Trügerische Sommernächte – Teil 1

Ich bin Erik,16 Jahre alt und ein unauffälliger Typ. Nicht besonders Interessiert an allem, doch ich war überall mit dabei. Damals wusste ich nicht, was ich bin, geschweige denn wer ich bin, so wie es halt ist, wenn man gerade 14 wird. Es begann eigentlich alles harmlos….

Alle Namen der Geschichte wurden geändert, bzw. sind frei erfunden. Sollte sich jemand wiedererkennen so ist dies Zufall!

Diese Geschichte ist zum Teil fiktiv aber auch teilweise real geschehen.

Vorwort

Ich bin Erik,16 Jahre alt und ein unauffälliger Typ. Nicht besonders Interessiert an allem, doch ich war überall mit dabei. Damals wusste ich nicht, was ich bin, geschweige denn wer ich bin, so wie es halt ist, wenn man gerade 14 wird. Es begann eigentlich alles harmlos….

Es war Sommer und in unserer Familie stand die Jugendweihe ins Haus. Da es in diesem Jahr drei an der Zahl waren, hatten wir uns entschlossen an zwei Wochenenden zu feiern. Ich und mein Cousin Andy wir warteten schon sehnsüchtig auf diesen Tag an dem wir endlich in die Reihe der Erwachsenen aufgenommen werden sollten.

Wir wohnten in einer kleinen Stadt und waren Happy, das unser kleines “Dorf”, wie wir es nannte, sogar eine eigene Autobahn-Abfahrt hatte. Es war einfach schön hier. Wir hatten vier Häuser in einer Reihe, mit riesigen Grundstücken dazwischen. Man brauchte von Garten 1 bis zu Garten 4 gut 5 Minuten, und das ohne über Zäune zu klettern, die gab es nämlich nicht. Dazu hatten wir eine 250 Quadratmeter große Gemeinschaftsterrasse, wo immer all unsere Partys stattfanden, und wenn’s draußen nicht ging, dann nutze man die Räumlichkeiten darunter, die in derselben Größe waren. Die Vorbereitungen liefen bereits seit Wochen auf Hochtouren, als plötzlich meine Freundin in Spee, Sandra, heulend vor unserer Tür stand. Meine Mum bat sie rein, und das Unheil, wenn man es so nennen will nahm seinen lauf…..

Kapitel 1 – Unerwünschter Besuch

„Erik, komm mal runter, Besuch für Dich!” rief meine Mum die Treppe herauf. Ich war gerade dabei in meinem Zimmer zu versuchen, das Chaos was hier herrschte ein wenig kontrollierter aussehen zu lassen. Ich fluchte vor mir hin, und fragte mich, wer das wohl wieder sein könnte.„Wer ist es denn, Mum? Ich hab grad absolut keine Zeit, soll später wiederkommen“, rief ich zurück. Da donnerte es von unten rauf „Komm runter, Sandra ist hier!” mir viel vor Schreck alles aus der Hand. „Ja, komm ja schon« rief ich schnippig. Mit meinem Vater hatte ich überhaupt noch nicht gerechnet. Der sollte doch erst nächsten Donnerstag wieder nach Hause kommen. Scheiße, dachte ich so bei mir, und ging ziemlich genervt nach unten.

Mum und Dad standen unten im Flur beide mit verschränkten Armen, und ich fragte mich wo Sandra war, was mein Vater aber gleich mit einem Fingerwink in Richtung Wohnzimmer beantwortete.

„Und Ihr?” fragte ich ungeduldig, „Ihr wollt doch bestimmt wissen was los ist.” Dad´s Antwort darauf hörte ich das erste Mal und das machte mich noch unsicherer. „Das geht uns nix an, das ist Deine Freundin, also klär das gefälligst allein. Willst ja Erwachsen sein! Oder sollen wir die Party stornieren? Komm, und wir zwei gehen Einkaufen.” sagte er zu Mum, und weg war er. Mum zog mich kurz zu sich und sagte, das Sie es nicht verstehen kann, das ich so ein hübsches Mädchen einfach so lange warten ließ, dann ging sie.

Nun Sandra war wirklich hübsch, jeder flog auf sie. Ich glaube ich kannte bei uns auf der Schule niemanden, der sie nicht mindestens anhimmelt. Sie hatte blondes Schulterlanges Haar, immer Top-Gekleidet, aber ich hatte sie bekommen. Ich wollte sie, warum wusste ich nicht, alle sprachen davon, und jeder versuchte es mal, aber sie ließ jeden abblitzen. Als die anderen mitbekamen, und das ging sehr schnell – ich glaub es hat nicht einmal zwei Unterrichtsstunden gedauert, das wir zusammen gingen und die ganze Schule incl. der kleinen Knirpse redeten über uns.

Nun da das geklärt war, konnte ich mich auch nicht mehr davor drücken sie vor allen zu küssen und so weiter. Also setzte ich mein „schönes Wetter“ Lächeln auf und spielte mit. Sandra gefiel das Klatschen und Tratschen über uns, und sie konnte nicht genug davon bekommen, mir Ihre, mit Erdbeer-Lippenstift bemalten Lippen auf meine zu klatschen. Ich hasste es, ich hasste die ganzen Augen ringsherum, verfluchte sie, und dachte bei mir “hoffentlich geht gleich die nächste Stunde los.” In den großen Pausen, versteckte ich mich meist hinter meinen Kumpels oder ich musste mal “ganz dringend” irgendwohin. Doch ich konnte mir absolut nicht vorstellen mich von ihr zu trennen, jetzt wo alles so perfekt lief, und keiner mehr so Dumme fragen stellte wie “Na und du, wieder keine erwischt am Wochenende?”.

Was wollte sie hier, wir hatten doch ausgemacht dass wir uns gegenseitig nicht zu Hause besuchten. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich ging nervös und mit weichen Beinen ins Wohnzimmer. Als Sandra mich sah, sprang sie auf, und drückte mich glatt an die Wand. Sie schluchzte und tränen liefen von Ihrem hübschen Gesicht auf meine Schulter. Sie sah irgendwie älter aus, dachte ich so bei mir, so mit der ganzen verschmierten Schminke. Ich beruhigte sie etwas und fragte Sie, was denn eigentlich los sei.

Daraufhin fing sie noch mehr an zu heulen. Innerlich verdrehte ich die Augen und mir wurde irgendwie übel. „Nun sag schon „ drückte ich sie weg und schaute sie an, „Was ist los?“ Sie wischte sich die Tränen ab, und gurgelte etwas vor sich hin, was selbst sie wahrscheinlich nicht verstehen hätte können, wenn sie an meiner Stelle gewesen wäre. „Fr…Fran…Franky“, hörte ich aus ihrem Geschluchze geradeso heraus. „Was ist mit Franky? Ich versteh nur Bahnhof. Kannst Du mich bitte mal aufklären?“ Wir setzten uns, und ich dachte so bei mir, das kann noch ein bisschen dauern. „Magst Du was trinken?“ fragte ich sie und sie nickte. „Wasser wenn ich mich nicht irre?“ fragte ich und sie schüttelte den Kopf, und sagte, ihr wäre jetzt ein Bier lieber. Ich schaute sie erstaunt an, und mir schwante Böses. Ich ging in die Küche und holte uns zwei Flaschen und während ich dies tat, fragte ich mich, was wohl mit Franky sei, das so schlimm ist, das Sie ein Bier haben will. Sie hasste Bier doch. Egal ich wischte den Gedanken beiseite, und ging wieder ins Wohnzimmer.

„Hier“, sagte ich zu Ihr und gab Ihr das kühle Blonde. Irgendwie sah es komisch aus, wie sie die Flasche nahm und einen ziemlich mächtigen Schluck nahm. „So, und nu Erzähl endlich!” Wie Frauen so sind, fangen sie beim Erzählen immer mit den unwichtigen Sachen an, bevor sie dann auf den großen Showdown kommen. Ich hörte zu, doch als Sie fertig war standen selbst mir die Tränen in den Augen. Franky, ein Schüler aus der Klasse über mir, hat sich letzte Nacht erhängt. Wow, das war eine Nachricht. Ich leerte mein Bier und ging uns noch eins holen.

Wir schwiegen. Franky hab ich nur das ein oder andere Mal mit meinen Kumpels reden sehen, doch mehr Kontakt hatte ich zu ihm nicht. Plötzlich schaute mich Sandra merkwürdig an, und ich fragte mich wohl was noch kommen würde.

„Als ich es erfuhr, bin ich gleich zu seinen Eltern gerannt, denn ich konnte es nicht glauben. Der war doch immer so höflich und lieb. Der hat noch nicht einmal versucht mich anzubaggern. So schüchtern, ich mag das. Genau wie Du! „Peng, das saß, ich wurde Feuerrot, „Ich bin doch nicht schüchtern!” empörte ich mich, doch sie lächelte bloß und legte ihren Kopf schräg. „Na ja, vielleicht ein bisschen…“ gab ich Ihrem Blick nach. „Ein bisschen ganzschön. „ sagte sie, und lächelte das erste Mal. „Jedenfalls bestätigte seine Mum mir die Nachricht, und bat mich rein. Sie sagte sie könne da nicht noch mal hochgehen, aber ich sollte doch bitte die geliehenen Schulsachen von Ihm mitnehmen, und abgeben. Daraufhin wäre sie mir beinahe im Flur umgekippt, wenn nicht Franky´s Vater sie aufgefangen hätte. Ich sagte Ihr dass ich es tue, und auch gern noch etwas bleibe. Franky´s Vater schaffte sie fort. Als ich oben Franky´s “Heiligtümer” nach Schulsachen durchsuchte, fand ich eine merkwürdige Kiste unterm Bett, die sehr viel benutzt aussah, wie wenige Dinge in seinem Zimmer. Ich zog sie raus, und setzte mich auf sein Bett. Sie war ziemlich schwer. Als ich sie aufmachte, traf mich der Schlag. Sämtliche Schulzeitungen, Fußballbilder und überhaupt alles, ja sogar Slips und so ein Zeugs war da drin!“ Sie hielt inne. „Ja und? Was hat das mit mir zu tun?“ fragte ich.

Sie musterte mich, antwortete aber nicht gleich. „Nun, was das mit dir zu tun hat.?., ich glaub das war eine blöde Idee hierher zu kommen.“ sagte sie und stand plötzlich auf. Ich stürzte auf Sie zu und hielt Sie fest. „WAS, HAT DAS MIT MIR ZU TUN??“ fragte ich Sie etwas herb. Sie schüttelte den Kopf und sagte „Na, kannst du dir das jetzt nicht denken?“ „Nö,“ sagte ich schnippig und begriffsstutzig zugleich. „Die Sachen in dem Koffer waren allesamt von Dir. Alle und auch das hier lag da drin.“

Sie wedelte mit einem Briefumschlag vor mir rum, und sagte dass ich das erst lesen darf wenn sie weg ist, und daher ginge sie jetzt. Ich war völlig neben mir. Was hat sie da gesagt, die Sachen waren von mir? Das konnte ich nicht glauben, dieses kleine miese Dreckstück hat mich beklaut, fuhr es mir durch den Kopf, und die Retoure-Kutsche meines Gewissen sprang darauf natürlich sofort an. Mir wurde noch schlechter, als es mir sowieso schon ging. Ich setzte mich hin, und schaute ins Leere. Konnte es sein…? und wenn, Warum hat er nie…? Ich wurde von Sandra in meinen Gedanken unterbrochen.

„Hier, lies, ich geh jetzt, wir sehn uns morgen. Ich weis wo es rausgeht. „Sie gab mir den Brief, und ich nahm ihn mit zunehmend zittriger Hand. Ich legte Ihn vor mir hin, so als könnte er mir von da aus nichts tun. Ich saß einfach nur da und grübelte vor mir hin, bis ich meinen Vater in der Küche hörte.

„Na alles wieder im Lot ihr zwei?“ schaute er um die Ecke. „Wo ist Sandra?“ „Gegangen“ antwortete ich knapp. „Was ist los du siehst so blass aus?“ kam meine Mum dazu. Erst jetzt viel mir der Brief wieder ein, der mittlerweile auf meinem Schoß lag. „Lass gut sein Mum,“ sagte ich, und stand auf. „Ich geh in mein Zimmer aufräumen, plant mich nicht zum Essen ein, ich geh heut Abend weg.“

Ich wollte Franky´s Eltern besuchen. Ich wollte diese ominöse Kiste sehen. Und hoffte dass alles nur ein trauriger Witz ist. Ich glaub ich hab mein Chaos noch nie so schnell im Schrank verschwinden lassen wie an dem Tag. Ich zog mich an, nahm den Brief schaute Ihn an und wollte Ihn aufreißen und Lesen, aber irgendetwas hielt mich davon ab. Ich steckte Ihn mir in die Hosentasche meiner Jeans und betrachtete mich im Spiegel noch mal. Ja, dachte ich so bei mir, das ist angemessen für einen Toten. Ich sah wie meine Augen Ihr funkeln verloren, und mir eine Träne übers Gesicht rollte. Ich knallte den Schrank zu, und versuchte mich zu beruhigen.

Als ich runter ging schlich ich mich in Richtung Haustür, aber das war ein kläglicher Versuch, denn meine Mum stand in dieser und wartete schon auf mich. „Was ist los?“ mehr sagte sie nicht. „Ich geh zu Sven,“ sagte ich und wollte mich an Ihr vorbeidrücken. „Halt, Du gehst nirgends hin, wenn Du mir nicht sagst was los ist.“

„Mum, … also gut wenn’s sein muss,“

„Ja muss es!“

„Franky, ein Typ aus meiner Schule hat sich erhängt, darf ich jetzt gehen?“

Ich wartete nicht auf die Antwort sondern ging. Ich hab meine Mum noch nie sprachlos erlebt, aber hier war sie es. Sie rief irgendetwas hinter mir her, doch das hörte ich nicht, oder wollte es nicht hören.

Kapitel 2 – Der erste Besuch

Ich lief in Gedanken versunken, und ehe ich mich versah stand ich vor Franky´s Haus. Ich zögerte. Hatten Franky´s Eltern die Kiste schon entdeckt? Was soll ich Ihnen sagen warum ich hier bin? Sie kannten mich ja nicht mal. Ich wollte gerade gehen, als die Haustür aufging, und Franky´s Vater herauskam.

„Was lungerst Du hier rum?” fragte er, und nun gab es kein zurück mehr. „Ich wollte Sie besuchen. Wie geht es Ihnen?“ Ich zitterte obwohl es fast noch 25 Grad warm war. „Wie soll es einem gehen, wenn man das verliert was einem Lieb und Teuer war?“ Ich betrachtete Ihn und fragte ob ich mich dazu setzten dürfte. Er nickte nur. Die Treppenstufen waren von der Sonne noch aufgeheizt, so dass ich mich fühlte wie ein Steak auf einem Grill.

Wir sprachen nicht, sondern starrten vor uns hin. Franky´s Dad unterbrach als erster die Stille. Ohne Irgendwen oder Irgendwas anzuschauen, hielt er mir eine Schachtel Zigaretten hin. „Ich dachte Sie Rauchen nicht mehr?“ Die dümmste Frage die mir in dem Moment einfallen konnte. „Ist doch egal. „ sagte er, und gab mir Feuer. Ich fühlte mich noch mehr unwohl in meiner Haut. Ein Erwachsener der einem “Jugendlichen Rotzgör” eine Zigarette gab, fand man in unserer “Gemeinde” eigentlich nicht. Wir schwiegen wieder eine Weile. „Kennst Du Ihn? Oh, kanntest Du Ihn?“ Eine Träne lief über sein Gesicht, und zog in den warmen Stein ein. Mir war zum heulen zumute. „Ist schon gut. Ja ich kenne Ihn. Zwar nicht so wie seine Klassenkameraden, aber ich kenne ihn.“ denke ich zumindest, dachte ich bei mir. „Er war immer höflich zu allen, hatte nie Ärger gemacht oder so was. Überhaupt war er meist der Schatten der anderen.“ Ich dachte dass jetzt ein Donnerwetter losgeht, aber sein Vater schaute mich an und nickte nur. Mir viel ein Stein vom Herz. „Ja das war er, zu lieb, zu höflich, selbst wenn er mal Mist machte. Mein Gott, ich kann mich nicht einmal mehr Erinnern wann das gewesen sein soll.“

Stille Tränen liefen nun über sein Gesicht, Tränen wie sie nur tief im Herzen getroffene Menschen zustande bringen. Ich schluckte, aber konnte eine Träne auch nicht verhindern.

Ich kann einfach nicht sehen wie jemand heult. Das ist ansteckend, schlimmer als Grippe.

„Ich auch nicht. nicht solange wie ich Schulsprecher bin. Und das sind nun schon Drei Jahre.“ versuchte ich das Gespräch am laufen zu halten. Sinnlos zu reden, dachte ich, aber in diesem Moment, muss irgendetwas mit Klaus, so hieß Franky´s Vater, geschehen sein. Er sprang so schnell auf, das ich dachte „Jetzt dreht er durch”.

Er schmiss die Zigarette weg, und bat mich ins Haus. Er sagte er könnte jetzt gut einen Schluck vertragen. „Du bist also Erik, oder?“ Ich brachte darauf nur ein läppisches erstauntes „Ja“ zustande, was mich sogleich wieder wurmte. Woher kennt er meinen Namen? Obwohl ich mir dachte, das ihn Franky mal erwähnt hat, so nebenher als er von der Schule mit seinen Eltern sprach.

„Na dann ruf ich jetzt mal Deine Eltern an, die machen Sich bestimmt schon Sorgen wo du bleibst. Außerdem wäre es mir lieb wenn du diese Nacht gleich hier bleibst. Ich brauche jemanden mit dem ich reden kann. Ich will nicht allein sein in dem leeren Haus. Möchtest du?“ Ich nickte, obwohl ich meinem Kopf gesagt hatte er solle verneinen.

„Wo ist Ihre Frau?“ fragte ich ihn. „Kerstin ist im Krankenhaus, die Nerven. Und bitte sag Du, ich bin Klaus.“ Mehr brachte er nicht mehr heraus.

„Ich weis, lass Sie, äh du, nur ich mach das“ dann hol ich uns was zum trinken“ sagte er und verschwand. Ich tippte schnell die Nummer von daheim, und Mum muss neben dem Telefon gewesen sein, denn es hatte nicht mal geklingelt als mir ihre Stimme auch schon ins Hirn schallte. „Eric, Schatz bist du das? Wo bist du, Wie geht’s Dir? Hallo…?“ ich holte tief Luft, „Mum, langsam, reg dich nicht auf. Mir geht’s gut. Ich bin bei Klaus, Franky´s Vater.“ Mum klang irgendwie komisch, dachte ich mir noch während ich dies sagte. „Wie geht es Klaus und Kerstin denn?“ fragte Mum besorgt, und ich wusste ich hatte mich nicht geirrt. „Ich glaube nicht so gut. Sie haben gerade Ihren Sohn verloren, wie würdest du dich fühlen?“ knallte ich Ihr durchs Telefon ins Ohr. „Kerstin ist im Krankenhaus. Hatte wohl einen Nerven-Zusammenbruch.“ – „Was? Ohh!“ Ich hörte wie sie mit Vater sprach, und als sie wieder ans Telefon kam sagte sie „Hör mir jetzt gut zu, Eric. Ich weis das wird schwer sein für dich, aber du wirst es überleben. Dad und ich wir fahren ins Krankenhaus zu Kerstin. Du bleibst bei Klaus. Wir kommen so schnell wie möglich zu Euch. Verstanden!?“ Jetzt begriff ich gar nichts mehr. „Ja, aber, was?“ „Du hast mich schon verstanden Junge, alles andere klären wir später.“ Und schon hatte sie aufgelegt, ohne das ich noch eine Frage hätte stellen können, geschweige denn Nein zu sagen.

Ich begriff die Welt nicht mehr. Völlig durcheinander drehte ich mich um und wäre beinahe mit Klaus zusammengeknallt. „Alles Klar mit Deinen Eltern?“ – „Ja. Sie fahren ins Krankenhaus und wollen später noch reinschauen.“ sagte ich, Klaus nickte nur und schob mich ins Wohnzimmer.

Er pflanzte mich in den Sessel, drückte mir ein Bier in die Hand, ging zur Bar, holte eine Flasche Whisky auf dem Schrank, dazu zwei Glaser, und setzte sich ebenfalls.

Er goss ein, und reichte mir ein Glas. „Trink, das hilft wird uns beiden helfen, wenigstens über diese Nacht.“ sagte er, und ich trank. Es war nicht mein erster, und nicht mein letzter. Es müssen Stunden vergangen sein, denn mittlerweile standen etliche leere Bierflaschen neben einer leeren Flasche Whisky. Ich war Fix und Foxi, und Klaus auch, denn er nickte bereits im Sessel.

Ich riss mich zusammen, und ging auf Toilette. Als ich mir die Hände waschen wollte, traf mich mein Gesicht wie ein Schlag, und ich war für einen Moment stocknüchtern. Das was ich da sah machte mir Angst!

Ich zwinkerte, aber das Spiegelbild war das gleiche. Ich sah Franky wie er mich ansah, mich anlächelte, und kurz darauf meinem Elend aussehendem Gesicht Platz machte.

„Es ist soweit, ich dreh durch“ dachte ich bei mir. Das war alles zu viel. Ich stellte das kalte Wasser an, und klärte mich ab. Jetzt ging es mir besser. Ich schaute wieder in den Spiegel, aber ich sah nur mein jämmerliches selbst. So wie immer. Meine schwarzen Haare waren wie immer nicht in den Griff zu bekommen, die Gesichtsfarbe stimmte auch wieder, aber in meinen Augen war das funkeln immer noch weg. Ich seufzte, und ging. Warum müssen solche Sachen ausgerechnet immer mir passieren? Warum grad jetzt.

Ich haderte mit mir selbst und mit allem anderen, bis ich Klaus zusammengesackt im Sessel liegen sah. Ich stürzte zu Ihm und richtete Ihn auf. Was tun? „Klaus, “ rief ich, und wollte ihm schon einen Klaps ins Gesicht geben, als er sich kurz regte. Lebt noch, also alles in Ordnung, dachte ich bei mir und ließ ihn schlafen. „Jetzt bekomm ich auch noch Wahn-Vorstellungen“ sagte ich zu mir, und schüttelte den Kopf. Ich weckte Klaus sanft, und trug Ihn, mit seiner Hilfe, auf das Sofa wo ich Ihn mit der Decke zudeckte. Das war die Gelegenheit, um in Franky´s Zimmer zu kommen. Ich machte das Licht aus, und schlich mich durch den Flur nach oben. Ich brauchte nicht zu suchen, denn seine Zimmertür stand offen. Als ich in das Zimmer ging, traf mich der nächste Hammer. Hier sah alle so wie bei mir aus, nur ordentlicher. Ich erinnerte mich an das Gespräch mit Sandra, und mir wurde wieder übel. Alles drehte sich um mich was ich dem vielen Alkohol zuschob. Ich stolperte vorwärts, schlug mir das Knie an irgendwas und fiel weich. Dann schalteten mein Körper und mein Hirn endgültig ab.

Kapitel 3 – Verzweiflung

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich Mords-Kopfschmerzen. Ich stand auf und wollte das Zimmer grad verlassen als mir auffiel, dass ich nur in Shorts bekleidet war.

Na also dacht ich bei mir, dann war es ja doch nicht so schlimm wie sonst, denn die Klamotten brachte ich eigentlich nie runter. Ich wollte mich anziehen, doch ich fand meine, sonst kreuz und quer verstreuten, Sachen nicht.

Muss ich wohl in den Schrank geräumt haben. Als ich den Schrank aufmachte, war schlagartig alles, was ich hoffte geträumt zu haben, wieder da. Das da waren nicht meine Sachen. Ich schluckte. Der Brief! Ich rannte hinunter, und knallte gegen Klaus. „Na wieder fit?“ fragte er mich. „Wo sind meine Sachen? und Ja.“ antwortete ich. „Ich glaub deine Mum hat sie ins Bad gebracht.“

„Wie Mum ist hier? Wo?“ In der Küche, macht Mittag. Ich stürzte ins Bad fand meine Sachen, kramte in meiner Hose, und mir stockte der Atem. Der Brief war weg. Ich rannte in die Küche, sah meine Mum und fragte Sie gerade heraus wo der Brief hin ist. „Da auf dem Tisch, neben deinem Frühstück.“ Als ich zum Tisch schaute, sah ich Ihn dort liegen. Ich funkelte meine Mum böse an, doch sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich hab Ihn nicht aufgemacht, ich weis eh was drin steht. Aber willst Du ihn den nicht endlich lesen?“ – „Nein, will ich nicht! Und woher willst Du wissen was da drin steht? Hä?“ Ich wedelte mit dem Brief vor Ihrer Nase, und sie schaute mich erschrocken an. Ich muss wohl irgendwie die falsche Tonlage erwischt haben, denn ihr rannen plötzlich Tränen aus den Augenwinkeln. „Ach, komm, „ sagte ich etwas sachter, „nicht auf die Tour, die zieht nicht mehr. Ich bin kein kleiner Junge mehr.“ Ich erschrak vor mir selbst. Ich lies Mum da stehen, und rannte vorbei an Klaus hoch in Franky´s Zimmer. Ich knallte die Tür zu und hockte mich entsetzt aufs Bett. Was soll das alles hier? Wieso scheint jeder hier mehr zu wissen als ich? Hab ich denn kein Recht darauf es auch zu wissen? Ich schaute den Brief an und riss Ihn auf. Ein mir unbekannter, aber zugleich sehr vertrauter Geruch stieg mir in die Nase. Ich roch an dem Brief, und ließ mich nach hinten aufs Bett fallen. Eigentlich, sagte ich mir, will ich gar nicht wissen, was da drin steht. Der Geruch betäubte meine Hirnzellen. Ich schloss meine Augen. Ein Geruch wie nach einem Frühlingsschauer im frischen grün eines erwachenden Waldes. Mann konnte regelrecht die Bäume sehen, die Wiesen, die Schmetterlinge und Vögel. Ein klopfen an der Tür riss mich zurück in die Wirklichkeit.

Die Tür ging auf, und Klaus steckte den Kopf hindurch. „Wir fahren ins Krankenhaus, möchtest du mitkommen?“ Ich hatte null Bock auf so was, und schüttelte nur den Kopf. Klaus nickte und sagte, „das hab ich mir gedacht. Gut, bleib hier, fühl dich wie zu Hause.“ Er machte die Tür zu, und kurze Zeit später rauschten sie davon. Ich war allein. Endlich. Wieder roch ich an dem Brief, und mir viel wieder ein, woher ich diesen Geruch kannte. Es war mein Deo, ich wusste nicht wie, aber er musste es irgendwie rausgefunden haben. Ich konnte nicht anders, ich zog den Brief heraus, und fing an zu lesen.

Hallo, Eric wenn Du das hier liest, werde ich nicht mehr da sein, verzeih, aber es gibt für mich keinen anderen Weg. Ich freue mich für Dich, dass Du Dein Glück mit Sandra gefunden hast. Ich muss sagen, das war ein Schlag ins Gesicht für mich, denn ich hoffte immer, das Du dich vielleicht mal in mich verguggst. Denn ich liebe Dich. Ja ich bin Schwul, aber das hat jetzt keine Bedeutung mehr für mich, denn ich habe noch etwas rausgefunden, und das betrifft uns beide. Ich habe erfahren, halt Dich fest, das wir Brüder sind, und das hat mich völlig fertig gemacht, damit kann ich nicht leben, denn jetzt haben wir keine Chance mehr. Ich liebe dich aber! Sei mir nicht böse, aber versprich mir eines, das du auf unseren kleinen Bruder aufpasst. Er geht auch in unsere Schule, er ist eine Klasse unter Dir .Er heißt Mirko Fischer. Ich weiß das alles aus einem belauschten Gespräch zwischen Deiner Mum und meiner. Wie das alles zusammenhängt, weiß ich auch nicht, und werde es wohl nie erfahren. Mir ist das alles zuviel, ich will damit nicht Leben, Dich jeden Tag zu sehen, aber Dich nicht berühren zu können. Deinen Körper nie erforschen zu können, Dich nie zu küssen. Ich habe am Bahnhof ein Schließfach gemietet, da liegen noch ein paar Sachen für Dich drin. Die Schließfach Nummer ist 974. Der Code dazu ist. 1612-1983 Ja, Dein Geburtsdatum. Sei mir bitte nicht böse, dass du es so erfährst, aber glaube mir, es ist besser so, für uns beide. Lebe wohl. Ich werde dich immer lieben. Dein Franky

Zeile für Zeile, wurde ich verzweifelter, und als ich durch war heulte ich wie ein Schlosshund. Ich glaub das nicht, ich und Brüder? Ich war doch ein Einzelkind! Ich wollte schon runterstürzen und Mum mit Fragen bombardieren, doch fiel mir ein, dass sie ja weg waren.

Mir fiel wieder diese Kiste ein, und ich schaute unters Bett, sie war noch da, und ich zog sie hervor. Ich legte sie vorsichtig aufs Bett und öffnete sie. Ja, Sandra hatte Recht, alles Sachen von mir. Fotos, Ausschnitte aus den verschiedensten Schulzeitungen und, mir stockte der Atem, all meine verloren geglaubten Slips. Er muss sie während ich beim Duschen war, geklaut haben, doch ich konnte ihm nicht mehr böse sein. Was nützte das auch, davon würde er nicht wieder auferstehen. Ich ließ die Kiste so wie sie war, machte den Deckel wieder zu, und schob sie wieder unters Bett, wo sie hingehörte. Mir war komisch zu mute, ich stand auf, und ging im Zimmer auf und ab. Ich konnte es einfach nicht fassen. Ich las den Brief bestimmt noch hundert Mal, und irgendwann weinte ich nur still vor mich hin. Tränen kamen schon längst nicht mehr. Es war einfach nichts mehr drin in meinen Augen. Ich musste raus hier, ich wusste nicht wohin, aber ich musste raus, weg von all dem. Ich suchte was zum Schreiben, wurde auf Franky´s Tisch fündig und kritzelte eine Nachricht für Mum. Als ich das Zimmer verlassen wollte, viel mir ein Bild von Franky auf. Ich nahm es vorsichtig aus dem Rahmen und verließ das Haus.

Kapitel 4 – Alptraum

Endlich frische Luft. Ich wollte einfach nur weg hier. Doch weit kam ich nicht. Schon nach ein paar Minuten des sinnlosen in der Welt herum Gehens, war mir klar, das ich nicht weit kommen würde, ohne durchnässt zu werden. Mir war bis dahin nicht mal aufgefallen, das es leicht regnete. Aber gleichzeitig schien ja auch noch die Sonne. Die Luft war geladen, das spürte ich, wie immer wenn es ein Gewitter gab. In der Ferne dröhnte auch schon der Donner des nahenden Gewitters.

Also beschloss ich einfach in mein eigenes Reich zu gehen. Ich schlich mich aufs Grundstück und hoffte, das meine ach so aufmerksamen Nachbarn dieses eine Mal nichts davon mitbekamen. Allerdings glaubte ich nicht daran, denn es war bekanntermaßen so, das die liebe Frau Nachbarin immer alles sah und alles hörte.

In der großen Gartenlaube angekommen, schloss ich alle Fenster und Türen. Das Licht ließ ich ebenfalls aus. Ich kannte mich hier zu gut aus, so dass ich den Kühlschrank auch ohne Licht fand, um mir daraus zwei Bier zu nehmen. Ich schmiss mich aufs Sofa, und trocken weinend genehmigte ich mir das erste.

Schwülwarm war es hier drin. Draußen Blitzte und scherberte es als würde die Welt untergehen, was mir in meiner derzeitigen Verfassung vollkommen egal gewesen wäre.

Wie passend! Nicht mal 24 Stunden hat sich diese elende Welt Zeit gelassen, um mein bis dahin gehegtes und gepflegtes Leben zu torpedieren, und jetzt regen sich die da oben auch noch da drüber auf. Ich schniefte aus trotz, und schüttelte den Kopf nur, um anschließend wieder in meinen Gedanken zu ertrinken.

In der Luft wurde mir schnell duselig, bis ich irgendwann einfach einschlief.

Es war ein sonderlicher Traum. Ich stand vollkommen allein auf dem Schulhof. Niemand war da, aber man konnte alle hören. Plötzlich öffnete sich die Tür zur Schule und Franky, den ich an den Klamotten wiedererkannte, kam heraus.

Ich rief erst leise dann immer lauter nach Ihm. Er hörte mich nicht. Ich schrie mittlerweile. Er schaute sich nur um, sah mich direkt an, oder vielmehr durch mich hindurch?, und schüttelte den Kopf. Ich sah wie er zu, wie ich vermute, seinen Klassenkameraden irgendetwas sagte, dann auf mich zeigte, und alle plötzlich lachten. Das Gelächter wurde lauter. Es kam von allen Seiten hagelte ja drosch auf mich ein, bis ich es nicht mehr aushielt und schrie “RUHE!”

Stille – Schwarze Stille.

Ich war wach. Schweiß gebadet lag ich auf dem Sofa und brauchte eine Weile bis ich wieder wusste wo ich bin.

Ich richtete mich auf, suchte nach dem Feuerzeug, was ich schließlich auf dem Boden fand, und ging zur Tür um Licht zu machen.

Mir war speiübel.

Raus aus den Klamotten und Duschen- fuhr es mir durchs Hirn.

Eigentlich wollte ich genau das nicht, aber so klitschnass wie ich in dem Moment war, hätte ich mir sicherlich eine Sommergrippe eingehandelt, da ich mittlerweile sogar fror. Was eigentlich noch untertrieben ist, denn jede Espe oder Pappel wäre neidisch darauf gewesen so zu zittern.

Irgendwie schaffte ich es dann doch unter die Dusche, was meine Lebensgeister, die ich bis dahin schmerzlichst vermisste, zurückkommen ließ. Ja, der harte Strahl der Dusche, der meinen Rücken massierte schaffte es sogar dass ich einen halbsteifen bekam.

-Nein- ich konnte und wollte jetzt nicht, dafür war ich einfach noch nicht soweit. Entnervt stellte ich die Dusche ab.

Anschließend gut und warm eingepackt starrte ich genauso genervt auf die Uhr. Nicht mal halb Fünf-

Ich lümmelte mich in den Sessel. -Scheiße!- fuhr es mir durch den Kopf, warum ich?

Ich ließ alles noch mal Revue passieren, und entschied das ich einen Plan brauchte. Weiter kam ich nicht.

Keine Ahnung wie lange ich vor mir hin grübelte, ich muss wohl eingepennt sein, denn ich wurde von einem Klopfen an der Tür geweckt. Leises Getuschel kam mir ebenfalls bis an meine noch fast schlafenden Sinne.

Ich stand genervt auf, und ging zur Tür. Stop erst mal durch die Gardine Lunschen wer das ist. Also ging ich erst zum Fenster und schaute vorsichtig raus. Mir wurde schlagartig wieder übel mein Magen verkrampfte sich, und ich erstarrte innerlich. Warum weis ich bis heut nicht, aber so war es nun mal.

*-*-*

Diese Story hab ich miterlebt. Bitte lasst mir die Zeit um weiterzumachen, denn es ist teilweise schwer, verdrängtes hervorzukramen und zu erzählen. Danke!..

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