwas aufgelöst.

Andreas war mittlerweile auf seinen Stuhl zurück gekehrt.

„Clarissa, wenn ich etwas gegen dich hätte, wäre das Dad sicher aufgefallen und was Sebastian betrifft, Dad vergöttert ihn bereits wie einen Sohn.“

Michael wurde rot.

„Ich muss Andreas Recht geben, würden wir hier sitzen, wenn wir anderer Meinung wären?“

Mum schaute erst mich und dann Andreas an.

„Ihr habt Recht…, entschuldigt. Wir wollten euch nur nicht vor vollendete Tatsachen stellen…“

„Wann ist denn nun der Hochzeitstermin?“, fragte Andreas.

„Wenn alles passt Ende Mai, wenn ihr nichts dagegen habt.“

„Was sollen wir denn dagegen haben“, meinte Andreas, „ich bekomme endlich den Bruder, den ich mir immer schon gewünscht hatte.

„Ja, das geht mir genauso“, fügte ich noch an.

Das Mum nun traurig schaute, entging mir nicht. Warum? Das sollte jetzt einer verstehen. Aber ich kam gar nicht dazu, diesen Gedanken weiter zu vertiefen, den Michael begann sofort uns von den Hochzeitsvorbereitungen zu erzählen.

*-*-*

„Sebastian nun steh schon auf, sonst kommst du noch zu spät in die Schule“, hörte ich meine Mutter rufen.

Wir waren bis spät in die Nacht beieinander gesessen, denn es musste ja auch noch der Umzug geregelt werden. Andreas sollte sein Zimmer direkt neben mir bekommen, das dritte als Gästezimmer verbleiben.

Ich trottete in mein Bad und stellte mich schnell unter die Brause um richtig wach zuwerden.

„Sebastian.“

„Ich komm ja schon. Bin gleich fertig.“

„Ja hoffe ich, sonst fahr ich ohne dich.“

„Ach, dass ist gut, dann kann ich daheim bleiben“, meinte ich.

„Untersteh dich!“, rief Mum zurück.

Zehn Minuten später saßen wir im Auto und fuhren Richtung Stadtmitte. Ich bemerkte, dass meine Mum ein wenig nervös war.

„Was ist los, wo drückt der Schuh?“, fragte ich sie.

„Ich werde es dir irgendwann erzählen, aber jetzt nicht, okay?“

„Ist in Ordnung, … ich stehe jederzeit zur Verfügung.“

Sie lächelte etwas gequält. Schneller als mir lieb war, hielt meine Mutter vor der Schule. Das liebe alte Humboldgymnasium. Eine Schule für all die ihre Musikneugierten befriedigen wollten. Ich meine alle die später mal in Richtung Musik hinaus wollten.

Ach so, hatte ich ja noch nicht erzählt. Ich spielte mit Leidenschaft Klavier, aber mit dem Singen hatte ich es echt nicht so am Hut, aber es gehörte hier halt zum Lehrplan. Ansonsten war es eine ganz normale Schule wie jede andere auch.

„Morgen Basti, wie war dein Wochenende?“ kam es von rechts.

„Ah morgen Rafael, war gut, war bei der Tanzmeisterschaft, in der Treuerhalle.“

„Tanzen? Hat es dich jetzt gepackt?“

„Nein. War nur dort um meinen neuen Bruder kennen zu lernen.“

„Jetzt mal der Reihe nach, …tanzen… neuer Bruder…, ich verstehe nur Bahnhof.“

„Ich war mit meiner Mutter bei dieser Tanzveranstaltung, weil sie mir den Sohn ihres zukünftigen Mannes vorstellen wollte.“

„Deine Mum heiratet wieder?“

„Du hast es erfasst.“

„Und wann heirateten sie?“

„So Ende Mai, warum?“

„Weil wir da eine Prüfung haben“, erklärte Rafael.

„Das haben wir doch den ganzen Mai.“

„Dass lieber Sebastian ist aber DIE Prüfung, da müssen wir unsere selbstkomponierten Lieder vorspielen.“

„Oh Scheiße, dass habe ich ganz vergessen.“

„Deswegen frag ich ja, hast schon angefangen?“

„So halber, ein bisschen Text und eine Melodie hab ich schon.“

„Und wo hängt es?“

„Ich habe noch niemand, der es vorträgt ich meine mit dem Singen.“

„Das musst du doch selber machen.“

„Ja ist klar, aber es ist ein Lied für zwei Personen.“

„Und nun musst du noch jemanden finden der das Lied mit dir einstudiert.“

„Genau, du bist so ein helles Köpfchen.“

„Danke Sebastian und ich glaube ich kann dir sogar helfen.“

„Helfen?“

„Ja helfen, ich wüsste da vielleicht jemanden, der dich unterstützen könnte.“

„Ja echt?“

„Ja, er heißt Martin und ist eine Klasse über uns, ich wird ihn einfach mal fragen.“

„Tu dass, mal gespannt bin ob er es machen würde.“

*-*-*

Am Mittag saß ich total einfallslos vor meinem Flügel, der in unserem zukünftigen Gästezimmer stand. Immer und immer wieder spielte ich die Melodie. Doch immer an der gleichen Stelle blieb ich hängen. Ich fand keinen Übergang.

Die Haustür klingelte, auch das noch. Ich lief die Treppe hinunter und öffnete die Haustür.

„Andreas?“

„Hallo Sebi, wir waren gerade in der Nähe und ich wollte meiner Jenny hier mal meinen Bruder vorstellen.“

Neben Andreas stand eine kleine zierliche Person. Sie nickte mir schüchtern zu.

„Dann kommt mal rein ihr zwei“, meinte ich und hielt die Tür auf.

Andreas lief mit Jenny ins Wohnzimmer. Fühlt euch wie zu Hause, dachte ich noch.

„Wollt ihr etwas trinken?“, fragte ich.

„Gerne“, meinte Andreas und Jenny nickte.

Ich lief also zurück und ging in die Küche um drei Gläser aus dem Küchenschrank zu holen. Als ich zurück kam, unterhielten sich Jenny und Andreas gerade.

„Und hier wirst du wohnen, das ist ja eine halbe Weltreise von mir.“

„Jetzt hab dich doch nicht so, ich zieh doch nicht in eine andere Stadt.“

„Ich bin aber nicht bereit, jedes Mal so einen weiten Weg auf mich zu nehmen wenn ich dich besuchen möchte.“

„Was ist heute nur mit dir los Jenny, den ganzen Mittag bist du schon irgendwie komisch.“

„Können wir uns auf dem Heimweg unterhalten, ich will hier keine Diskussionen führen.“

Oha, so zierlich wie sie aussah, war sie gar nicht, da passte eher die Beschreibung klein und bissig. Ich räusperte mich und lief zurück ins Wohnzimmer. Die Unterhaltung stoppte abrupt.

„So dann bin ich wieder“, sagte ich.

„Oh du Sebi, mir ist da gerade eingefallen, dass ich noch etwas besorgen muss. Wir gehen dann gleich wieder.

Jenny stand schon auf.

„Wir können ja heute Abend kurz telefonieren“, meinte Andreas und zog wieder seine Jacke an.

„Geht in Ordnung, dann macht es mal gut ihr beiden.“

Ich geleitete die beiden an die Tür und schon waren die beiden weg. Das konnte ich jetzt unter die Rubrik komischer Besuch ablegen, und mir fiel auf, dass mir diese Jenny schon jetzt ziemlich unsympartisch war.

Ich kehrte an meinen Flügel zurück und probierte weiter.

*-*-*

„Hallo Schatz, ich bin wieder zu Hause“, rief meine Mutter und ich hörte wie die Haustür ins Schloss fiel.

„Bin hier oben am Flügel.“

Ich hörte ihre Schritte die Treppe heraufkommen und schon stand sie bei mir.

„Na, was machst du?“

„Ach ich sitze hier an diesem Lied für meine Prüfung und komm nicht weiter.“

„Da kann ich dir im besten Willen nicht helfen.“

„Ich weiß, aber danke Mum.“

„Ich mach jetzt schnell das Abendbrot fertig und dann essen wir, ich möchte noch zu Michael heut Abend.“

„Geht klar, ich höre hier jetzt auf, mir fällt nichts mehr ein.“

„Gut, bis gleich“, meinte Mum und verschwand.

Mein Telefon klingelte. Eilig stürzte ich hinüber in mein Zimmer und nahm den Hörer ab.

„Sebastian hier.“

Niemand meldete sich. Ich konnte nur schwach ein Wimmern hören.

„Hallo?“, rief ich in den Hörer.

„Sie hat Schluss gemacht…..“, kam es plötzlich aus dem Hörer.

„Andreas?“

Wieder kam nichts nur war dieses Mal ein richtiges Weinen zu hören.

„Andreas ganz ruhig“, sprach ich einfach weiter und wusste nicht wie ich auf die Situation reagieren sollte.

Mir fiel etwas ein.

„Bleib am Telefon, ich muss kurz was fragen, okay?“, meinte ich und wartete nicht die Antwort ab.

Ich lief wie von einer Meute Wölfe gehetzt die Treppe hinunter.

„Mum…, Mum wo bist du?“ rief ich.

„Was schreist du denn so Sebastian, ich bin noch in der Küche.“

„Du fährst doch gleich zu Michael?“

„Ja warum?“

„Lass alles liegen und stehen, wir fahren sofort!“

„Langsam junger Mann, du willst mitfahren und warum sofort?“

„Ich muss dringend zu Andreas, ich erkläre es dir im Auto warum, okay?“

Sie nickte verwundert. Wieder rannte ich hoch in mein Zimmer. Ich nahm den Hörer und lauschte, noch immer war Andreas sein Gewimmer zu hören.

„Andreas höre mir zu,  wir beenden das Gespräch jetzt und ich komme zu dir.“

„Was machst du?“, hörte ich leise von der anderen Seite.

„Ich bin gleich bei dir, okay?“

„Ja.“

Tut – Tut – Tut.

Er hatte aufgelegt. In Windeseile zog ich meine Schuhe an, schnappte meine Jacke und rannte wieder nach unten.

„So da wäre ich, es kann los gehen“, meinte ich zu meiner Mutter.

„Kannst du mir sagen was überhaupt los ist?“

„Bitte Mum gleich, las uns losfahren… es ist dringend.

Besorgt nahm sie ihre Tasche und Jacke und beide verließen wir das Haus. Während der Fahrt zu Michael erzählte ich ihr, was geschehen war. Sie gab kein Kommentar dazu ab und nickte nur.

„Kannst du nicht etwas schneller fahren?“, fragte ich ungeduldig.

„Sebastian, dass scheint zwar ein Notfall zu sein, aber ich möchte auch noch gesund ankommen.

Ich nickte. Es war schon ein Stück zu den Beiden. Das Gespräch am Mittag, das ich zwischen Andreas und Jenny mitgehört hatte, kam mir wieder in den Sinn. Sollte sie deswegen wirklich Schluss gemacht haben?

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als meine Mum vor einem Wohnkomplex anhielt.

„So wir sind da, Junior“, meinte sie und zog den Schlüssel ab.

Wir stiegen aus und liefen durch den zuasphaltierten Vorgarten, wenn man das so nennen konnte. Kein Wunder war es eine Verbesserung, wenn sie zu uns zogen. Meine Mutter war immer noch sehr nervös, sie traf vor Zittern den Klingelknopf nicht.

Ich stellte keine Fragen und übernahm es und druckte die Tür auf, das Summen erfolgte nämlich prompt. Wir stiegen in einen viel zu engen Aufzug Baujahr letztes Jahrhundert. Ihr werdet lachen, aber so sah es wirklich aus.

Das nicht irgendwelche Pferde das Ding hochzogen, war gerade ein Wunder. Im achten Stock hielt der Aufzug. Wir verließen ihn und es folgte ein langer dunkler Flur. Meine Mutter kannte sich hier aus, denn zielstrebig lief sie zu einer bestimmten Tür.

Die Tür war nur angelehnt, so liefen wir direkt in die Wohnung.

„Hallo Sebastian, dich schickt der Himmel“,,“ sagte Michael zur Begrüßung.

„Das glaube ich nun weniger“, meinte Mum und gab Michael einen Kuss.

Verwundert schaute er Mum an.

Meine Mutter schaute Michael fragend an.

„Irgendetwas stimmt nicht mit Andreas, er will auch nicht mit mir reden,“ erklärte er sofort.

„Ich weiß“, sagte ich leise, was Michael noch mehr verwunderte.

„Ich erkläre es dir gleich“, meinte Mum und zu mir gewandt, „Andreas Zimmer ist da hinten links.“

Meine Mutter nahm erst jetzt Michael in den Arm und im vorbei gehen hörte ich, dass sie ein paar Worte wechselten.

„… es ist noch etwas passier… es ist eingetroffen wovor ich mich Jahre gefürchtet…“

Ich wollte über das eben gehörte nicht nachdenken sondern lief zur Tür von Andreas. Leise klopfend wartete ich auf Einlass, aber von drinnen war nichts zu hören. Ich öffnete leise die Tür und betrat das Zimmer.

Drinnen war es dunkel nur eine Kerze brannte. Andreas fand ich zusammen gerollt, auf seinem Bett liegend. Leise näherte ich mich ihm, hörte das Wimmern, das ich schon am Telefon vernommen hatte.

Auf dem Boden lag eine zerrissene Fotografie. Jenny… Also doch. Ich setzte mich auf sein Bett und streichelte vorsichtig über seine Haare. Er zuckte leicht zusammen, sein Wimmern, stoppte abrupt.

„Andreas?“, sagte ich leise.

Er richtete sich auf und lehnte sich gegen meine Brust und weinte weiter. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, es löste aber ein behagliches Gefühl in mir aus. Gleichzeitig wurde ich böse auf mich, weil mir jetzt solche Gedanken in den Kopf  kamen.

Mein Körper versteifte sich. Andreas löste sich von mir und wischte sich die Tränen ab.

„Ist es dir unangenehm?“ fragte Andreas, der anscheinend meinen Zwist mit mir selbst spürte.

„Nein nicht unangenehm, sondern ungewohnt.“

„Wieso ungewohnt, du hattest doch schon einen Freund.“

„Nein, jedenfalls noch keinen festen.“

„Ich jetzt auch nicht mehr… meine keine feste Freundin …“

Also doch dachte ich sie hatte Schluss gemacht.

„Aus welchem Grund?“

„Frag sie, ich kapiere es bis jetzt noch nicht,“ und ich merkte wie Andreas erneut anfing zu zittern.

Ich legte meinen Arm um ihn und fuhr sanft über seinen Rücken. Sein Zittern wurde weniger, er beruhigte sich wieder. Ich wollte gerne das Thema wechseln, aber wusste nicht womit. Andreas übernahm das.

„Ich bin jetzt richtig froh, dass wir zu euch ziehen und vor allem endlich einen Bruder zu haben.“

„Darauf freute ich mich auch.“

Selbst wurde ich nun unsicher. So war ich es, der jetzt anfing mit zittern. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich schaute weg. Plötzlich spürte ich, wie Andreas Hand sanft an meinen Kinn zog, bis ich ihn wieder anschaute.

Seine Augen waren rot und unterlaufen, er musste viel geweint haben. Doch das schien nun vergessen.

„Kleiner was ist los, du bist hergekommen um mich zu trösten, aber so wie ich es sehe, muss ich den Part bei dir jetzt übernehmen.“

„Tut mir leid Andy, aber ich bin mit dieser Situation ein wenig überfordert. Noch vor einer Woche verlief mein Leben noch ganz normal.“

Irgendwo klingelte ein Handy.

„Und was ist jetzt unnormal?“, fragte Andreas.

„Ich habe das Gefühl es wird total aus den Fugen geworfen. Ich kenne diese Zärtlichkeiten, seien es nun brüderliche oder von einem Jungen nicht. Ich bin bisher nur von meiner Mutter in den Arm genommen worden. Aber das…hier .. ist ganz anders…“

Plötzlich hörten wir einen Schrei aus einem anderen Zimmer der Wohnung. Andreas sprang auf und lief aus seinem Zimmer, ich ihm hinter her. Die Erklärung fanden wir im Wohnzimmer. Meine Mutter war in sich zusammen gesunken auf dem Boden, Michael stand hilflos hinter ihr, das Handy meiner Mutter lag auf dem Boden.

Ich ging auf sie zu und hob es auf. Es war nur noch ein Tuten zu hören. Fragend schaute ich Michael an, der aber nur mit den Schultern zuckte. Er bückte sich und hob vorsichtig Clarissa auf das Sofa. Andreas stand immer noch wie angewurzelt an der Tür.

Ich ging zu ihm hin und schob ihn auf das andere Sofa und strich ihm zärtlich dabei über den Kopf.

Michael schaute besorgt zu seinem Sohn.

„Geht’s wieder?“ fragte er nur.

Andreas nickte. Ich stand wieder vor meiner Mum und kniete mich vor ihr hin.

„Kann es sein, das meine Mum einen Schock hat sie reagiert auf nichts.“

„Sebastian um ehrlich zu sein, ich kenne mich da zuwenig aus.“

„Mir reicht es jetzt ich rufe unseren Hausarzt an, egal wie viel Uhr es ist.“

Ich wählte die Nummer auf dem Handy meiner Mutter und nach wenigem Klingeln meldete sich auch schon Doc Kramer. Ich erklärte ihm kurz, die Situation und er bat mich, ob es möglich wäre sie in ihre gewohnte Umgebung zu bringen.

„Können du uns zu uns nach Hause fahren?“

Michael nickte. Der Arzt hatte mir die Anweisung gegeben, dass wir meine Mum warm einpacken sollten und so schnell wie möglich zu uns nach Hause bringen sollten, er mache sich auf den Weg und käme sofort vorbei.

Ich steckte das Handy in Mums Tasche und verschloss diese.

„So Andreas du gehst in dein Zimmer und ziehst dir etwas Vernünftiges an, du bleibst nicht alleine hier“, sagte ich bestimmend.

Andreas widersprach nicht, stand wortlos auf und schien meiner Anweisung zu folgen. Dann wandte ich mich an Michael.

„Hast du irgendwo eine Decke worin wir Mum einpacken können sie soll es warm haben, meinte der Arzt.“

Michael reagierte sofort. Er nickte und lief zum Schrank aus dem er eine Wolldecke heraus zog. Ich nahm die Sachen meiner Mutter und auch meine Jacke. Michael hatte meine Mum bereits eingewickelt und auf seinen Armen tragend. Ich lief zu Andreas.

„Bist du fertig?“

„Ja.“

„Dann komm.“

Schnell waren wir unten bei dem Wagen meiner Mutter. Ich schloss auf. Vorsichtig setzte sie Michael auf die Rückband, während ich Andreas auf den Beifahrersitz verfrachtete. Ich selber stieg zu meiner Mutter nach hinten.

Michael startete den Wagen und schon ging es los, für meinen Geschmack ein wenig zu heftig. Ich legte meine Hand auf Michaels Schulter.

„Michael, bitte fahr langsam, wir wollen alle gesund ankommen.“

Ich lehnte mich zurück und beobachtete meine Mutter. Immer noch starrte sie in die gleiche Richtung. Ihre Lippen bewegten sich unmerklich, als wollte sie etwas sagen, aber ich verstand nichts.

Zuhause angekommen, wartete bereits Doc Kramer. Ich schloss die Haustür auf  Michael trug Mum direkt in ihr Schlafzimmer. Der Arzt untersuchte sie kurz und gab ihr dann schließlich eine Spritze zur Beruhigung. Eine viertel Stunde später war meine Mutter eingeschlafen.

Er meinte er komme morgen in der früh noch mal vorbei und nach ihr zu schauen, sollte es aber Komplikationen in der Nacht geben, solle ich ihn sofort anrufen. Ich bedankte mich nochmals für seine schnelle Hilfe und er ging.

„Du weißt absolut nichts“, fragte ich Michael noch mal.

„Ich weiß nicht ob ich dir das sagen soll, ob es Clarissa recht wäre.“

„Michael, was auch immer es sei, es ist egal ob ich es wissen darf oder nicht.“

„Dein ..dein Vater hat vor ein paar Tagen angerufen.“

„Wer mein Vater…, du meinst wohl mein biologischer Erzeuger… einen Vater nennt man jemand der sich um sein Kind kümmert, aber der, der hat sich doch noch nie bei uns gemeldet, dem waren wir doch schon immer egal.“

Jetzt war ich auf Hochform, so sauer war ich schon lange nicht mehr.

„Sebastian bitte, bleibe ruhig, du hilfst deiner Mutter überhaupt nicht damit. Mensch wie soll ich dir das alles erklären, das wäre die Aufgabe deiner Mutter gewesen. Ich weiß nicht wie man so was macht, ich hab einfach Angst dich zu verletzten mit dem was ich dir jetzt noch sagen werde.“

Andreas hatte mich zu sich auf das Sofa gezogen und in den Arm genommen.

„Dein Vater hat angerufen um mit Clarissa …. er wollte mit dir über deinen Bruder reden.“

„Mein Vater? Woher weiß er das Andreas mein Bruder wird, und ihr heiratet.“

„Sebastian, ich meine nicht Andreas… ich meine… deinen… leiblichen Bruder…“

Das war jetzt ein schlechter Scherz, oder?

„Was? Was hast du gerade gesagt?“

Ich war total schockiert.

„Du hast richtig gehört, Sebastian. Du hast einen Bruder… einen Zwillingsbruder. Phillip heißt er.“

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